Mesut Hancer hält die Hand seiner 15-jährigen Tochter Irmak. Sie starb, als das Haus ihrer Großmutter nach einem Erdbeben in der Türkei einstürzte. Dies ist ein von der World Press Foundation ausgezeichnetes Bild. Foto: Adem Altan

Wenn am 15. Mai die World Press Photo Exhibition in der Stadthalle eröffnet wird, geht es nicht nur um die weltbesten Pressefotos. Im Fokus steht auch die Pressefreiheit – Deutschland steht im Ranking nur auf dem 12. Platz von 180 Ländern.

Die Bilanz bei „Reporter ohne Grenzen“ (RSF) ist bitter: Seit Jahresbeginn wurden 11 Journalisten getötet, 503 sitzen in Haft. Das wird auch Thema sein bei der „World Press Photo Exhibition“, die im Mai zum fünften Mal in Balingen zu Gast ist. Denn auch im lokalen Journalismus gibt es Übergriffe, wie Katharina Viktoria Weiß sagt. Sie ist Sprecherin von RSF und sagt: „Die Ausstellung in Balingen bedeutet uns sehr viel.“

 

In der sogenannten Nahaufnahme fasst die Organisation, die sich weltweit für Pressefreiheit einsetzt, die Lage in Deutschland zusammen. 2023 gab es 41 Übergriffe auf Medienschaffende (Stand 9. April 2024), heißt es in dem Bericht. Die Rede ist von Tritten, Faustschlägen, entrissener Ausrüstung. Und von den Bauernprotesten. In der Nacht zum 29. Februar wurde etwa das Druckzentrum unserer Zeitung zeitweise von Landwirten blockiert.

„Ich hoffe, dass das ein einmaliger Trend war“

„Ich hoffe, dass das ein einmaliger Trend war“, sagt Weiß. Für sie sind derartige Aktionen beängstigend – und ein Angriff auf die Pressefreiheit. Denn: „Es gibt ein Grundrecht auf Information.“ Sie hat Chefredakteur Christoph Reisinger in einem Report zitiert, der sich in einem Kommentar zur Blockade geäußert hat. „Das soll Protest sein? Irgendwie nachvollziehbar? Nein, die Blockade des Druckzentrums in Villingen-Schwenningen, mit der die Auslieferung unserer Zeitung verhindert werden sollte, ist nur eines: ein Frontalangriff auf die Pressefreiheit“, schrieb Reisinger.

Die Guides bitten um Spenden für RSF

Gemanagt wird die Balinger Ausstellung von der Volkshochschule (VHS) und der Stadthalle. Die Guides arbeiten in diesem Jahr wieder mit RSF zusammen – sie sammeln Spenden, mit denen die Arbeit der Organisation unterstützt wird. Die Gelder gehen von dort direkt an Journalisten, die anwaltliche Unterstützung brauchen oder an Angehörige, deren Partner in Ausübung oder wegen seines Berufes getötet oder inhaftiert wurden.

Führungen für Schulklassen werden angeboten

Reporter ohne Grenzen und die Stiftung World Press mit Sitz in Amsterdam stehen in engem Kontakt – auch was die Ausstellung im Zollernalbkreis betrifft. Die Bilder sind in den großen Metropolen der Welt wie New York, Sydney oder Madrid zu sehen.

„Lokale News bilden die direkte Lebensrealität ab“

Auch, wenn sie Geschichten aus der ganzen Welt erzählen, betont RSF-Sprecherin Weiß, wie wichtig es sei, Journalismus vor Ort, auch im Zollernalbkreis, zu stärken. „Gerade die lokalen News bilden die direkte Lebensrealität ab.“

Die meisten Angriffe auf Journalisten gab es 2023 im Umfeld von verschwörungsideologischen oder rechtsextremen Versammlungen, heißt es in der „Nahaufnahme“. 18 von 41 Fällen wurden hier verifiziert – und das nicht nur in Großstädten. „Gerade auf dem Land trauen sich Medienschaffende oft nicht zu solchen Veranstaltungen“, berichtet Weiß. „Sie haben Angst, denn in der Provinz kennt man sich.“

Die World Press Photo Ausstellung ist vom 16. Mai bis 9. Juni in der Stadthalle Balingen zu sehen. Es gibt öffentliche Führungen und die Möglichkeit, vorab Gruppenführungen zu buchen. Führungen für Schulen sind an zwei Tagen vor und eine Woche nach den Pfingstferien möglich.