Die Frau hatte bei einem Autokorso in Schramberg ein Schild mit „Schule ist kein Konzentrationslager“ am Auto angebracht. Foto: Archiv Dold

Diesmal nahm die Frau aus einem Nachbarlandkreis korrekt auf der Anklagebank Platz – im Juni 2022 hatte sie noch ihre Geburtsurkunde auf den Tisch davor abgelegt, selbst aber auf einem Zeugenstuhl Platz genommen. Jetzt ging es vor dem Landgericht Rottweil um die Berufung aus diesem Prozess.

Vorgeworfen worden war der Frau, dass sie bei einem Autokorso durch Schramberg als Protest gegen die Coronamaßnahmen ein Plakat mit der Aufschrift „Schule ist kein KZ“ an ihrem Auto angebracht hatte und damit durch die Stadt gefahren sei.

Dies erfülle den Straftatbestand der Volksverhetzung. Einer anschließenden Aufforderung der Polizei zu einer Anhörung war sie nicht nachgekommen, hatte sich aber „rechtlichen Beistand“ in Foren geholt, in denen sich „Reichsbürger“ informieren. So machte sie dann der Polizei gegenüber deutlich, dass diese nicht im Auftrag der Bundesrepublik Deutschland handle, weil diese so gar nicht existiere und die Briefzustellung verstoße gegen den Weltpostvertrag, so dass sie der Vorladung nicht Folge leisten müsse.

Keine Haftungen für die Handlungen

Ungeachtet ihrer Auffassung erhob die Staatsanwaltschaft gegen sie Anklage, es kam zur besagten Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht im Juni 2022. Auf Nachfrage der Richterin, wer sie sei, hatte sie damals angegeben, zwar so zu heißen wie die Angeklagte, allerdings sei sie eine „natürliche Person“. Die Angeklagte selbst, welche mit ihr nicht identisch sei, wäre eine „juristische Person“ gleichen Namens, vertreten durch die dort liegende Geburtsurkunde. Sie wäre zwar der „Executer“, die Verwalterin dieser juristischen Person, übernehme aber keinerlei Haftung für deren Handlungen. Damit wollte sie zum Ausdruck bringen, dass der deutsche Staat als solcher nicht über eine „natürliche Person“ urteilen können würde. Sie identifiziere sich also nicht mit der Geburtsurkunde, die ihr der deutsche Staat ausstellte. Zudem sei sie als „geistiges Wesen“ auch nur dem Gewissen unterworfen. Sie erkenne die Autorität des Gerichts demnach nicht an.

Vorbereitetes Plädoyer jäh ausgebremst

Die Richterin am Amtsgericht legte daraufhin eine kurze Pause ein. Als die Verhandlung fortgesetzt werden sollte, war die „natürliche Person“ allerdings nicht mehr erschienen. Weil die Sachlage eindeutig und die Angeklagte ja nach eigenen Angaben nicht erschienen war, erging ein Strafbefehl, welcher eine Geldstrafe beinhaltete. Dagegen hatte sie Berufung eingelegt, so dass es jetzt zu der Verhandlung vor dem Landgericht kam.

Das vorbereitete Plädoyer der Angeklagten wurde vom Richtergremium jäh ausgebremst.

Fernbleiben nicht begründet

Dieses belehrte die Angeklagte, dass es in der Verhandlung nur um die Frage gehe, ob sie im vergangenen Jahr entschuldigt ferngeblieben wäre. Die Angeklagte leide nicht unter schwerwiegenden psychischen Erkrankungen, hatte hinsichtlich der Prozessfähigkeit ein Sachverständiger festgestellt. Sie sei höchstens „etwas weinerlich“.Somit könne ein Fernbleiben nicht begründet werden.

Lieber zurücknehmen

Die Idee, sich über „Alternativmedien“, welche der Angeklagten zu ihrer Rechtsauffassung verhalfen, Beistand zu suchen, sei laut dem Richtergremium „Mist“. So sei das Landgericht selbst auch, entgegen der Annahme der Angeklagten, keine rein private Institution, dessen Ladung man ähnlich einem Vertragsangebot einfach ablehnen könne, deswegen heiße es ja auch „Ladung“ und nicht „Einladung“. Auch der Umstand, dass der Großvater der Angeklagten einst im KZ inhaftiert war sowie etwaige Urteile weit entfernter Landgerichte, die ihre Rechtsauffassung scheinbar stützen würden, sah das Gericht als nicht relevant in dem Fall an und machte das der Angeklagten auch deutlich.

Im Endeffekt verständigten sich alle Beteiligten darauf, dass es vorteilhaft wäre, dass die Angeklagte ihre Berufung zurücknimmt, und es bei der ursprünglichen Geldstrafe bleibt, um den Betrag nicht noch höher werden zu lassen.