Die Franziskanerinnen sind den Weg vom Schwesternhaus zur Wallfahrtskirche oft gegangen. Altersbedingt kehren sie vom Apostolatsort Heiligenbronn/Waldachtal wieder in ihr Mutterhaus zurück. Foto: Maier

Schwestern Irmentrudis und Reinholda kehren ins Mutterhaus zurück. Wallfahrtsort vor Neuanfang.

Waldachtal-Heiligenbronn - Nach 128 Jahren endet die Ära der Franziskanerinnen am Apostolatsort Heiligenbronn in der Gemeinde Waldachtal. Die beiden Schwestern Irmentrudis (83) und Reinholda (81) kehren altershalber in ihr Stamm-Kloster Heiligenbronn bei Schramberg zurück.

Anfang April haben die zwei Statthalterinnen der Filiale im "Klösterle" St. Antonius ihre Koffer gepackt. Hier leisteten sie treuen Dienst und wohnten im Schwesternhaus, dem früheren Pfarrhaus. Sie blicken wehmütig zurück. Sie haben den Ort in den vergangenen Jahrzehnten mit ihrem geistlichen Wirken geprägt und werden als Hüterinnen der Wallfahrt bei den Katholiken im Dekanat Freudenstadt in guter Erinnerung bleiben.

Heiligenbronn, das zur Kirchengemeinde Salzstetten gehört, steht vor Veränderungen, vor neuen Herausforderungen. Der spirituelle Ort bleibt als katholischer Wallfahrtsort für das Dekanat und die Diözese erhalten. Kirche, Quelle, Gebetsgarten und Kräutergarten werden auch weiterhin Anziehungspunkte sein. Die beiden Ordensfrauen glauben, dass die jährliche Dekanatswallfahrt für die Katholiken nach wie vor ein wichtiger Tag sein wird: "Sie wird eine Zukunft haben." Besonders dankbar sind sie den Inhabern des Bus- und Reise-Unternehmens Schweizer in Waldachtal, die das Dekanatstreffen unterstützen. "Das ist einmalig in dieser Form in der ganzen Diözese, mit Prozession, Bischof und Schweizer-Halle als optimaler Platz", betont Schwester Reinholda. "Das ist ein großer Segen für das ganze Dekanat, dass es die Söhne von Werner Schweizer übernommen haben und unentgeltlich die Hallen zur Verfügung stellen", fügt Schwester Irmentrudis hinzu.

"Es geht weiter, aber anders"

Die Wallfahrtskirche mit ihrer besonderen Atmosphäre zieht die Gläubigen aus nah und fern an. Heiligenbronn steht auf festem Grund. Schwester Irmentrudis meint: "Es geht weiter, aber anders." Schwester Reinholda: "Alles wird ganz anders."

Generaloberin Schwester Agnes Löber, Jahrgang 1960, die beim Umzug mithalf, weiß die 100-jährige Apostolatsort-Geschichte der Franziskanerinnen vom 3. Orden des heiligen Franziskus zu würdigen. Gegenüber unserer Zeitung sagt sie: "Uns als Franziskanerinnen tut es sehr leid, dass wir unsere Präsenz in Waldachtal-Heiligenbronn an der Wallfahrtskirche zur Schmerzhaften Mutter Gottes nicht aufrecht erhalten können. Aber wir sind dankbar dafür,  dass unser Wirken in den vergangenen Jahrzehnten dort zusammen mit der Gnade Gottes fruchtbar geworden ist." Der Generaloberin liegt der seitherige Filialort sehr am Herzen: "Ich wünsche dem Dekanat Freudenstadt, dass ein guter Weg gefunden wird, den geistlichen Ort lebendig zu erhalten, damit er weiterhin ein Ort des Segens, des Friedens und der Heilung ist. Dieses Anliegen nehmen wir gerne in unser Beten."

Die Menschen konnten stets mit ihren Sorgen und Problemen zu den Schwestern und zur Schmerzhaften Muttergottes von Heiligenbronn kommen. 1891 wurden die ersten Schwestern hierher entsandt, um die Betreuung von 52 Kindern zu übernehmen, deren Heimat Schule und Internat waren. 1988 – fast 100 Jahre später – wurde die Schule geschlossen. 2016 feierten sie das 125-jährige Jubiläum der Schwesternschaft in Heiligenbronn bei Salzstetten. Einst waren hier bis zu 50 Schwestern im Einsatz, seit 2000 bis heute nur noch zwei. Im Mutterhaus bei Schramberg ist die Zahl der Nonnen vom Höchststand 320 in den 1950er-/1960er-Jahren heute bis auf 38 zurückgegangen.

In den vergangenen Jahrzehnten war der Name der beiden Franziskanerinnen untrennbar mit dem Apostolatsort in Waldachtal verbunden. Schwester Reinholda, die im Mai ihr Diamantenes Professjubiläum begehen kann, agierte hier fast 30 Jahre lang. Und Schwester Irmentrudis, die im kommenden Jahr ihre 60-jährige Profess feiern kann, wirkte 20 Jahre lang als Ordensfrau im Filialort. Die beiden Nonnen hatten immer das Gefühl, von Gott geführt zu werden. 2001 hat die Stiftung St. Franziskus das Antonius-Hauptgebäude und die Häuser verkauft. Die Schwestern zogen ins das ehemalige Pfarrhaus ein.

Schwester Reinholda

Im September 1990 begann die aus Erlaheim im Zollernalbkreis stammende Reinholda Augusta Zirkel, als Oberin von zehn Schwestern und Leiterin des großen St. Antoniushauses ihre Arbeit in Waldachtal. Die 52-Jährige nahm sich den hier wohnenden Russlanddeutschen und Menschen aus Osteuropa an. Später sorgte sie sich bis zum Jahr 2000 um Bürgerkriegsflüchtlinge aus dem ehemaligen Jugoslawien und andere Asylsuchende.

Die Wegweisung der damaligen Generaloberin Schwester Bonaventura Hauser "Mach’ was aus der Kirche!" wurde zu ihrem Lebenswerk. Es fanden sich großzügige Spender. Unter ihrer Ägide wurde die Wallfahrtskirche von 1747 in den Jahren 1998 bis 2000 für 1,5 Millionen Deutsche Mark innen und außen renoviert. 150 000 Mark musste der Apostolatsort selbst aufbringen. Zur Altarweihe kam der damalige Bischof und heutige Kardinal Walter Kasper. Im Rückblick bezeichnet Schwester Reinholda diese Entwicklung als "Wunder der Gottesmutter".

Die ehrenamtliche Mitarbeit der ausgebildeten geistlichen Mentorin und Supervisorin trug im Katholischen Bildungswerk Früchte. Kontinuierlich aufgebaut wurde die jährliche Dekanatswallfahrt nach Heiligenbronn, zu der mittlerweile 1000 Gläubige kommen. Sie pflegte mit klösterlichem Wissen den Kräutergarten bei der Kirche und ihr Rat als Heilkräuter-Expertin wurde vielfach in Anspruch genommen. Im Mutterhaus leitete sie von 1970 bis 1990 die Internatsschule für Blinde und Sehbehinderte. Anfänglich arbeitete sie als Kindergärtnerin und Hortnerin, davon sieben Jahre im Tabor-Kindergarten in Freudenstadt.

Schwester Irmentrudis

Für die nächste Etappe kam Schwester Irmenstrudis 1999 nach Heiligenbronn/Waldachtal. Nach ihrer Pensionierung als Direktorin der Gehörlosenschule im Mutterhaus ließ sie sich mit 63 Jahren noch auf eine ganz neue Aufgabe ein. Dazu absolvierte sie zusammen mit Schwester Reinholda eine Fortbildung zur Meditationsleiterin und für Eutonie. In der Erwachsenenbildung etablierte sie in der Region Kurse wie Exerzitien im Alltag, meditativer Tanz und Angebote in der Mutter-Kind-Klinik in Waldachtal.

Die Wiege von Schwester Irmentrudis, mit bürgerlichem Namen Hildegard Berktold, stand in Kempten im Allgäu. Schon als Kindergartenkind äußerte sie ihren Berufswunsch, nämlich Lehrerin zu werden. So arbeitete sie ab ihrer Profess bis zur Pensionierung mehr als 40 Jahre lang als Lehrerin in der Gehörlosenschule, die letzten 15 Jahre davon als Schulleiterin.

Verabschiedung

Bei einem Festgottesdienst mit dem emeritierten Weihbischof Johannes Kreidler werden die Schwestern am Donnerstag, 25. April, um 9 Uhr in der Wallfahrtskirche in Heiligenbronn bei Salzstetten offiziell verabschiedet. Generalvikar Clemens Stroppel hält dabei die Predigt. Vom Mutterhaus kommen zwölf Franziskanerinnen zur Verabschiedung des Schwesternkonvents in Waldachtal.