Oberbürgermeister Christian Ruf gratuliert Ines Gaehn zur Wahl. Sie ist neue Bürgermeisterin in Rottweil. Foto: Patrick Nädele

Im rappelvollen Sitzungssaal und vor vielen gespannten Zuschauern ist am Mittwochabend die Entscheidung gefallen. Der Gemeinderat Rottweil hat eine neue Bürgermeisterin gewählt: Ines Gaehn. Und wieder war es ein Krimi.

Es war ein Herzschlag-Finale – schon das zweite nach der spannenden OB-Wahl im Herbst. Viel war im Vorfeld dieser Bürgermeisterwahl gemunkelt, spekuliert und gerechnet worden – einen glasklaren Favoriten gab es aber nicht. Umso spannender gestaltete sich das Geschehen am Mittwochabend.

Die drei Kandidaten hatten sich in der Sitzung unter Ausschluss der jeweils anderen Bewerber präsentiert und sich den vielen Fragen gestellt: Ines Gaehn, Ralf Sulzmann und Martin Weiss. Und erst eine Stichwahl brachte letztlich die Entscheidung. Viele im Saal hielten förmlich den Atem an. Die Zettel wurden zweimal gezählt. Kurz vor 19 Uhr stand das Ergebnis fest. OB Christian Ruf verkündete: Ines Gaehn ist gewählt und damit neue Erste Beigeordnete und Nachfolgerin Rufs. Sie erhielt in der Stichwahl 14 Stimmen, Ralf Sulzmann zwölf Stimmen.

Damit drehte sich das Ergebnis des ersten Wahlgangs noch einmal. Da hatte Gaehn neun Stimmen und Sulzmann elf erhalten. Martin Weiss war im ersten Wahlgang mit sechs Stimmen ausgeschieden.

Die Siegerin

Ines Gaehn

Doch von vorn: In der Vorstellungsrunde präsentierte sich die 38-jährige Ines Gaehn als absolute Macherin mit enormer kommunikativer Stärke. Als einzige nutzte die gelernte Veranstaltungskauffrau und studierte Betriebswirtschaftlerin übrigens die Gelegenheit, ihren Vortrag mit einer Powerpoint-Präsentation zu begleiten. Mit ihrer Erfahrung an federführenden Stellen in der freien Wirtschaft im Fachbereich Consulting und Controlling – zuletzt bei der Sülzle-Gruppe – und ihrer Verwaltungserfahrung in Rottweil wolle sie Visionen und Ideen jetzt in die Tat umsetzen, erklärte sie selbstwusst.

Ihre Motivation

„Ich habe mich beworben, weil Rottweil meine Heimatstadt ist“, betonte sie. Sie habe das Gefühl, dass da „noch mehr geht“, und wolle ihrer Verantwortung als Bürgerin nachkommen, die Stadt weiter voranbringen. Dazu habe sie die richtigen Fähigkeiten und Eigenschaften. Im Amt der Bürgermeisterin als Schnittstelle für viele Bereiche seien Managementleistung und Kommunikationsstärke nötig. „Und ich behalte auch in stressigen Situationen einen kühlen Kopf.“

Klar machte sie auch, dass ihr als frühere Abteilungsleiterin und Wirtschaftsfördererin zu oft die Hände gebunden gewesen seien – was als Seitenhieb auf den früheren OB Ralf Broß verstanden werden kann. Sie ging damit auf die Frage ein, die sich viele im Vorfeld gestellt hatten: Warum will sie wieder zurück in die Verwaltung? Nach relativ kurzer Zeit als Wirtschaftsförderin und Abteilungsleiterin hatte sie das Rathaus 2021 verlassen. Sie habe mit ihrem Team einige Erfolge feiern können – „aber es wäre noch mehr drin gewesen“. Nun, mit dem Wechsel an der Stadtspitze und dem freiwerdenden Amt des Bürgermeisters, ergäben sich neue Chancen.

Die Fragerunde

In der Fragerunde begegnete sie Nachfragen nach ihrer fachlichen „Ahnung“, beispielsweise in Bausachen, selbstbewusst. „Dazu gibt es die Fachbereichsleiter.“ Und auch das „trockene Verwaltungsgeschäft“ schrecke sie nicht. Sie wünscht sich eine aufblühende Innenstadt, Investitionen für Bildung und Familien und eine erfolgreiche Landesgartenschau. Die künftige Zusammenarbeit mit OB Christian Ruf sehe sie als absolut positiv. „Das kann sehr gut funktionieren.“

Spannung herrscht bei der Auszählung bei Martin Weiss, Ralf Sulzmann und Ines Gaehn (von links). Foto: Patrick Nädele

Sulzmann und Weiss

Ralf Sulzmann

Ralf Sulzmann, Hauptamtsleiter in Trossingen, warf seine große Erfahrung in den unterschiedlichsten Bereichen der Verwaltung in die Waagschale. Der 41-Jährige ging konkret auf Projekte in der Stadt ein und nannte die Bildung als eines der zentralen Themen. Auf die vielen Fragen der Räte antwortete er mit Beispielen aus seiner Tätigkeit in Mühlheim an der Donau und Trossingen – sei es im Bereich der Schulen oder als Energiemanager.

Martin Weiss

Martin Weiss, Kämmerer in Zimmern, präsentierte sich als Rottweiler Original mit Kompetenz und Ortskenntnis obendrauf. Mit seiner – nicht unumstrittenen – frühen Pressemitteilung zu seiner Kandidatur habe er ein Zeichen für Offenheit auch in der Arbeit als Erster Beigeordneter setzen wollen. Der 44-jährige Diplom-Verwaltungswirt sieht sich als Teamplayer, der Weichen stellen kann. Und: Sein Engagement in den Vereinen sehe er als Vorteil – und nicht als „Verstrickungen“, wie er auf Nachfrage erklärte. Er könne hier sehr wohl unterscheiden. Überzeugt hat der zweite Lokalmatador im Bunde letztlich nicht.

Der Sitzungssaal ist voll wie selten. Foto: Patrick Nädele

Die geheime Wahl

Die Wahl verlief geheim in einer Wahlkabine. Das Ergebnis des ersten Wahlgangs verkündete OB Christian Ruf um 18.40 Uhr: Von den 26 Stimmen erhielt Ralf Sulzmann elf, Ines Gaehn neun und Martin Weiss sechs Stimmen. Er schied somit als erster aus. Keiner erreichte die absolute Mehrheit, damit kam es zur Stichwahl. Letztlich fiel die Entscheidung mit zwei Stimmen Vorsprung zugunsten von Ines Gaehn. Das Los musste – wie 2015 – an diesem Abend nicht entscheiden, worüber sich auch OB Ruf erleichtert zeigte. Ines Gaehn, begleitet von ihrer Familie, bedankte sich für das Vertrauen. Sie sehe ihrer Aufgabe mit großer Vorfreude entgegen.