Die Stadt VS will das Jugendamt an den Landkreis abgeben. Eine Entscheidung ist noch nicht gefallen. Foto: Eich

Die Stadtverwaltung VS beabsichtigt das Jugendamt an den Landkreis abzugeben. Doch der Jugendhilfeausschuss des Gemeinderats lehnt Beschlussanträge ab.

Villingen-Schwenningen - Mit einer brisanten Beschlussvorlage der Stadtverwaltung musste sich der Jugendhilfeausschuss in der Neckarhalle auseinanderzusetzen. Denn die Vorlage der Stadtverwaltung hatte es in sich.

Das in städtischer Verantwortung stehende Jugendamt soll an den Landkreis abgegeben werden. Zuletzt stand eine ähnliche Überlegung im Jahr 2017 zur Diskussion.

OB Jürgen Roth wies in seinen einleitenden Ausführungen daraufhin, dass eine Abgabe des Jugendamtes an den Landkreis für den städtischen Haushalt zukünftig Einsparungen in Millionenhöhe für die kommenden Jahre bedeutet und würdigte die über die vielen Jahre professionell geleistete Arbeit des Jugendamtes. Ergänzend führt der OB aus, dass in Baden-Württemberg nur noch in Konstanz und Villingen-Schwenningen das Jugendamt in städtischer Verantwortung steht. Bei vergleichbaren Städten, wie etwa Reutlingen oder Esslingen mit ähnlichen Einwohnerzahlen, seien die Jugendämter bereits in die örtlichen Landratsämter eingegliedert.

Übergabe soll 2,1 Millionen Euro einsparen

Der bestehende Fachkräftemangel habe zu einer prekären Situation im städtischen Jugendamt geführt. Amtsleiter Stefan Assfalg hielt mit der aktuellen Situationsbeschreibung nicht hinter dem Berg: "Wir haben es nicht geschafft, eine stabile Personalsituation zu erreichen, und es sind letztlich keine Ressourcen mehr vorhanden." Führungskräfte und notwendiges Personal seien nicht in ausreichender Anzahl verfügbar, und es würden künftig noch mehr Aufgaben auf das Jugendamt zukommen. Denn durch anstehende, gesetzliche Änderungen werden zukünftig Aufgaben des Sozialamtes an das Jugendamt übergehen müssen. Somit dürften der Personalbedarf und einhergehend die daraus resultierenden Kosten noch weiter steigen.

Durch die Abgabe an den Landkreis könnten nach Abzug einer daraus resultierenden, erhöhten Kreisumlage etwa 2,1 Millionen im städtischen Haushalt eingespart werden, so der Amtsleiter des Haupt- und Personalamtes Joachim Wöhrle. Derzeit ist die Stadtverwaltung mit dem Landkreis aber noch im Gespräch, um den seit 2018 geltenden Vertrag zur Kostenerstattung durch den Kreis an bevorstehende Ausgaben anzupassen. Nach Auffassung der Stadtverwaltung müsste sich demnach der Landkreis nicht nur wie bisher an zwei Dritteln der Personalkosten beteiligen, sondern zusätzlich auch noch anteilig an den anfallenden Sachkosten.

Schulsozialarbeit, Kindertagesstätten oder Stadtjugendpflege nicht betroffen

Bei einer Abgabe des Jugendamtes an den Kreis wären die Schulsozialarbeit, die Jugendhäuser sowie die mobile Jugendarbeit, die Kindertagesstätten sowie Horte, die Stadtjugendpflege, die Ganztagsbetreuung an den Schulen, der Jugendgemeinderat oder die Sozialraumplanung allerdings nicht betroffen. Diese Bereiche würden weiter in der Verantwortung der Stadt stehen.

Keine eindeutige Stimmungslage

Bei den folgenden Stellungnahmen zeigte sich bei den Mitgliedern des Jugendhilfeausschusses kein eindeutiges Stimmungsbild. Einig war man sich aber durchweg, dass die Mitarbeiterinnen des Jugendamtes seit Jahren hervorragende Arbeit leisten und dies besonders unter dem Druck personeller Engpässe und steigenden Fallzahlen. CDU-Stadträtin Katharina Hirt gab zu bedenken, dass Jugendliche aus dem Stadt- oder Landkreis unterschiedliche Bedürfnisse haben und die Diskussion über die Beschlussvorlagen im Verwaltungsausschuss sowie im Gemeinderat fortgesetzt werden müsse.

Joachim von Mirbach positionierte sich für seine Fraktion der Grünen gegen eine Abgabe des Jugendamtes an den Landkreis. Durch eine Übergabe würde das Problem des Fachkräftemangels nicht gelöst. "Wir sitzen alle im gleichen Boot, gerade was den Fachkräftemangel angeht." Nach Abwägung der Vor- und Nachteile kam die Vertreterin der FDP-Fraktion zum Ergebnis, dass die Stadt als Oberzentrum weiter über ein eigenständiges Jugendamt verfügen sollte. Ulrike Heggen von der Fraktion der Freien Wähler wies darauf hin, dass eine Bündelung des Personals sinnvoll erscheint und dadurch zukünftig Doppelfunktionen vermieden werden, wenn eben nur ein öffentlicher Träger zuständig ist. Für die SPD-Fraktion forderte Nicola Schurr, dass bei einer Abgabe des Jugendamtes an den Kreis, die dadurch eingesparten Gelder eins zu eins in die städtischen Jugendeinrichtungen und die Jugendhilfe investiert werden sollten. Die Vertreterin der AWO, Beate Schmidt-Kempe, sprach von einem unverantwortlichen Übernahmeprozess in einer Zeit des starken Wandels in der Gesellschaft.

Beschlussanträge werden vom Gremium abgelehnt

So wie sich die Vertreter des Jugendhilfeausschusses im Verlauf der Sitzung geäußert hatten, verlief auch die abschließende Abstimmung zu den zwei Beschlussanträgen der Stadtverwaltung. Der erste Beschlussantrag "zum Verbleib des Jugendamtes und zur Erstellung eines Personalbemessungs- und Organisationsgutachtens" erzielte keine Mehrheit. Daraus ergab sich zwangsläufig die zweite Abstimmung, zur Abgabe des Jugendamtes an den Kreis. Bei fünf Ja-Stimmen, sechs Nein-Stimmen und drei Enthaltungen wurde auch dieser Beschlussantrag durch das Gremium abgelehnt. Der Ball liegt jetzt beim Verwaltungsausschuss sowie final beim Gemeinderat.