Die Mitarbeiter der Volkshochschule Calw (VHS) zeigen passend zum Schwerpunktthema ihre persönlichen Überlebensmittel. Foto: Julia Rececki

Die Volkshochschule Calw erreicht in diesem Bereich ihre Kapazitätsgrenze. Das neue Programmheft erscheint am 20. Februar.

Viel los bei der Volkshochschule Calw (VHS). So viel, dass das Programmheft für das neue Semester mit etwas Verspätung am 20. Februar erscheinen wird. Das Team der VHS ist nach wie vor damit beschäftigt, die letzten Auswirkungen der Corona-Pandemie zu bekämpfen. Und vor allem damit, die Nachfrage-Flut für Sprachkurse zu bewältigen, die durch die Flüchtlinge aus der Ukraine entstanden ist.

Deutschkurse: Mehr als 300 Menschen lernen aktuell Deutsch als Fremdsprache, erläutert Clemens Schmidlin, Leiter der VHS Calw. Zudem gebe es eine Warteliste, die kaum abzuarbeiten ist. „Die Kapazitätsgrenze ist erreicht“, sagt er. Das Team der VHS habe „Unglaubliches“ geleistet, um die das Angebot an Sprachkursen aufzustocken. Das geht nämlich nicht einfach mal kurz. Die Räume, in denen die Kurse stattfinden, müssen gewisse Voraussetzungen erfüllen, die Dozenten müssen zertifiziert sein.

Seit Beginn des Angriffs Russlands gegen die Ukraine habe die VHS es geschafft, die Anzahl der Deutschkurse zu verdreifachen. Allein 100 Deutsch-Schüler seien in diesem Moment im Haus, um zu lernen, meint Schmidlin während des Pressegesprächs.

Freizeitangebote: Während die VHS Calw im Fachbereich Sprachen sowie im Bereich Beruf und Bildung regelrecht überrannt wird, muss sie für das offene Angebot, also beispielsweise Sport- und Kunstkurse oder gesellschaftliche Vorträge, die Werbetrommel rühren. Die Nachfrage habe sich stabilisiert, so Schmidlin. Sie bewege sich jetzt beinahe wieder auf Vor-Corona-Niveau. Jedoch sei es inzwischen deutlich schwerer zu durchschauen, was die Leute wollen. Manche Kurse oder Vorträge, die man für einen Selbstläufer hält, werden kaum angenommen. Andere, für die man keine großen Hoffnungen hat, schlagen ein wie eine Bombe, wundert sich der Leiter. Deshalb habe sich das Anmelde-Konzept bewährt. Inzwischen müssen sich Interessierte für alle Veranstaltungen, auch für Vorträge, anmelden. So könne man schlicht besser planen, meint Schmidlin. Und gegebenenfalls vorher absagen.

Programm: Im neuen Programm, das auch online abzurufen ist, finden sich mehr als 500 Kursangebote, rund 20 000 Unterrichtseinheiten gibt es im Jahr. Schmidlin, seit etwas mehr als einem Jahr Leiter der VHS, staunt nicht schlecht, wie viel Aufwand es ist, das alles zu organisieren.

Das Programmheft, das einmal pro Semester erscheint, trage da einen großen Teil dazu bei – das Team der VHS muss dies komplett selbst erstellen.

Doch im Gegensatz zu vielen anderen Volkshochschulen möchten die Calwer vorerst daran festhalten. Eine Auswertung, über welche Kanäle die Teilnehmer zu den VHS-Kursen kommen soll zeigen, ob sich das lohnt, kündigt Schmidlin an.

Auch beim Semester-Rhythmus und dem Schwerpunktthema soll es bleiben. Das lautet diesmal: „ÜberLebensmittel“. Tatsächlich liegt der Fokus nicht auf klassischen Lebensmitteln, sondern auf den Dingen, die man heutzutage zum Überleben braucht. Überlebensmittel eben. Energie, Wasser, Geld, Zugang zu digitalen Medien.

Höhepunkte: Als Höhepunkte des Semesters sieht Schmidlin unter anderem den Vortrag von Marlene Engelhorn zum Thema Geld (30. März). Engelhorn ist vermögende Erbin, setzt sich jedoch beispielsweise für eine höhere Besteuerung von Reichen ein. Manfred Sammet wird über Kernfusion sprechen (22. Juni) – ein Verfahren, das viele Probleme mit der globalen Energieversorgung lösen könnte. Sammet war selbst an dem Jahrhundertprojekt beteiligt. Auch einen Vortrag über Wasser (17. März) wird es geben.

Für Schmidlin eine kleine „Sensation“ ist das Studium Generale, das im vergangenen Semester wiederbelebt wurde (ehemals die Senioren-Uni). Rund 30 Leute nahmen an dem Kurs unter dem Motto „Sehen. Lernen. Malerei“bei Markus Golser teil. Nun geht es mit demselben Dozent weiter mit dem Fokus auf Plastiken. „Ich freue mich auf die Fortsetzung“, so der VHS-Leiter.

Schmidlin ist es wichtig, dass es in jedem der fünf VHS-Gebiete – das Programm ist in Norden (Bad Liebenzell, Oberreichenbach), Osten (Gäugemeinden), Süden (Teinachtal), Westen (Bad Wildbad, Dobel) und Mitte (Calw) unterteilt – herausstechende Angebote gibt. So beispielsweise ein Vortrag über Femizide in Althengstett (8. März), ein Abend zu „Lost Places“ in Neubulach (6. Mai), die Bad Liebenzeller Literaturtage (15. bis 17. Juni), der bereits genannte Vortrag über Wasser (Bad Wildbad) oder ein szenischer Vortrag über Simone de Beauvoir (9. März) in Calw.

Wahrnehmung: Die VHS Calw sei breit aufgestellt, biete ein „Vollsortiment“, drückt Schmidlin es aus. Und das soll auch so bleiben. Wenngleich die Wahrnehmung bei vielen Bürgern oft eine andere sei – da stehen eher klischeehaft die Töpferkurse im Fokus als der Beitrag zur Integration von Flüchtlingen.

Aber, so seine Beobachtung: Je mehr die Leute mit der VHS zu tun haben, desto weniger Vorurteile haben sie. Und desto lieber nutzen sie das Angebot derselben.