Seit September 2018 ist die Rietstraße in der historischen Villinger Innenstadt bereits eine Baustelle: Bei dem Projekt geht es um einen Austausch des Kanals und die Umgestaltung der Fußgängerzone. Foto: (nk)

Geschäfte verzeichnen immense Umsatzeinbußen. Laufkundschaft bleibt weg. Mit Video

Villingen-Schwenningen - Während die Fußgängerzone in der Villinger Rietstraße umgebaut wird, kämpfen die Händler ums Überleben. Die Umsatzeinbuchen durch den Wegfall der Laufkundschaft sind enorm.

Das berichtet Patrick Weigert vom Café Rose. "Wir haben im Vergleich zum Vorjahr fast 70 Prozent weniger Umsatz." Die Laufkundschaft bleibe weg, außerdem sei es für Kunden mit Rollatoren oder Kinderwagen eine Katastrophe, auf den unebenen Baustellen-Wegen voranzukommen. "Klar, nächstes Jahr ist es schön. Aber dieses Jahr müssen wir es erst mal überleben", resümiert er. Weigert kritisiert außerdem: "Zu mir kommt niemand von der Stadt und fragt mich, wie es mir geht." Die Baustellenarbeiter seien zwar gut und arbeiteten schnell, so Weigert weiter. Allerdings ziehe sich die Baustelle einfach zu lang. Deshalb habe er auch kein Verständnis dafür, dass auf der Baustelle zwei Wochen Ferien gemacht wurden. Er klagt: "Uns Einzelhändler lässt man im Stich und lässt uns noch länger warten."

Mittagsbuffet aus Programm gestrichen

Schwer getroffen hat die Baustelle auch das indische Restaurant Bollywood. Besitzer Balwinder Singh musste das Mittagsbuffet, das normalerweise angeboten wird, wegen mangelnder Nachfrage vom Programm streichen. Singh spricht von 80 bis 90 Prozent an Kunden, die durch die Baustelle weggeblieben sind.

Sich seinen Weg immer wieder aufs Neue durch das Baustellen-Wirrwarr zu suchen, das sei "schon immer wieder sehr frustrierend", berichtet auch Gila Aberle, Geschäftsführerin von Fitzroy Fashion. Eine Beschilderung der Wege gebe es nicht wirklich. Da könne es schon passieren, dass man plötzlich vor einer Absperrung stehe, umdrehen und größere Umwege in Kauf nehmen müsse. Das sei gerade auch fürs Geschäft schlecht. Die Kunden könnten nicht mal hier, mal dort in einen Laden reinschauen - also eben nicht "bummeln". Dem pflichtet auch Adrian Müller, ebenfalls Geschäftsführer vom Fitzroy Fashion, zu: "Wir merken schon, dass viele Kunden, die spontan reinschneien würden, fehlen." Für ihr Geschäfts sei das eine harte Zeit.

Auch im Eis-Café Zampoli bleibt seit der heißen Baustellenphase vor der Tür die Laufkundschaft weg. Dennoch sieht Geschäftsführer Cesare Gianotti die Situation gelassen. Er schildert: "Bis jetzt haben wir noch Glück gehabt. Wir konnten den ganzen Sommer ohne große Behinderungen arbeiten." So musste die Außenbewirtschaftung erst jetzt - mit dem Herbstanfang und somit in der "Nebensaison" der Eisdiele - der Baustelle weichen.

Lärm ist für Mitarbeiter eine Zerreißprobe

Indes machen nicht nur Umsatzeinbuchen vielen Geschäften zu schaffen: Auch der Lärm ist für die Mitarbeiter eine Zerreißprobe. "Es ist sehr laut, fast unerträglich", äußert sich Helga Dold vom City's Fashion. Rudolf Müller vom Juwelier Müller sieht das ähnlich: "Es ist laut, dreckig - ich bin froh, wenn es vorbei ist", sagt er.

"Man kann die Kunden kaum verstehen", pflichtet auch eine Mitarbeiterin von Morys Hofbuchhandlung bei. Angestellte vom Reisebüro Bühler Lufthansa City Center beschweren sich ebenfalls über den Krach. Um die Baustelle akustisch fern zu halten, haben sie die automatischen Schiebetüren, die ansonsten permanenten auf- und zugehen würden, deaktiviert. Stattdessen hängt ein Schild mit "Bitte klopfen" an den Glastüren.

Kommunikation mit Baustellenleitung ist gut

Die Händler berichten indes nicht nur geschlossen von Umsatzproblemen, ein Großteil der Befragten ist sich auch einig mit dem, was gut läuft: die Kommunikation mit der Baustellenleitung. So würden die Zugänge zu den Geschäften immer wieder auf und zu gemacht und miteinander Absprachen getroffen.

Positiv wird die Verständigung mit der Baufirma auch von Seiten der Stadt gesehen. Pressesprecherin Oxana Brunner betont: "Das wird insgesamt positiv bewertet."

Doch wie liegt das Projekt Rietstraße eigentlich im Zeitplan? Brunner gibt die Auskunft, dass die Baustelle "wie geplant Mitte November fertiggestellt" werden solle. Das sei allerdings wetterabhängig. In dieser Woche würden die letzten Hausanschlüsse gelegt. Ab kommender Woche würden die Pflasterarbeiten und "alles, was oben liegt" erfolgen.

Seit September 2018 ist die Rietstraße in der historischen Villinger Innenstadt bereits eine Baustelle: Bei dem Projekt geht es um einen Austausch des Kanals und die Umgestaltung der Fußgängerzone.