Abenteuerliche Vorwürfe gegen Ralph-Thomas K.? Das sieht zumindest sein Anwalt so. Foto: Eich

Anwalt bezeichnet Vorwürfe gegen den Angeklagten Ralph-Thomas K. als "abenteuerlich". Urteil fällt kommende Woche.

Schwarzwald-Baar-Kreis/Stuttgart - Einen Freispruch für seinen Mandanten fordert der Anwalt von Ralph-Thomas K., einer der Köpfe der ehemaligen Neonazi-Plattform Altermedia. Nächste Woche wird das Urteil des Staatsschutzsenates des Oberlandesgerichts in Stuttgart erwartet.

Von der Chance, das letzte Wort zu ergreifen, machte der St. Georgener Neonazi am Ende der Plädoyers der Verteidigung am Donnerstag keinen Gebrauch. Viel mehr schloss er sich den Ausführungen seines Anwalts Alexander Heinig an. Dieser führte in zwei Stunden aus, warum sein Mandant zu Unrecht auf der Angeklagtenbank sitze und die Vorwürfe der Bundesanwaltschaft, die dreieinhalb Jahre Haft fordert, haltlos seien.

Der arbeitslose Informatiker sei nach Meinung von Heinig lediglich zweiter Kopf der Plattform gewesen, auf der Hetze gegen Juden, Ausländer und Andersdenkende betrieben wurde. "K. war für das Technische zuständig", so der Anwalt, Altermedia sei vielmehr das "geistige Kind" von der Mitangeklagten Jutta V. gewesen. Den Vorwurf, nicht kooperiert zu haben, wies er entschieden zurück: Das Passwort zu den Servern habe sein Mandant gar nicht aushändigen können, "das war eine komplizierte Buchstaben- und Zahlenfolge, die er irgendwo notiert und nicht parat hatte".

Verteidiger ist in rechter Szene bekannt

Doch nicht nur das: Heinig sah die rechtliche Grundlage zweier Gesetze nicht gegeben. Da wäre zum einen die Strafe auf die Holocaust-Leugnung, die "nicht nur ich, sondern auch klügere Leute als höchst fraglich ansehen". Aus seiner Sicht könne das Ziel, das politische Klima nicht zu vergiften, keine Legitimation für eine Strafandrohung sein. Der in der rechten Szene bekannte Advokat polterte außerdem, warum die Gründung einer kriminellen Vereinigung nur Personen der rechten Gesinnung angehängt wird – ein Gesetz dürfe nicht nur für eine bestimmte Gruppe gelten. "Dabei sind die wahren Kriminellen die Mafiosi, Rocker und Streetgangs", sagte er.

Der Vorsitzende Richter Herbert Anderer nahm ihm allerdings den Wind aus den Segeln. Er stellte klar, dass auch gegen die Köpfe der linken Plattform Indymedia wegen dieser Vorwürfe ermittelt werde.

Aus der Sicht des Anwalts sei es außerdem nicht erwiesen, dass der 29-jährige Angeklagte die strafbaren Beiträge mit volksverhetzenden Inhalten auch wirklich gelesen und freigeschalten habe – und ob das Einstellen von Beiträgen anderer überhaupt eine Straftat oder nicht doch eher Beihilfe sei. Er stellt außerdem in Frage, inwieweit der Zweck der Vereinigung tatsächlich die Begehung von Straftaten gewesen sei. "Bei der Gründung war doch unklar, ob überhaupt entsprechende Inhalte auf der Plattform eingehen." Im Endeffekt seien von den 209.701 Beiträgen lediglich 69 strafbar gewesen. "Es kann unmöglich davon ausgegangen werden, dass dies der Zweck der Vereinigung war."

Abenteuerliche Vorwürfe?

Heinig machte keinen Hehl daraus: Wenn es zu einer Verurteilung aufgrund dieser "abenteuerlichen Vorwürfe" komme, wolle er vor den Bundesgerichtshof ziehen (BGH). "Der BGH wird das Urteil sicherlich aufheben!"

Nicht ganz so kämpferisch zeigten sich die Anwälte der übrigen Angeklagten. Der Verteidiger von Jutta V., dem zweiten Kopf von Altermedia, sieht seine Mandantin tatsächlich als treibende Kraft der Neonazi-Plattform. Aber sie habe begriffen, dass dies unrecht war. Er schloss sich dem Antrag der Bundesanwaltschaft an und hält eine zweijährige Haftstrafe auf Bewährung für gerecht.

Die anderen mitangeklagten Frauen spielten im Prozess und bei Altermedia eher eine untergeordnete Rolle. Ein Verteidiger meinte daher: "Von ihnen könnte man allenfalls glauben, dass sie auf einer Kaffeefahrt eine Heizdecke haben mitgehen lassen." Das Urteil wird am kommenden Donnerstag erwartet.