Der Angeklagte Ralph-Thomas K. bespricht sich mit seinem Anwalt Alexander Heinig (rechts). Foto: Eich

Vierter Verhandlungstag vor Oberlandesgericht. St. Georgener äußert sich zu Vorwürfen.

Schwarzwald-Baar-Kreis/Stuttgart - Am vierten Tag der Verhandlung im Altermedia-Prozess hat sich der St. Georgener Ralph-Thomas K. erstmals vor dem Oberlandesgericht in Stuttgart zu den Vorwürfen im Zusammenhang mit der Neonazi-Plattform geäußert.

Welche Rolle spielte der 29-jährige Fachinformatiker bei Altermedia? Welche Motive gab es, die rechtsgerichtete Plattform zu betreiben? Und inwieweit war ihm dabei die Strafbarkeit bekannt?

Unter dem Vorsitz von Richter Herbert Anderer fand am Donnerstag die Vernehmung des Angeklagten K. statt, der sich wegen Volksverhetzung und Gründung einer kriminellen Vereinigung verantworten muss. Er gilt, zusammen mit der 49-jährigen Jutta V. aus Nordrhein-Westfalen, als Rädelsführer der Vereinigung und somit als Schlüsselfigur.

Ruhig, sachlich und in gewählter Sprache beantwortete K., der als einer der führenden Köpfe der Neonazi-Szene gilt, wohl überlegt die Fragen, die ihm am vierten Verhandlungstag gestellt wurden. Doch die Äußerungen sorgten nicht nur beim Vorsitzenden, sondern auch bei Prozessbeobachtern teilweise für Stirnrunzeln. So sah K. die Plattform als "Sprachrohr für jene, die sonst kein Gehör finden" – und zwar vor allem vor dem Hintergrund der Meinungsfreiheit. "Sowohl links als auch rechts", konkretisierte der Angeklagte hierbei, welche politischen Äußerungen hierzu zählen. Doch wie kam es dann, dass in den Regeln der Neonazi-Plattform der Ausschluss von "Andersdenkenden" formuliert war? "Das ist eine gute Frage", antwortete der 29-Jährige auf Nachfrage des Vorsitzenden.

Angeklagter hat 30 Verwarnungen aufgrund "zionistischer Propaganda" ausgesprochen

Ein weiteres Beispiel für die Weltanschauung des Schwarzwälders: Als Administrator der Seite soll er rund 30 Verwarnungen aufgrund "zionistischer Propaganda" ausgesprochen haben. Dabei sei auch der Benutzer eines Beitrags verwarnt worden, der zu einer "Vergasung wie bei den Juden" aufforderte. Allerdings, zur Verwunderung des Richters, nicht aufgrund der drastischen Äußerung. Vielmehr habe K. damals als Grund angebracht, dass "die Vergasung von Juden als Tatsache dargestellt" werde.

Während der Verhandlung wollte sich der Mitbetreiber der Plattform aber weder zu Beiträgen, privaten Nachrichten noch zu Verwarnungen auf Altermedia äußern – dies erklärte er in einer Stellungnahme zu Beginn der Verhandlung. Auch was er vom Holocaust halte, blieb unbeantwortet.

Doch, so gab K. vor Gericht zu, ihm sei "im Laufe der Zeit" durchaus bewusst gewesen, dass das Selbstverständnis von Meinungsfreiheit bei Altermedia durchaus im Widerspruch mit dem Gesetz stehen könnte. Er habe deshalb in Kauf genommen, dass strafbare Beiträge veröffentlicht werden.

Grundsätzlich sei es für ihn aber "nicht normal oder absehbar" gewesen, dass auf der Neonazi-Plattform Hetze betrieben wird. "Das ist durch die Zeit hinweg immer mal wieder vorgekommen, aber die Zahl der nicht strafbaren Beiträge war sicherlich um das Fünffache höher." Die Begehung von Straftaten sei seinen Angaben zufolge "nicht das Ziel" der Seite gewesen. Viel mehr wollte man "ein soziales Netzwerk wie Facebook" anbieten.

Ralph-Thomas K. hatte eigenen Angaben zufolge das Portal mit Jutta V. betrieben, nachdem ein vorheriger Mitstreiter im Herbst 2012 verstarb. Bis zu sieben Stunden täglich wendete er hierfür, damals neben seinem eigentlichen Job, für die Betreuung der Seite auf. Er habe sich als Fachinformatiker zunächst für die Technik verantwortlich gefühlt – auch weil er zuvor bei technischen Belangen geholfen hatte. Bereits bevor er sich als Administrator engagierte, unterstützte er die Seite, die sich von Spenden finanzierte, auch finanziell: "Das habe ich gerne gemacht."

Allerdings sah er für die Plattform dann keine Zukunft mehr. "Gegen Ende war die Bedeutung gleich Null, es gab nur noch Beleidigungen – die Seite wurde überflüssig." Er habe deshalb auch "Zweifel an der Sache" gehabt. Vielmehr wollte er nach Ablauf der Zahlungsperiode für den in Russland stationierten Server die Seite schließen, "das wäre ein paar Wochen nach der Verhaftung gewesen." Die Behörden kamen K. und V. aber zuvor: Im Zuge der Ermittlungen wurde die Internetseite Altermedia-Deutschland Ende Januar 2016 abgeschaltet. Die Angeklagten kamen daraufhin in Haft, wurden aber im März wieder auf freien Fuß gesetzt.

Die Verhandlung wird am kommenden Donnerstag fortgesetzt und soll bis in das nächste Jahr hinein andauern.