Eine Pflegerin soll mit einem Gürtel geschlagen worden sein. Foto: 47cb06083e875 - stock.adobe.com/DAN NIKONOV

Ein besonderer Fall beschäftigt das Landgericht Rottweil. Trotz schwerer Vorwürfe scheint sich die Schuldfrage zu erübrigen.

Mit einer Kapuze vermummt sich die 40-Jährige zunächst, die an diesem Montagmorgen auf der Anklagebank sitzt. Der Richter fragt sie, ob sie Angaben machen wolle, doch schnell wird klar, dass sich eine Kommunikation mit der Beschuldigten nicht einfach gestaltet.

Die Liste an Vorwürfen ist lang. Als Patientin im Vinzenz von Paul Hospital soll sie mehrfach das Pflegepersonal beschimpft, bedroht und körperlich angegriffen haben.

Es geht nicht um Strafe

Unter anderem wird der 40-Jährigen vorgeworfen, eine Pflegerin gewürgt zu haben. Eine andere Pflegekraft berichtet, bei der Fixierung der Patientin mit dem Fuß ins Gesicht getreten worden zu sein. Weiterhin soll die 40-Jährige eine Pflegekraft mit einem Gürtel geschlagen haben. Auch gegen eine Pflegekraft verübte Schläge mit dem Fuß auf den Hinterkopf und das Bedrohen einer Kraft mit dem Feuerzeug, stehen auf der Liste.

Dabei solle sie gesagt haben, so lange körperliche Angriffe auf das Personal zu verüben, bis sie von Einrichtung wegkommt. Das verneint die Frau. „Andere haben manchmal Angst vor mir aber ich will ihnen nichts Böses“, versichert sie mit ruhiger Stimme.

Bei einem vorherigen Verfahren ging es unter anderem darum, dass die Frau eine Bettdecke angezündet hatte und mit einem Stuhl ein Fenster zertrümmerte. Darüber hinaus hatte sie versucht, eine Pflegekraft mit der Gabel in die Hand zu stechen. Damals wurde das Verfahren wegen Schuldunfähigkeit eingestellt. Die Frau leidet laut Gutachten an einer paranoiden Schizophrenie mit psychischem Defektzustand und sei zu keiner freien Willensbildung in der Lage. Aus diesem Grund hat das Betreuungsgericht Tuttlingen im April 2021 die Unterbringung in eine psychiatrische Einrichtung entschieden.

Auch in den aktuell zu verhandelnden Fällen geht die Staatsanwaltschaft von Schuldunfähigkeit aus. Das Verfahren solle dazu dienen über die weitere Unterbringung der Frau, die derzeit in Reichenau untergebracht ist, zu entscheiden. Es gehe dabei nicht um Strafe, betont der Richter gegenüber der Betroffenen.

Fixierungen wegen Zornausbrüchen

Vier Zeugen sagen an diesem Verhandlungstag aus. Darunter die 21-Jährige Gesundheitskrankenpflegerin des Vinzenz von Paul Hospital, der die Patientin am 19. Juli 2021 bei der Fixierung ins Gesicht getreten haben soll. Sie sei bedrohlich gewesen und habe mit Gegenständen randaliert, da ihr der Ausgang verweigert wurde, gibt die Zeugin als Grund für die Fixierung an. Ein als Zeuge geladener Arzt sagt aus, sich nicht genau zu erinnern, da es viele ähnliche Vorfälle gebe. Doch habe er den Ablauf grob im Kopf. Er bestätigt, dass die Patientin nicht beruhigt werden konnte und aufgrund psychotischer Anfälle randaliert habe.

Wenige Tage danach, am 23. Juli 2021, soll sich ein weiterer Vorfall ereignet haben. Eine 32-jährige Ärztin berichtet, mit einer Pflegekraft und einer Patientin auf dem Flur gestanden zu haben, als die 40-Jährige mit einem Gürtel auf sie losging. Dabei habe sich die Pflegekraft vor sie gestellt und einen Schlag auf das Handgelenk einstecken müssen. Dies wird von der betroffenen 28-jährigen Pflegerin bestätigt. Die 40-Jährige sei zuvor von einer Fixierung gelöst worden, nachdem sie versprochen hatte, sich nicht aggressiv zu verhalten.

Drohungen im Gericht

Dass die 40-Jährige Zornausbrüche überkommen, zeigt sich auch im Gerichtssaal. Mal schreit sie den Richter an, er solle „die Fresse halten“ und sie mit seinen Fragen in Ruhe lassen. Bei den Aussagen redet sie zum Teil dazwischen, bedroht oder beschimpft die Zeugen.

Insgesamt sind 26 Zeugen und zwei Sachverständige geladen. Der Prozess wird am 2., 8. und 15. Mai um jeweils 9 Uhr fortgesetzt.