Ein Drittel der untersuchten Kinder hatte keinen ausreichenden Impfschutz. Foto: Michele Ursi – stock.adobe.com

Nach wie vor kommen immer wieder Flüchtlinge, insbesondere aus der Ukraine, in den Kreis Rottweil. Der Landkreis hat derweil mit bürokratischen Hürden zu kämpfen und wartet sehnsüchtig auf klare Aussagen vom Land Baden-Württemberg.

Kreis Rottweil - Weder klare Aussagen noch Geld gab es bislang vom Land, wie Landrat Wolf-Rüdiger Michel in einer Ukraine-Telefonkonferenz am Dienstagmorgen deutlich machte. Er bezog sich damit auf die Mehrkosten, die durch den vom Bund forcierten Systemwechsel für den Landkreis entstehen und von denen er erwarte, dass sie vollständig ersetzt werden.

Systemwechsel bringt Aufwand mit sich

Seit 1. Juni sind für die Leistungen nicht mehr die Sozialämter sondern die Arbeitsagenturen zuständig. Für die ukrainischen Flüchtlinge gilt nicht mehr das Asylbewerberleistungsgesetz. Stattdessen können sie höhere Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch in Anspruch nehmen.

Das bringt für die Landkreise jedoch einen hohen bürokratischen Aufwand und damit auch zusätzliche Kosten mit sich, da Leistungsangebote neu verhandelt beziehungsweise umgestellt werden müssen.

Bis Ende Mai erhielten 1311 Personen aus der Ukraine Asylbewerberleistungen. Seit dem Rechtskreiswechsel seien es aktuell noch 991, der Rest empfange bereits Leistungen vom Jobcenter. 736 dieser Flüchtlinge seien in Privatwohnungen untergebracht, 255 in Gemeinschaftsunterkünften des Landkreises, erklärte Brigitte Stein, Pressesprecherin des Landkreises. 30 Ukrainer seien dem Landkreis kürzlich aus der Landeserstaufnahmestelle zugewiesen worden, zudem weitere 18 Flüchtlinge aus anderen Herkunftsländern, so Stein.

Es mangelt an Dokumentvorlagen

Die Ausländerbehörde des Landkreises Rottweil betreut laut Kreis-Ordnungsamtsleiter Thomas Seeger aktuell 878 Flüchtlinge in den 19 Kommunen des Landkreises – die Großen Kreisstädte Rottweil und Schramberg sind davon ausgenommen. Mehr als 1200 Ukrainer habe man mithilfe der PIK-Stationen im Servicecenter erfassen können.

Probleme gebe es allerdings derzeit mit den Fiktionsbescheinigungen. Mit diesen Schriftstücken können Leistungen vom Jobcenter schon vor der Erteilung des eigentlichen Aufenthaltstitels bezogen werden. Die Fiktionsbescheinigungen müssen laut Seeger auf Papier der Bundesdruckerei ausgestellt werden. An eben diesen fälschungssicheren Dokumentvorlagen mangele es aber derzeit. "Die Nachfrage ist bundesweit sehr hoch. Wir warten schon seit mehr als vier Wochen auf neue Bescheinigungen", so Seeger.

Titel-Erteilung schleppend

Auch die Aufenthaltstitel-Erteilung laufe nur schleppend. Für diese müsse man die Daten der Flüchtlinge erst digital erfassen und an die Bundesdruckerei übermitteln, die diese Anträge bearbeite, den Titel ausstelle und ihn zur Aushändigung an die Ausländerbehörde schicke. Durch die erste Urlaubswelle an Pfingsten sei es in der Bundesdruckerei schon zu einiger zeitlicher Verzögerung gekommen.

Gesundheitsamtsleiter Heinz-Joachim Adam berichtete noch zur Impfsituation bei den ukrainischen Flüchtlingen. Seit Mitte Mai könne man bei den Untersuchungen auf zwei Medizinerinnen (ohne Approbation) aus der Ukraine zurückgreifen. Damit falle die Verständigung deutlich leichter. Zudem habe das entscheidend dabei geholfen, einige Flüchtlinge von der Mumps-Masern-Röteln-Impfung überzeugen zu können.

MMR- und Corona-Impfungen

940 Personen habe man inzwischen untersuchen können, was 75 Prozent aller beim Landkreis gemeldeten ukrainischen Flüchtlinge entspreche. Bislang habe man 115 Corona-Impfungen und 126 MMR-Impfungen verabreichen können. Bei 35 Kindern habe man den Impftiter, das Maß für die Immunität des Körpers gegen eine bestimmte Krankheit nach einer vorausgegangenen Impfung, bestimmt. Rund ein Drittel davon habe trotz mündlicher Zusage keinen ausreichenden Impfschutz gehabt, so Adam. Lediglich 17 Prozent der Ukrainer hatten ihren Impfstatus überhaupt schriftlich nachweisen können.