Den Besuch des Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann (Grüne) im vergangenen Sommer genoss Gustav Kammerer sichtlich. Foto: Siegmeier

Zimmerns Bürgermeister a.D. Gustav Kammerer ist in der Nacht zum Samstag gestorben. Bis zuletzt, bereits von Krankheit gezeichnet, nahm er am öffentlichen Leben der Gemeinde teil. Die Trauerfeier findet am 24. Februar statt.

Für Zimmern schlug sein Herz. Die Gemeinde, die Vereine, aber vor allem die Menschen lagen Gustav Kammerer stets am Herzen. Bis zuletzt, und vor allem im vergangenen Jahr, schien er das öffentliche Leben geradezu aufzusaugen, denke man nur an den Fassanstich beim Dorffest, oder den Besuch von Ministerpräsident Winfried Kretschmann bei der Jugendfeuerwehr.

Gustav Kammerer war immer dabei. Auch die Tatsache, dass er im Rollstuhl sitzen musste, ließ ihn nicht verdrießen. Für einen erneuten Krankheitsschub in der vergangenen Woche fehlten ihm allerdings die Kräfte. In der Nacht zum Samstag ist Gustav Kammerer gestorben. Er wurde 87 Jahre alt.

Gustav Kammerer wie man ihn kannte: Beim Dorffest im vergangenen Jahr war er beim Fassanstich gut gelaunt dabei – hier mit Bürgermeisterin Carmen Merz. In der Nacht auf Samstag ist Gustav Kammerer gestorben. Er wurde 87 Jahre alt. Foto: Siegmeier

Wenn Gustav Kammerer von „seiner“ Gemeinde erzählte, konnte man den Eindruck gewinnen, dass er bereits gut 100 Jahre dort gewirkt haben musste, denn aus dem Erzählen kam der Bürgermeister a.D. und Ehrenbürger Zimmerns gar nicht mehr heraus. 24 Jahre, drei Wahlperioden, von Mai 1969 bis Mai 1993, hatte er die Geschicke Zimmerns gelenkt und die Gemeinde maßgeblich geprägt. Und auch als er längst nicht mehr im Dienst war, interessierte er sich für das Ortsgeschehen, die Vereine in Zimmern und im Eschachtal und die Menschen. Und so übernahm er, quasi als Ortschronist, viele Jahre für den Schwarzwälder Boten große Teile der Vereinsberichterstattung, die Berichterstattung über verdiente Jubilare, Goldene Hochzeiten und Jubiläen im Ort.

Viel zu erzählen

Gerne lauschten wir in der Redaktion seinen Geschichten vom Kanalausbau im Flozbrunnen, von der Erschließung manchen Baugebiets und manchem mehr. Wir staunten immer wieder aufs Neue, was er in seiner Amtszeit alles meisterte und realisierte. Als ihm allerdings das Gehen schwerer fiel und er schließlich auf den Rollstuhl angewiesen war, gab er die Mitarbeit beim Schwarzwälder Boten schweren Herzens ab, las und kommentierte aber noch immer gerne alles, was „seine Gemeinde“ anging.

Leistungen für zwei Leben

Als er 70 Jahre alt wurde, schrieb ein Redakteurskollege: „Gustav Kammerer wird heute 140 Jahre alt. Anders kann es gar nicht sein, denn das alles, was der Zimmerner Ehrenbürger und langjährige Bürgermeister in seinem Leben schon gemacht und bewirkt hat, das lässt sich kaum in nur sieben Jahrzehnten unterbringen.“

Und wahrlich, die Liste ist lang. Nicht nur die, der erreichten Maßnahmen, sondern auch die der Ämter und Posten. Kammerer war Bürgermeister, Verbandsvorsitzender, Vereinsvorsitzender, Handballschiedsrichter, Zeitungsmitarbeiter (bereits 1951 hatte er seinen ersten Artikel verfasst) und vieles andere mehr. Und er war Ehemann und Vater von einer Tochter und drei Söhnen. Mit seiner Frau Siglinde war er seit 1961 verheiratet und lebte bis zuletzt gemeinsam mit ihr im Pulverweg 1.

Bevor er Bürgermeister von Zimmern wurde, absolvierte er eine klassische Verwaltungslehre und arbeitete von 1961 bis 1969 bei der Stadt Rottweil, ab 1964 als stellvertretender Kämmerer.

Mit 99 Prozent gewählt

1969 wurde er zum Bürgermeister der Gemeinde Zimmern gewählt. Wenig später wurde er auch Bürgermeister der damals noch selbstständigen Eschachtalgemeinde Horgen. 1973 kamen Horgen, Stetten und Flözlingen im Rahmen der Gemeindereform als Ortsteile zu Zimmern.

Bei der Bürgermeisterwahl 1977 erzielte er als Alleinkandidat ein Traumergebnis von 99 Prozent. Davon mag mancher heutzutage nur träumen. Nach insgesamt 24 Dienstjahren trat er 1993 nicht mehr zur Wahl an. Damals war er 57 Jahre alt.

Schnell zeigte sich, dass der Verwaltungsmensch und Bürgermeister nur die eine Seite von Gustav Kammerer war. „Die Vereine waren mein Leben“, sagt er, und auch hier lassen die Fakten staunen: In mehr als 50 Vereinen und Organisationen war er Mitglied und engagierte sich über Jahre, in vielen davon war er zuletzt Ehrenmitglied.

Der Handball-Sport

Doch vor allem dem Handball galt seine große Liebe. Er war über viele Jahre Spielführer, war von 1961 bis 1965 Bezirksjugendwart, war als Schiedsrichter aktiv und pfiff Spiele in der höchsten württembergischen Klasse.

Projekte und Posten

Vieles hat Gustav Kammerer in seiner kommunalpolitischen Zeit mitentschieden und mitgestemmt. Denke man an die Kreisreform und die damit einhergehende Schulreform. „Da gab es unzählige Diskussionen und Debatten“, erzählte er einst. Der Prozess der Hinführung zur Gesamtgemeinde Zimmern mit den drei Eschachtalgemeinden dürfte ebenfalls ein Kraftakt gewesen sein, der viel Überzeugungskraft und manchen guten Wortes bedurfte. Auch vom Aufbau des Abwasserzweckverbandes Eschachtal, dessen Vorsitzender er mehr als 20 Jahre lang war, sei nicht einfach gewesen. Der Bau der Autobahn und der Bau der Umgehungsstraße waren weitere Meilensteine. Mehr als 130 Hektar Land hatte die Gemeinde seinerzeit dafür abgetreten. Auch der Bau der „Arche“, ein gemeinsames Projekt der beiden Kirchengemeinden und der bürgerlichen Gemeinde, hat viel Kraft und Überzeugungsarbeit gekostet. Bis heute trägt das „ökumenische Zentrum Arche“ in der Ortsmitte die Handschrift der damaligen Pfarrer Feuerbacher und Kraft (evangelisch) sowie Pfarrer Brunner (katholisch) und natürlich die von Gustav Kammerer, der das zunächst aufgrund der Kosten sehr umstrittene Vorhaben, dennoch mit zur Realisierung führte. Heute ist die „Arche“ aus dem Gemeindeleben kaum mehr wegzudenken.

Die Landesehrennadel

2017 erhielt Gustav Kammerer die Landesehrennadel in Würdigung seiner langjährigen Verdienste um das Gemeinwohl. Und zählte man alle seine Verdienste auf, so wäre die Lise lang. Nehme man neben dem Schulwesen nur mal die Schaffung neuer Kindergartenplätze, das Feuerwehrwesen mit vier Abteilungen, die Schaffung von Sporteinrichtungen, die Förderung der Vereine und Organisationen, die Zusammenarbeit mit den Kirchengemeinden, den Straßen- und Feldwegbau, die Landwirtschaft und Waldbewirtschaftung, die Gestaltung öffentlicher Anlagen und Einrichtungen und vieles mehr.

Eines ist klar: „Sein Zimmern“ lag ihm bis zuletzt am Herzen. Gustav – wir werden Dich vermissen. Deine Familie, die Zimmerner und auch wir aus der Redaktion des Schwarzwälder Boten trauern. Wir werden Dich in unseren Herzen bewahren.

Die Trauerfeier mit anschließender Beerdigung findet am Samstag, 24. Februar, ab 10 Uhr in der Kirche St. Konrad in Zimmern statt.