Die Vier-Tage-Woche soll neue Impulse für Mitarbeiter in der Hotelgastronomie setzen. Foto: Panitz

Die Traube Tonbach geht neue Wege: Sie startet ein Pilotprojekt mit drei freien Tagen pro Woche in der gehobenen Hotelgastronomie, zunächst für eines der Restaurants.

Baiersbronn-Tonbach - Über das Pilotprojekt, das im April anlaufen soll, informiert das Hotel Traube Tonbach in einer Pressemitteilung. Die Vier-Tage-Woche soll zunächst für alle Mitarbeiter des Restaurants Silberberg angeboten werden.

Probleme in der Branche

"Leben und Arbeiten im Hotel ist für viele faszinierend, da kaum eine Aufgabe so abwechslungsreich und menschenbezogen ist wie die des Gastgebers", wird Hotelier Sebastian Finkbeiner in der Mitteilung zitiert. Doch der Mitinhaber der Traube Tonbach kennt auch die Image- und Personalprobleme seiner Branche: "Wir müssen uns dennoch eingestehen, dass diese Anreize allein heute oft nicht mehr ausreichen, damit Menschen sich für unseren Berufsweg entscheiden, weil einige Arbeitsbedingungen einfach als unattraktiv gelten."

Gute Fachkräfte seien in der Branche schon vor Corona knapp gewesen, so der 41-Jährige. "Jetzt, nach zwei Jahren Ungewissheit, haben sich viele Mitarbeiter umorientiert und fehlen selbst in den besten Häusern", verdeutlicht er die herausfordernde Lage. Um sie zurückzugewinnen und neue Kollegen für die Hotellerie und Gastronomie zu begeistern, brauche es neben Jobsicherheit und Karriereperspektiven vor allem eins: "Flexible Arbeitszeitmodelle für mehr individuelle Lebensgestaltung."

Zukunftsfähiges Modell

"Die Vier-Tage-Woche ist ein solches zukunftsfähiges Modell, und wir spüren das Interesse in der Branche, dennoch ist dieser Schritt bei uns bewusst kein Schnellschuss gewesen", betont Markus Volz, Personaldirektor des familiengeführten Baiersbronner Hotels, und ergänzt: "Wir beschäftigen uns seit dem Frühjahr mit der Idee. Doch die Traube Tonbach ist ein Hotel der Spitzenklasse mit sehr anspruchsvoller Klientel, einer tiefgreifenden Servicekultur und vielen individuellen Aufgaben rund um unsere Gäste. Wir wollten nichts Halbherziges umsetzen." Jetzt sei das Konzept bereit für die Praxis.

"Wir starten das Pilotprojekt ab April im Herzstück unserer Gastronomie, dem Silberberg", wird Sebastian Finkbeiner zitiert. Das Restaurant ist mit rund 40 Teammitgliedern in Küche und Service die größte F&B-Division im Hotel und vom Frühstück am Morgen bis zum mehrgängigen Menü am Abend geöffnet. "Dafür brauchen wir ein gut eingespieltes, engagiertes Team, das Freude am direkten Gästekontakt und den vielfältigen Aufgaben hat", weiß der gelernte Koch aus eigener Erfahrung.

Die Vorteile einer ausgewogeneren Work-Life-Balance mit mehr Freizeit für Familie und Hobbys liegen laut Finkbeiner auf der Hand, doch damit das hohe Niveau bei einer Umverteilung von 40 Wochenarbeitsstunden auf vier Tage für alle gut leistbar bleibe, gibt es eine wichtige Voraussetzung: "Wir müssen zunächst in unsere Teamstärke investieren – sprich neue Kollegen und Kolleginnen einstellen."

Mehr Vollzeitstellen

Das werde in den aktuellen Diskussionen der Branche oft nicht thematisiert. "Der Flaschenhals für Unternehmen ist, dass man für höhere Personalkosten bereit sein muss", bringt es der Hotelier auf den Punkt. "Wir haben uns entschlossen, die Vollzeitstellen in der Küche sowie im Service aufzustocken und sind zuversichtlich, dass ein zusätzlicher freier Tag ein guter Anreiz für Bewerber ist – für Fachkräfte, aber auch für erfahrene Wiedereinsteiger oder Quereinsteiger." Erklärtes Ziel sei, allen Vollzeitkräften im Silberberg ab April das Modell einer flexiblen Vier-Tage-Woche anbieten zu können.

Durch das neue Arbeitszeitmodell profitieren im besten Fall nicht nur die Mitarbeiter, hofft auch Markus Volz: "Wir glauben, dass die Servicequalität und Arbeitsatmosphäre sogar noch besser wird, wenn alle im Team ausgeglichener und mit neuer Motivation arbeiten. Zudem können wir künftig anfallende Aufgaben selbst an Spitzentagen auf mehr Köpfe verteilen."

Ausweitung bei Erfolg

Bei Erfolg soll die Vier-Tage-Woche sukzessive auf weitere Abteilungen und alle Betriebe der Traube Group ausgeweitet werden. Dazu gehören neben dem Hotel in Tonbach das unter Pacht betriebene Vier-Sterne-Schlosshotel Monrepos mit Tagungs- und Eventbereich in Ludwigsburg, die Eventgastronomie im Neuen Schloss Meersburg am Bodensee sowie die Betriebsgastronomie "CANtine – Made by Traube Tonbach" des IT-Spezialisten Vector Informatik GmbH mit Standorten in Stuttgart und Regensburg. Die Traube Group beschäftigt in ihren vier Unternehmensbereichen mehr als 450 Mitarbeiter.