Ein kleine Katze steht im Tierheim Lahr (Ortenaukreis) hinter einer Glasscheibe. Foto: dpa/Philipp von Ditfurth

Katzen in Kartons abgestellt, ein Hund hinter Mülltonnen angeleint: Immer häufiger entledigen sich Halter ihrer Haustiere auf unrühmliche Weise. Doch die Tierheime im Südwesten sind proppenvoll. Teilweise werden Aufnahmestopps verhängt.

Viele Tierheime im Südwesten sind nach Auskunft des Landestierschutzverbands Baden-Württemberg am Anschlag. Die Anfragen bei Tierheimen seien massiv angestiegen. Viele Einrichtungen seien voll, manche könnten keine Tiere mehr aufnehmen.

So berichtete Ursula Gericke vom Tierheim Ludwigsburg, dass dort wegen Überfüllung Tiere im Pflegezimmer und Büro untergebracht würden. Bei Katzen stehe man sogar kurz vor einem Aufnahmestopp.

Donaueschingen und Rottweil an den Grenzen

Das Kreistierheim in Donaueschingen (Schwarzwald-Baar-Kreis) hat jüngst seine Grenzen erreicht und einen Aufnahmestopp für Katzen verhängt. In umliegenden Städten sieht die Lage auch nicht besser aus.

So weit kam es im Rottweiler Tierheim zwar noch nicht, es werden aber immer mehr Katzen abgegeben. Die Situation für die Mitarbeiter spitzt sich somit zu. Die fehlende Katzenschutzverordnung wird bei Heimen öfter als Grund genannt – Katzen vermehren sich wohl schlicht zu schnell.

Während der Corona-Pandemie hätten sich viele Menschen Haustiere zugelegt, die nun lästig würden, sagt Martina Klausmann vom Landestierschutzverband. Damals niedliche Welpen seien mangels entsprechender Kurse nicht erzogen und fingen nun an zu beißen. Andere Menschen könnten sich wegen steigender Kosten etwa für Tierärzte die Haltung nicht mehr leisten. Die Tiere würden dann überall ausgesetzt.

Im Lahrer Tierheim ist „Verrohung“ spürbar

Martin Spirgatis vom Tierheim Lahr (Ortenaukreis) berichtete von einem Jack Russel Terrier, der bei den Mülltonnen hinter dem Gebäude angebunden worden sei. Rund ein Dutzend Kaninchen seien vor dem Tierheim abgeladen worden, kleine Kätzchen in einem Karton, zählte er auf. Die Mitarbeiter fingen auch ausgesetzte Meerschweinchen ein. Hinzu kämen immer mehr Wasserschildkröten, weil deren Haltung sehr energieintensiv sei.

„Im Moment merkt man, dass die Verzweiflung groß ist bei den Menschen“, sagte Spirgatis. Auf der anderen Seite spiegelt sich in dem Verhalten seiner Meinung nach eine Verrohung der Gesellschaft: „Den Leuten ist das egal“, sagte er. „Das Tier ist ein Konsumgut geworden. Es wird angeschafft – und wenn es nicht mehr funktioniert, wie man will, wird es wieder abgeschafft.“ Tiere auszusetzen sei ein No-Go, sagte Klausmann.

Ein Hauptproblem sehen die Fachleute im Online-Handel mit Tieren: „Das nächste Tier ist nur einen Mausklick entfernt“, sagte Spirgatis.

Ehrenamtliche, die sich um Tiere kümmern, fehlen

Zudem müsste nach Klausmanns Worten die „osteuropäische Welpenmafia“ stärker bekämpft werden, die junge Hunde über Deutschland etwa nach Spanien und Belgien bringe. Aufgrund dieser Machenschaften bekommen Tierheime Hunde laut Spirgatis nicht mehr los. Auch die Heidenheimer Tierheimleiterin Julia Lambertz erzählte, dass manch ein Hund jahrelang dort sei.

Durch die Entwicklung geraten die Tierheime immer mehr unter Druck. Sie warnen vor mehr streunenden Katzen und vielleicht auch bald Hunden. „Irgendwann haben wir Mittelmeerverhältnisse“, so Spirgatis.

Zugleich fehlten Ehrenamtliche, die sich um die Tiere kümmerten, sagte Klausmann. Der Job habe keine planbaren Arbeitszeiten, man sei auch am Wochenende im Einsatz. Und es mangele an Geld. Kommunen kämen nur für Fundtiere auf.