So könnte es aussehen, wenn die Talgangbahn wieder fährt und am Tailfinger Bahnhof Fahrgäste aufnimmt oder aussteigen lässt. Foto: TriconAG für den Zweckverband Regional-Stadtbahn

Nach der Veränderung der Förderpraxis wird das Projekt für die Stadt plötzlich erschwinglich.

Albstadt - Die Frage, ob die Reaktivierung der Talgangbahn sinnvoll sei und für die Stadt Albstadt in Betracht komme, stellt sich seit Dienstagnachmittag neu. Der Grund: Der Bund und das Land sind auf einmal prinzipiell bereit, den Löeweanteil der Kosten zu tragen.

Wie das Landesverkehrsministerium am Dienstag mitgeteilt hat, besteht jetzt prinzipiell, die Möglichkeit, die Planung dieser Reaktivierung zu bis zu 75 Prozent, die erforderlichen Investitionen in die Strecke zu 96 Prozent und den Betrieb zu 100 Prozent von Bund oder Land finanzieren zu lassen. Damit würden die bei der Stadt Albstadt verbleibenden Kosten von einer Summe im höheren zweistelligen Bereich auf eine einstellige sinken – ein Schnäppchen, wenn man so will.

Voraussetzungen ändern sich grundlegend

Für die Stadt Albstadt ändern sich die Voraussetzungen des Projekts damit grundlegend, wie Albstadts Erster Bürgermeister Udo Hollauer gestern gegenüber dem Schwarzwälder Boten erklärt hat. Die Verwaltungsspitze werde in der kommenden Woche neu über die mögliche Reaktivierung der Talgangbahn beraten und außerdem das Landratsamt und den Regionalverband kontaktieren, um zu klären, wer "am Zug" ist – beide Instanzen sind am Projekt RegioStadtbahn beteiligt, zu dem auch die Reaktivierung der Talgangbahn gehört.

Das Schnäppchen ist allerdings an einige Bedingungen geknüpft. Die wichtigste davon ist ein passables Abschneiden der Talgangbahn in der "Standartisierten Bewertung", die derzeit in Arbeit ist und in der die Wirtschaftlichkeit der Reaktivierungsprojekte auf den Prüfstand gestellt wird.

So eine standartisierte Bewertung gab es schon einmal; sie bescheinigte der Zollernbahn, zu der auch die Talgangbahn gerechnet wurde, ein Kosten-Nutzen-Verhältnis von 1,88 – das heißt, dass jeder investierte Euro einen Ertrag von 1,88 Euro generieren würde. Die neue standartisierte Bewertung arbeitet allerdings mit anderen Parametern und Kriterien, und das Kosten-Nutzen-Verhältnis fällt nicht annähernd so günstig aus wie ehedem. Es müssen aber auch keine 1,88 sein; ein Wert von 1 oder knapp darüber würde auch schon genügen. Die Stadt rechnet mit Ergebnissen im kommenden Frühjahr.

Albstadt hat vermutlich schon einen schönen Vorsprung

Relativieren muss man die Zusage des Landes, den gesamten Betrieb zu bezahlen – das gilt für das Standardmodell Stundenbetrieb; wer einen kürzeren Takt wünscht, der darf ihn gerne einrichten, muss ihn sich aber etwas kosten lassen, zumal wenn er nicht in die oberste Kategorie "sehr hohes Nachfragepotenzial" fällt.

Das Land weist auch darauf hin, dass bei Bahnlinien mit weniger als 1000 Passagieren pro Tag und Streckenkilometer der Leistungsumfang in Schwachverkehrszeiten reduziert werden könnte – die Talgangbahn kommt derzeit auf 780 Passagiere. Umgekehrt hat aber jede beteiligte Kommune die Möglichkeit, durch Verbesserung des Takts und anderer Offerten die Attraktivität der Strecke so weit zu steigern, dass die Marke 1000 oder gar 1500 geknackt wird.

Wie immer sich die Albstädter, der Zollernalbkreis und der Regionalverband entscheiden – es empfiehlt sich, es schnell zu tun, denn die Mittel werden womöglich nicht für alle ausreichen, und es gilt der Grundsatz "Wer zuerst kommt, mahlt zuerst".

Die Anträge für die Bezuschussung der Planung inklusive Machbarkeitsuntersuchung und standatisierte Bewertung müssen bis Ende 2021 gestellt werden, die Planung sollte Ende 2023 abgeschlossen sein. Dass die standartisierte Bewertung für die Talgangbahn bereits im Gange ist, spielt den Albstädtern möglicherweise in die Karten: Es könnte ihnen einen Vorsprung verschaffen.