Dieser, mit einem roten Kreuz markierte Teil des ungenehmigten Baus müsste abgerissen werden, wenn der Bebauungsplan nicht geändert wird.Foto: Gemeinde Starzach Foto: Schwarzwälder Bote

Schwarzbau: Sichtschutz könnte legalisiert werden, wenn Eigentümer Kosten für Bebauungsplan übernimmt

Star zach-Bierlingen. Wer hat schon Lust, dass andere dauernd in sein Haus gucken können? Das dachte sich ein Hausbesitzer neben dem Netto-Markt in Bierlingen – und baute einen überdachten Freisitz. Jetzt hatte der Gemeinderat zu entscheiden: Bausünde oder Gnadenangebot?

Der Blick der Supermarkt-Kunden vom Parkplatz nebenan hat einen Netto-Nachbarn offenbar geärgert. Deshalb hat er einfach einen Holzbau hochgezogen – einen Freisitz mit Holzlager, so heißt es in der Drucksache 44/2020. Ohne Baugenehmigung. Im Juni vor zwei Jahren wurde der Schwarzbau entdeckt, am 15. Juni 2018 wurde die Baueinstellung verfügt.

Genau darum ging es am vergangenen Montag in der Gemeinderatsitzung. Gnade oder Knallhart-Entscheidung? Vor einem Jahr im Mai war das schon einmal Thema im Bauausschuss – kann man den Schwarzbau im Nachhinein legalisieren? Damals wurde einstimmig beschlossen: Das geht nicht. Doch der neue Gemeinderat sieht das jetzt offenbar anders. Deshalb stand der Schwarzbau wieder auf der Tagesordnung – unter Punkt 4. Bürgermeister Thomas Noé: "Ich habe versucht, in vielen Gesprächsrunden die Möglichkeit zu schaffen, dass ein Teil des Vorhabens genehmigungsfähig wird. Ich habe versucht, über den Kompromiss einer Heckenanpflanzung Genehmigungsfähigkeit herzustellen. Andererseits kann es nicht immer sein, dass wir illegale Bauten haben – und hinterher läuft die Nachgenehmigung. Das ist nicht fair gegenüber den Bauherren, die sich an die Vorschriften halten."

Worin besteht konkret die Bausünde neben dem Netto-Markt?

Im Mai 2019 hieß es in der Drucksache: "Der Sichtschutz mit einer Höhe von zwei Metern soll vor der Einsicht aus Richtung des Parkplatzes des ›Netto‹ bieten. Er überschreitet die im Bebauungsplan vorgegebene Höhe von maximal 1,20 Meter um 80 Zentimeter. Das Holzlager und der überdachte Freisitz sind außerhalb des Baufensters des Bebauungsplanes." Auf dem Foto in den Anlagen zur Drucksache 44/2020 hat das Rathaus mit einem roten Kreuz markiert, was abgerissen werden muss.

Doch wie geht man damit jetzt um? ZS-Gemeinderat Horst Pfeffer: "Ganz Starzach kauft bei Netto ein und schaut auf das Grundstück. Der Eigentümer hat einen Sichtschutz gewollt – das kann ich verstehen." Bürgermeister Noé: "Das sehe ich ein, dass da schon eine Belästigung durch den Netto empfunden wird. Doch ich kann nicht nur Mitleid zeigen, sondern muss auch Recht durchsetzen." ZS-Gemeinderat Michael Rilling: "Dieser Nachbar hat sich beim Bau des Netto nicht quergestellt. Das sollten wir berücksichtigen." Sein Fraktionskollege Pfeffer: "Ein geeigneter Sichtschutz bedeutet für die Bürger keinen Nachteil. Der Netto als Nachbar ist tatsächlich eine Belastung. Ich will da nicht über illegale Bauten reden. Das Problem lässt sich durch eine Bebauungsplan-Änderung aus dem Weg räumen! Wenn der Eigentümer die Kosten dafür trägt, wäre eine Lösung denkbar!" Bürgermeister Noé sagt, dass man eine Begründung wie den Lärmschutz für eine Bebauungsplan-Änderung an der Felldorfer Straße finden könnte.

Dann kommt es zur Abstimmung. Sieben der anwesenden 14 Stimmberechtigten stimmen für ein Einvernehmen nach Paragraf 14 des Baugesetzbuches. Ein wichtiges Signal.

Neun Gemeinderäte sprechen sich dafür aus, den Bebauungsplan zu ändern, wenn der Eigentümer die Kosten für die Planänderung übernimmt.

Bürgermeister Noé geht nicht davon aus, dass die Baurechtsbehörde der Änderung mit den jetzigen Schwarzbauten zustimmt. Er sagt aber: "Ich werde zeitnah Kontakt mit den Eigentümern aufnehmen." Mal sehen, wohin das "Gnadenangebot" des Gemeinderates beim Netto-Nachbarn führt.