Der Bürgermeister und seine Konflikte: Die Starzacher reagieren genervt. Noé will nun rechtsstaatlich reagieren.

Starzach - Es schien ein wenig Ruhe eingekehrt zu sein in Starzach. Bürgermeister Thomas Noé startete im Februar mit einem überzeugendem Ergebnis in seine neue Amtszeit. Doch die Vorwürfe des Personalratsvorsitzenden und die Vorkommnisse in der Gemeinderatssitzung am Montagabend sorgen für eine erneute Eskalation.

Thomas Noé wirkt am Telefon genervt und angespannt. Die neuerlichen Ereignisse hinterlassen ihre Spuren. Und auch in der Bevölkerung liegen langsam die Nerven blank. "Wie lange geht das noch so?", fragt ein alteingesessener Einwohner in einem Telefonat mit unserer Zeitung. "Dieses Theater ist nicht zu ertragen." Nach der Ratssitzung am Montag verließen einige interessierte Bürger frustriert das Rathaus. Diese Streitereien werde man sich nicht mehr antun, lautete das Fazit.

Was ist in den vergangenen Monaten geschehen? Das Wahlergebnis von 68,7 Prozent hatte Noé Rückenwind gegeben. Auf seiner Wahlparty hatte er Zuspruch erhalten. Landrat Joachim Walter gratulierte: "Sie haben das gute Wahlergebnis verdient, es ist der Lohn für Ihr hohes Engagement für die Gemeinde und gute Arbeit. Noé erklärte noch am Wahlabend, allen die Hand zu reichen. Und tatsächlich schien es so, dass ein Neuanfang möglich ist. Die ersten Gemeinderatssitzungen liefen vergleichsweise ruhig ab.

Doch nun scheint der Burgfrieden wieder gebrochen. Vor allem im Rathaus rumort es. Die Querelen haben eine lange Vorgeschichte. 2008/09 seien Rathaus-Mitarbeiter auf den Gemeinderat zugekommen und hätten über Probleme mit der Führungsarbeit des Bürgermeisters berichtet, erzählt Gemeinderat Freiherr Burkhard von Ow-Wachendorf, Stellvertreter von Noé, der ebenfalls genervt von der Situation in Starzach wirkt. Man habe sich für ein Mediationsverfahren eingesetzt. "Damals haben wir absichtlich die Öffentlichkeit rausgelassen."

Heutzutage ist das Rathaus-Klima aber allgegenwärtig – spätestens nach dem Schritt von Personalratschef Horst Erdmann an die Öffentlichkeit. In unserer Zeitung legte er einen Abmahnungsandrohung von Bürgermeister Noé offen. Grund: Erdmann, der Leiter der Wachendorfer Kläranlage ist, habe private Gegenstände "wie Bilder, Kruzifixe, Bierkrug oder Weihnachtsbeleuchtungen" sowie private Motorradzeitschriften in der Kläranlage, die allerdings kaum Publikumsverkehr hat. Um die Kruzifixe ginge es gar nicht, erklärte Noé auch gestern im Gespräch wieder. Ihm ginge es, wie er sich am 7. November in unserer Zeitung äußerte, um die "Missachtung von Anweisungen".

Nun haben die Streitigkeiten auch wieder den Gemeinderat erreicht. Auslöser war eine Passage eines Berichts unserer Zeitung. Einige Ratsmitglieder wollten dies zur Sprache bringen. Noé aber fühlt sich hier falsch zitiert. Er habe nicht gesagt, dass im Gemeinderat auf einige Mitglieder Druck ausgeübt worden sei. Er habe aber von Gemeinderäten vor der Wahl gesagt bekommen, dass andere Gemeinderäte unter Druck gesetzt worden seien, erzählt er unserer Zeitung.

Weiterer Angriffspunkt: das Zitat "Es werden Köpfe rollen", das Noé der Gemeinderätin Christina Schweizer im Rathaus gesagt haben soll und im Gremium auftauchte. Er habe nicht Schweizer und andere Gemeinderäte damit gemeint, antwortete Noé. Das Zitat selbst bestritt er aber nicht.

Das Auftauchen einer Radioreporterin in der Sitzung war ebenfalls ein Grund der Eskalation (wir berichteten). Freiherr von Ow-Wachendorf dementiert, dass er die Radioreporterin eingeladen habe. "Ich habe damit nichts zu tun." Und Noé erklärt: "Ich habe gewusst, dass die Reporterin möglicherweise kommen würde." Ein genauer Termin habe aber nicht festgestanden.

All das sorgt bei vielen Bürgern und politischen Beobachtern für jede Menge Fragezeichen und Kopfschütteln. Freiherr von Ow-Wachendorf stellt klar: "Es handelt sich hier nicht um einen Konflikt zwischen Bürgermeister und Gemeinderat, sondern zwischen dem Bürgermeister und seinem Mitarbeitern." Das Ratsmitglied weiter: "Ich habe mich ehrenamtlich für das Amt des Stellvertreters nach langem Überlegen bereit erklärt. Ich mische mich nicht in den Konflikt ein." Die Arbeit im Gemeinderat sei nach der Wahl "ok" gewesen, lautet seine spartanische Antwort. Weitere Zitate Noés werde er aber künftig "nicht mehr überhören" und an die Öffentlichkeit bringen. Ein harmonisches Arbeitsklima hört sich anders an.

Und wie reagiert Noé selbst? "Manche werden wieder sagen, ich reagiere dünnhäutig", sagt er selbst. Dann wird er deutlich, mal scharf und deftig, dann wieder einen Gang zurückschaltend: "Ich werde es mir nicht mehr gefallen lassen, dass meine Arbeit und meine Familie torpediert werden." Er habe viel Verständnis im Wahlkampf und noch kurz nach der Wahl gehabt. Doch nun werde er alles tun, was rechtsstaatlich möglich sei – zivilrechtlich, strafrechtlich oder disziplinarrechtlich. "Ich werde nicht wild um mich schlagen, sondern es in Ruhe abarbeiten. Ich habe kein Interesse, Krieg zu führen, aber ich werde mich der Herausforderung stellen", so Noé weiter.

An Aufgeben denkt er nicht. Die Arbeit im Gemeinderat habe funktioniert: "Wir haben nicht total gegeneinander gearbeitet." Er habe einen Wählerauftrag, und den wolle er auch erfüllen. "Mir macht die Arbeit Spaß." Eine Aussage, die manche derzeit wohl sehr schwer nachvollziehen können.