Deutlich später als üblich: Die Verwaltung hat dem Gemeinderat den Jahresabschluss für 2020 vorgelegt. Foto: Beyer

Keine leichten Zeiten für Seewalds Kämmerer Dominic Damrath. In kürzester Zeit muss er die Arbeit mehrerer Jahre nachholen. Schuld ist die Umstellung auf das neue kommunale Haushaltsrecht.

Seewald - Schon der Blick in die Tagesordnung der jüngsten Seewälder Gemeinderatssitzung zeigt, dass hier was nicht stimmt. "Feststellung Jahresabschluss 2020" steht da. Und: "Erlass der Haushaltssatzung 2022".

Fast könnte man also meinen, man wäre im falschen Jahr. Denn der Jahresabschluss 2020 wäre eigentlich schon 2021 fällig gewesen. Und auch die Haushaltsplanung wird üblicherweise am Jahresanfang vorgestellt – und nicht am Jahresende. So waren nun die Gemeinderäte in der kuriosen Situation, einen Plan absegnen zu müssen, der größtenteils schon realisiert wurde.

Neu im Amt und schon jede Menge zu tun

Doch was steckt hinter der Verzögerung? Unsere Redaktion hat beim Kämmerer Dominic Damrath nachgefragt. "Ein Grund ist der Personalwechsel in der Kämmerei", erklärt Damrath, der erst seit April dieses Jahres im Amt ist. Das Einarbeiten habe Zeit benötigt. Dadurch sei die Verzögerung bei der Haushaltsplanung zu erklären.

Hinzu komme die Umstellung des kommunalen Haushaltsrechts – von der Kameralistik auf die Doppik. Dafür musste eine Eröffnungsbilanz erstellt werden. 2019 hätte die vorliegen müssen, tatsächlich fertig wurde sie erst im Oktober 2021.

Viele Gemeinden hadern mit den neuen Regeln

Erst dann konnte damit begonnen werden, die zurückliegenden Jahresabschlüsse nachzuholen. Für den Kämmerer eine regelrechte Aufholjagd. So lobte dann auch Bürgermeister Gerhard Müller in der Gemeinderatssitzung Damraths Einsatz.

Dass die Umstellung des kommunalen Haushaltsrechts zu solchen Problemen führt, sei nichts ungewöhnliches, meint Damrath. "Das geht vielen Kommunen so."

Räte wurden nicht übergangen

Doch so kurios es nun auch anmuten mag, dass der Gemeinderat die Haushaltsplanung erst nachträglich verabschiedete, wichtige Investitionen mussten dadurch nicht verschoben werden. Und das obwohl die Verwaltung keine größeren Ausgaben tätigen darf, ohne dass der Gemeinderat seine Zustimmung erteilt.

Denn die größte Investition der Gemeinde ist derzeit der Breitbandausbau. Und für den wurden die jährlichen Ausgaben schon im Jahr 2021 vom Gremium beschlossen. Außerdem muss der Rat sowieso jede größere Ausgabe einzeln absegnen, wie Damrath erklärt. Somit war sichergestellt, dass das Gremium nun nicht vor vollendete Tatsachen gestellt wurde. Dementsprechend gab es dann von Seiten der Räte auch keinen größeren Diskussionsbedarf mehr und die Planung wurde einstimmig beschlossen.

Größere Abweichungen nicht mehr zu erwarten

Und einen Vorteil hat das Ganze: Da der Plan mehr oder weniger erst nach der Ausführung erstellt wurde, konnte Damrath größtenteils schon die tatsächlichen Werte in die Planung übernehmen. Größere Abweichungen zum Jahresabschluss sind also nicht mehr zu erwarten. "Nur bei den Steuereinnahmen und den Personalkosten könnte sich noch was ändern", vermutet Damrath.

Künftig soll in Sachen Haushalt dann aber alles wieder wie üblich ablaufen. Spätesten im März will Damrath die Haushaltsplanung für 2023 dem Gemeinderat vorlegen. Und auch den Jahresabschluss für 2022 will er spätestens bis Ende des kommenden Jahres und somit noch innerhalb der gesetzlichen Frist vorlegen.

Hohe Investitionen in den Breitbandausbau

Und schon jetzt konnte Damrath den Räten präsentieren, welche Ausgaben in den nächsten Jahren anstehen. So sind für 2023 neben 1,43 Millionen Euro für den Breitbandausbau auch 207 500 Euro für die Sanierung der Pfeiflesbrücke geplant. Für das Baugebiet Beinstraße Nord sind 200 000 Euro vorgesehen.

Im Jahr 2024 sollen dann 954 000 Euro in den Breitbandausbau fließen. Und nochmals sind 207 500 Euro für die Pfeiflesbrücke eingeplant. 2025 soll dann die Fassade des Rathauses in Hochdorf erneuert werden, was voraussichtlich 172 100 Euro kosten wird.

Info: Haushaltszahlen im Überblick

2020: Im Gesamtergebnis hat die Gemeinde einen Überschuss von rund 553 897 Euro erwirtschaftet. Damit fällt das Ergebnis rund 939 397 Euro besser aus, als in der Planung kalkuliert wurde. Insgesamt wuchsen die Finanzmittel der Gemeinde im Jahr 2020 um rund 240 444 Euro, sodass am Ende des Jahres 2020 noch immer rund 3,59 Millionen Euro in der Kasse lagen.

Haushaltsplan für 2022: Im Ergebnishaushalt rechnet die Gemeinde mit einem Minus von 217 125 Euro. Die Kasse sollte dadurch aber nicht belastet werden. Denn im Finanzhaushalt rechnet die Gemeinde mit einem Überschuss von 125 575 Euro.