Auf dem Schulhof in Seedorf kam es zu einer Attacke, die viele fassungslos machte. Foto: Otto

Nach der brutalen Attacke auf einen 22-Jährigen im November 2022 in Seedorf fiel nun das Urteil gegen die zur Tatzeit 14-jährigen Täter, die ihre Tat auch noch gefilmt hatten. Einer wurde schon mehrfach auffällig.

Raub und versuchter Mord durch Unterlassen wurden den beiden Tätern ursprünglich vorgeworfen. Nun wurden sie in der nichtöffentlichen Hauptverhandlung für schuldig befunden und jeweils zu Jugendstrafen verurteilt, wie aus einer Pressemitteilung der 1. Großen Jugendkammer am Landgericht Rottweil hervorgeht.

Dort wurde unter dem Vorsitz von Richter Karlheinz Münzer in der Zeit vom 24. Mai bis 4. Juli 2023 verhandelt. In der Hauptverhandlung wurden 19 Zeugen sowie zwei Sachverständige (eine Rechtsmedizinerin und ein Kinder- und Jugendpsychiater zur Beurteilung der Verantwortlichkeit und Schuldfähigkeit der Angeklagten) gehört.

Sprungtritt gegen den Kopf des Opfers

Der Verurteilung der Jugendlichen liegt folgende Tat zugrunde. Am Samstag, 12. November 2022, haben sie in Seedorf einen 22-jährigen guineischen Staatsangehörigen zunächst gemeinschaftlich mit Fäusten und Füßen geschlagen beziehungsweise getreten, um diesem seinen Geldbeutel samt Bankkarte wegzunehmen, was ihnen auch gelang.

Im Anschluss an die Verfolgung, die der Geschädigte aufgenommen hatte, weil er seine Bankkarte zurückerlangen wollte, entschlossen sich die Jugendlichen, Gewalt anzuwenden. Einem gemeinsamen Tatplan folgend trat Täter A den vor ihm knienden Geschädigten, der die Angeklagten anflehte, ihm die Bankkarte zu geben, zunächst mit dem Fuß gegen die Schulter, so dass dieser umkippte und zu Boden fiel, und sodann laut Pressemitteilung mit mittlerer Intensität mit einem sogenannten „Sprungtritt“ auf den Kopf des Geschädigten, der hierdurch kurzzeitig bewusstlos wurde.

Tat mit dem Handy gefilmt

Der Jugendliche B hatte dabei vor Beginn des ersten Trittes ein Handy so auf einem Fensterbrett drapiert, dass das Geschehen gefilmt wurde. Im Anschluss an den zweiten Tritt wollte auch der Jugendliche B auf den Geschädigten eintreten, konnte jedoch von dem Jugendlichen A davon abgehalten werden.

Die Jugendlichen verblieben mehrere Minuten an der Örtlichkeit und entfernten sich erst, als der Geschädigte wieder zu sich kam und sich von der Örtlichkeit selbstständig entfernte. Aufgrund einer Gesamtwürdigung der Indizien hielt die Kammer die diesbezügliche Einlassung der Angeklagten für glaubhaft und nahm keinen versuchten Mord durch Unterlassen an, heißt es in der Mitteilung des Gerichts.

Anschließend benutzten die Täter die nach die Bankkarte des Opfers, um sich durch drei Käufe an einem Zigarettenautomaten Tabakwaren im Wert von insgesamt 60 Euro zu verschaffen.

Gefährliche Körperverletzung

Der Geschädigte erlitt eine Gehirnerschütterung, eine kleine Platzwunde sowie Schmerzen und Hämatome. Er blieb einen Tag dem Schulunterricht fern. Er zeigte die Tat nicht an und begab sich nicht in ärztliche Behandlung. Die Tat wurde bekannt, nachdem der Angeklagte B das Video einem Betreuer gezeigt hatte.

Durch Urteil vom 4. Juli 2023 wurden beide Angeklagten wegen Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und Urkundenunterdrückung in drei Fällen verurteilt, der Angeklagte A (überdies wegen Körperverletzung unter anderem, Diebstahls und gefährlicher Körperverletzung) zu der Einheitsjugendstrafe von drei Jahren und acht Monaten und der Angeklagte B – wegen der Tat vom 12. November 2022 – zu der Jugendstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten.

Weitere Taten bei einem der Angeklagten

Der Angeklagte A hatte über die Tat im November hinaus im Juni 2022 eine 16-Jährige und ihren 17-jährigen Begleiter bedroht, ihr die Nase zu brechen. Im weiteren Verlauf schlug und trat der Jugendliche A auf den jungen Mann ein, so dass dieser Schmerzen erlitt und dessen T-Shirt beschädigt wurde.

Im Juli 2022 entwendete der Angeklagte A in einer Tankstelle in Rottweil eine E-Shisha im Wert von 9,99 Euro. Zwei Tage später schlug er mit einer weiteren Person in Rottweil einen 47-Jährigen, bis dieser zu Boden ging und trat anschließend zweimal wuchtig gegen dessen Kopf, so dass auch dieser kurzzeitig bewusstlos war, abgesehen von Schmerzen im Gesichtsbereich jedoch keine weiteren Folgen davontrug.

Bis zum Urteil in Untersuchungshaft gewesen

Aufgrund der Tat vom 12. November 2022 waren die beiden Jugendlichen am 24. November 2022 festgenommen worden und befanden sich bis zur Urteilsverkündung in Untersuchungshaft. Bei dem Angeklagten A wurde Haftfortdauer wegen Wiederholungsgefahr angeordnet.

Bezüglich des Angeklagten B hob die Jugendkammer den Haftbefehl auf und ordnete (bis zur Rechtskraft) dessen einstweilige Unterbringung in einem Heim der Jugendhilfe an, da bei Jugendlichen unter 16 Jahren Untersuchungshaft (nur) wegen Fluchtgefahr nur unter besonderen Voraussetzungen, die nicht vorliegen, zulässig ist. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.