Die Kinderintensivstationen in Tübingen und Stuttgart ächzen unter vielen Grippe- und RSV-Patienten. Wir haben nachgefragt, wie es bei den Kinderkliniken in der Region aussieht, wie Tübingen und Stuttgart mit den vollen Stationen umgehen und was sie sich für die Kindermedizin wünschen würden.
Die Grippe und das Respiratorische Synzytial-Virus (RSV), das die Atemwege befällt, machen den Kliniken zu schaffen. Die Kinderintensivstationen in Tübingen und in Stuttgart sind voll. In der größten Kinderintensivstation Deutschlands im Olgahospital sind fast alle 21 Betten belegt – „auch mit schwer kranken Kindern mit RSV und Influenza“, sagt Klinikumssprecherin Annette Seifert. Die Lage sei zwar unter Kontrolle, aber angespannt.
Auch in der Kinderklinik und der Notaufnahme für Kinder in Böblingen - das Klinikum gehört mit Nagold und Calw zum Klinikverbund Südwest - gibt es im Winter viele Atemwegserkrankungen, darunter Grippe und RSV. Dann seien die Kapazitäten nahezu ausgelastet oder sogar überlastet.
„Grundsätzlich wird jeder Patient beziehungsweise jedes Kind, das in die Kliniknotaufnahme kommt, auch versorgt. Vorrang haben aber selbstverständlich die akuten Notfälle, die umgehend behandelt werden müssen“, betont das Klinikum. Die erste Anlaufstelle sind Kinderärzte oder die Notfallpraxis außerhalb der üblichen Öffnungszeiten.
Kinder werden teils unnötig in die Notaufnahme gebracht
Die Uni-Klinik Tübingen berichtet jedoch, dass selbst Kinder, die bereits beim Kinderarzt waren, unnötigerweise in die Notaufnahme gebracht werden, etwa, um eine „Zweitmeinung“ einzuholen, berichtet Sprecherin Bianca Hermle auf Anfrage.
In Villingen-Schwenningen habe sich die Situation hinsichtlich RSV und Grippe momentan entspannt. „Es gibt einen Fall mit Influenza, zwei Fälle mit RSV, alle drei sind auf der Normalstation untergebracht und benötigen keine Intensivbehandlung“, teilt Sprecherin Sandra Adams am Mittwoch mit.
Bis zu 100 Prozent Auslastung in Tübingen
In Tübingen sieht die Situation allgemein düster aus: Hier ist die Belegung in Kinderklinik und der Kinderintensivstation zwischen 85 und 100 Prozent. Die Folge ist, dass Patienten von extern abgelehnt werden müssen, planbare OPs werden verschoben.
In Tübingen werden vielfältige, auch schwere Krankheiten behandelt: „Das sind unter anderem Kinder mit angeborenen Herzfehlern oder sonstigen Fehlbildungen, onkologische Patienten mit Atemversagen, Tumorpatienten mit OP-Bedarf, Unfälle, sonstiges Infektionsgeschehen wie Sepsis und Hirnhautentzündungen, Patienten mit Bewusstseinsstörungen, Reanimationen“, berichtet Sprecherin Hermle. Dann kommen noch Grippe und RSV dazu und spannen die Situation weiter an.
Kinder und Jugendliche, die verlegt werden können, werden dann auch auf andere Häuser umverteilt. In Tübingen bleiben diejenigen, deren Krankheitsbilder speziell in der Uni-Klinik behandelt werden müssen.
Olga-Hospital und Schwarzwald-Baar-Klinik befürworten Impfung
Das Olga-Hospital würde es begrüßen, wären Kinder gegen Grippe geimpft, allein schon, um die schweren Infektionsverläufe zu vermeiden. Ähnlich sieht man dies im Schwarzwald-Baar-Klinikum in Villingen-Schwenningen. „Grundsätzlich befürworten wir die Impfung von Kindern zum Schutz vor Grippe oder RSV-Infektionen. Es gibt inzwischen beispielsweise auch Empfehlungen für werdende Mütter, sich bezüglich RSV immunisieren zu lassen, wenn die Schwangerschaft/Geburtstermin in die RSV-Saison fällt. Dabei überträgt sich die Immunisierung auch auf das Kind“, erklärt Sprecherin Adams.
Kliniken wünschen sich mehr Geld für Kindermedizin
Auf die Frage, was sie sich für die Kindermedizin wünschen würden, antwortet Olga-Hospital-Sprecherin Seifert: „Eine auskömmliche Finanzierung der Pädiatrie.“ Aber das Fach bleibe chronisch unterfinanziert und in den vergangenen 30 Jahren seien in Deutschland die Krankenhausbetten für Kinder um 40 Prozent reduziert worden.
Auch in Tübingen wünscht man sich eine „bessere Finanzierung“, sowie „mehr Vernetzung zwischen den Kinderkliniken und eine zentrale Übersicht über tagesaktuelle Ressourcen in den verschiedenen Kliniken“. Auch sollte die Beratung für die externen Kliniken verbessert werden, um sich gegenseitig zu unterstützen und auch Transporte schwer kranker Kinder zu ermöglichen.