Marianne Burgbacher vom "Bettlinsbad" hat ihren Biergarten vorbereitet. Foto: Siegmeier

Nach erster Eröffnungswoche unterschiedliches Bild der Lage. "Gäste dürften noch mutiger sein."

Rottweil/Zimmern-Horgen/Villingendorf - Die Sonne scheint, die Temperaturen sind sommerlich - eigentlich perfekt, um den Feierabend oder das Wochenende im Biergarten, Eiscafé oder beim Gastronomen der Wahl zu verbringen. Doch die Resonanz fällt ganz unterschiedlich aus.

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"Ich bin sehr zufrieden mit unseren Gästezahlen, und ich habe das Gefühl, dass sich die Leute freuen, wieder ein frisch gezapftes Bier und leckeres Essen im Restaurant genießen zu können", beschreibt Juri Kühn die aktuelle Situation, während er die Stühle im Biergarten mit blauweiß-karierten Sitzkissen bestückt. Gemeinsam mit seinem Bruder Boris betreibt er die "Linde-Post" in Horgen.

Die vergangenen Wochen seien hart gewesen. "Aber zum Glück haben uns unsere Stammgäste beim Außer-Haus-Service rege angefragt", betont Juri Kühn. Nur so habe man diese Zeiten überstehen können, denn auch der Hotelbetrieb stehe still.

Für das Restaurant laufe die Nachfrage. Für das Hotel wolle man sich ein zusätzliches Konzept überlegen, um auch an den Wochenenden die Zimmer belegen zu können. Wanderer oder Radfahrer sollen damit vermehrt angesprochen werden. Aber auch den Außer-Haus-Service möchte die "Linde-Post" erst einmal weiter beibehalten.

Es geht ans Eingemachte

Ein nicht so rosiges Bild zeichnet Jost Bevermann von der Weinstube Grimm in Rottweil. "Die Lage bei uns ist nicht gut. Wir haben nur sehr geringe Umsätze und das trotz des Außer-Haus-Angebots." Seit zehn Wochen betreibe er das Restaurant nun mit seiner Frau alleine. "Die Mitarbeiter müssen wir weiter in Kurzarbeit lassen", bedauert er und macht klar, dass es langsam ans Eingemachte gehe. "Fast alle Gruppen haben abgesagt, heute morgen eine Gruppe mit 90 Leuten, die im Oktober kommen wollte", berichtet er.

Seine Außenfläche könne er nicht vergrößern, da es sich um Anwohnerstellplätze handle. Mit der Kirche sei er nun übereingekommen, dass er einige Tische auf dem Münsterplatz aufstellen dürfe. "Aber ob das praktikabel ist, das wird sich zeigen", so der Gastronom. Er habe den Eindruck, die Leute seien unsicher und ängstlich. Er hofft, dass sich die Angst schnell legt und die Umsätze steigen.

Gotthard Silberer vom "Goldenen Rad", schließt sein kleines Restaurant erst gar nicht auf. "Wirtschaftlich arbeiten geht bei den kleinen Räumen nicht", meint er und hofft, dass es bald weitere Lockerungen gibt.

Auch gute Resonanzen

Anders sehen die Reservierungsbücher bei Marco Koch von der "Villa Rottweil" aus. "Wir sind zwei Wochen quasi ausgebucht", sagt der Gastronom. Die Freude steht ihm ins Gesicht geschrieben. "Die Gäste konsumieren gut und sind gut drauf", berichtet er.

Auch im "Bettlinsbad" ist alles perfekt vorbereitet. Die Tische stehen in ausreichendem Abstand im Biergarten, Laufwege sind gekennzeichnet. Die Besucherzahlen an Himmelfahrt und am Wochenende seien gut gewesen, erzählt Inhaberin Marianne Burgbacher. "Die Gäste waren sehr zufrieden, und die Wertschätzung hat uns nach dieser langen Schließzeit gutgetan".

Verhaltener Optimismus

Auch sie hat den Eindruck, dass sich die Gäste lieber im Außenbereich aufhalten. "Die Natur ist unser großer Schatz", freut sie sich. Zusätzlich zum Biergartenservice gibt es bei ihr jetzt auch Picknickpakete. Über die neuen Vorschriften habe bisher niemand geschimpft, freut sie sich. Das sei ihre große Sorge gewesen.

"Die Situation ist nicht einfach", sagt Pitt Lang von der "Krone" in Villingendorf. Er ist nur verhalten optimistisch. Seine Wirtschaft ist momentan geschlossen. "Wir können drinnen die Abstandsregeln nicht einhalten", begründet er seine Entscheidung. Und im Biergarten seien die Leute zuletzt unvernünftig gewesen und hätten sich an die Vorschriften nicht gehalten. "Da lasse ich lieber zu", sagt er.

Sein Außer-Haus-Service dürfte auch stärker nachgefragt sein, findet er. "Für die Branche ist es eine echte Katastrophe", sagt Lang.

"Ich habe den Eindruck, dass die Leute unsicher sind, weil sie nicht wissen, was sie alles beachten müssen, und dass sie Angst haben", sagt Wilhelm Mayer vom Rottweiler "Pflug". Erst wenn man ihnen alles erkläre, entspanne sich die Situation, berichtet er. Gemütliche Atmosphäre habe man mit den Vorschriften auch nicht so recht. Für alle, die lieber daheim essen, bietet Mayer Außer-Haus-Service. Der Biergarten indes sei sehr gut nachgefragt. "Wir haben auch Tische in der Laube aufgestellt. So können wir die Abstandsregelungen gut umsetzen", schildert er. "Die Gäste dürften aber durchaus noch ein wenig mutiger sein", ermuntert er und hofft, dass der Betrieb in den nächsten Wochen wieder richtig anläuft. "Spätestens ab September muss es wieder laufen, sonst wird es schwierig", sagt er, denn sämtliche Hochzeiten und Feiern seien abgesagt, oder ins kommende Jahr verschoben worden.

330 Millionen Euro Soforthilfe

Auch Dehoga-Kreis-Vorsitzender Rainer Gaiselmann gibt sich verhalten optimistisch. Erfreulich sei, dass es für die Gastronomie weitere 330 Millionen Euro Soforthilfe vom Land geben soll. In vielen Restaurants könnten die Hygienevorschriften nicht erfüllt werden, weswegen sie geschlossen bleiben. Andere wiederum meisterten alles perfekt, und die Gäste blieben dennoch aus. Viele Betriebe erwirtschafteten nicht einmal 50 Prozent ihres regulären Umsatzes.

Doch jammern wolle man nicht, sondern die Gäste vielmehr dazu ermuntern, wieder essen zu gehen. "Die Gäste müssen einfach wieder mehr vertrauen." Für die heimische Gastronomie sei das nicht nur Wertschätzung, sondern Existenzsicherung.