Simone Pestre (links) und Astrid Sterzel vom Psychosozialen Zentrum für traumatisierte Flüchtlinge, Refugio VS, werben für den Film „Gegen den Strom“, der am Donnerstag, 29. Juni, im Capitol in Schwenningen gezeigt wird. Foto: Heinig

Den Weltflüchtlingstag nimmt das Psychosoziale Zentrum für traumatisierte Flüchtlinge, Refugio VS, zum Anlass auf die wirkliche Lage der Flüchtenden hinzuweisen.

Geschäftsführerin Astrid Sterzel und Mitarbeiterin Simone Pestre arbeiten da, wo auf unsicheren Routen vor Gefahr an Leib und Leben geflüchteten, traumatisierten Menschen geholfen wird.

Diese Hilfe könnte nach den europäischen Plänen der Abschottung, so die Befürchtung des Refugio-Teams, bald ins Leere laufen. Über das Schicksal der Flüchtlinge soll bald mittels Schnellverfahren in Asylzentren an den Außengrenzen Europas entschieden werden. Damit soll einerseits das Sterben auf dem Mittelmeer, aber auch die Einreise nach Europa reduziert werden.

Für Sterzel und Pestre kann diese Rechnung aber nicht aufgehen und sie wehren sich auch für das „falsche Bild in der Öffentlichkeit, dass Geflüchtete mehrheitlich junge Männer aus sicheren Drittstaaten wären. Die Statistik in unserem Zentrum für traumatisierte Geflüchtete sprechen eine andere Sprache: Unsere Klientel besteht mehrheitlich aus Frauen und Minderjährigen mit Herkunft Afghanistan, Ukraine, Iran, Nigeria,“ sagt Astrid Sterzel.

„Nichts ist sicher“

„Nichts in diesen Ländern ist sicher und trotzdem werden ihre Asylgesuche abgelehnt.“ Gut die Hälfte aller Geflüchteten erhalten nach einer illegalen Einreise eine Aufenthaltsgenehmigung erst nach eingereichter Klage, denn die Frage, ob die individuellen Fluchtgründe auch Asylgründe sind, sei in der Regel strittig.

Legale Fluchtwege?

Bei der Klärung helfen Organisationen wie Refugio. Die Expertinnen plädieren daher für die Einrichtung von legalen Fluchtwegen sowie deren Überwachung. Durch die Erfahrungen mit traumatisierten Menschen wisse man, dass die in den Asylzentren geplanten Anhörungen kein Screeningverfahren ersetzen. „Selbst bei uns reden die Menschen erst nach ein oder zwei Jahren über das, was sie erlitten haben“, sagt Simone Pestre. Ihre Befürchtung: Ein Trauma wird nicht erkannt, die Person zurückgeschickt und das vielleicht in ein Land, das sie kaum kennt.

Das von der Europapolitik angesichts schwindender Ressourcen geplante neue „Bollwerk“ gegen Flüchtende „wird nicht halten“, ahnt Astrid Sterzel. 110 Millionen Menschen flüchten aus ihrer Heimat und werden das auch weiterhin tun. Man versetze sich in die Lage eines Flüchtenden. „Wie wollen wir dann behandelt werden?“ Auch in Deutschland gab es im und nach dem Zweiten Weltkrieg und zu DDR-Zeiten Menschen auf der Flucht.

Kontingente gefordert

Neben legalen Einreisewegen fordert Refugio von der Politik auch für die europäischen Staaten verpflichtende Kontingente zur Aufnahme von Geflüchteten sowie deren „unbürokratische Umsetzung“ und mehr Familienzusammenführungen. „Da hat man noch nicht alle Register gezogen“, sagt Astrid Sterzel.

Film in Schwenningen

Der Film „Gegen den Strom“, den Refugio zusammen mit dem Arbeitskreis Asyl am Donnerstag, 29. Juni, 19 Uhr, im Capitol- Lichtspieltheater in Schwenningen zeigt, Eintritt sieben Euro, erzählt die wahre Flüchtlingsgeschichte von Sara Mardini, einer jungen syrischen Profischwimmerin, die zusammen mit ihrer Schwester Yusra über das Mittelmeer nach Europa flüchtet. In Griechenland wird sie nach der Rettung von 18 Menschen zur gefeierten Heldin, doch ihre humanitäre, aber illegale Arbeit führt schließlich zu ihrer Verhaftung.