Der neue Leiter des Stadtarchivs Villingen-Schwenningen Markus Teubert (rechts) und Valerij Cherniavskij betrachten die 1272 Personen umfassende „Schwenninger Ostarbeiterinnenliste“ aus den Arolsen Archives. Foto: Initiative „NS-Zwangsarbeit in Schwenningen“/Baumann

Am Samstag, 11. Mai, 15 bis etwa 17 Uhr, stellt die Initiative „NS-Zwangsarbeit in Schwenningen“ im Uhrenindustriemuseum ihr Projekt sowie neue Erkenntnisse zur Zwangsarbeit in Schwenningen vor.

Gerade einmal 16 oder 17 Jahre alt waren die meisten der knapp 20 Jugendlichen, die am 29. April 1944 am Schwenninger Bahnhof ankamen. Mehrere Wochen waren sie unterwegs, seitdem sie zuhause in der Ukraine festgenommen und dann von den deutschen Besatzern auf Lastkähnen übers Schwarze Meer und schließlich in Eisenbahnwaggons nach Süddeutschland verschleppt wurden.

Als die Jugendlichen Ende April 1944 in Schwenningen eintrafen, war ihre südukrainische Heimat bereits befreit, die Deutschen auf dem Rückzug. Doch die kleine Gruppe musste noch fast ein Jahr bis Kriegsende im April 1945 in der Uhrenfabrik Georg Würthner Zwangsarbeit leisten, heißt es in einer Pressemitteilung.

Auch nach der Befreiung war der Weg nach Hause für viele beschwerlich und lang. Einer der erwähnten Jugendlichen war der im Februar 2023 mit 96 Jahren in Mykolajiv/Ukraine verstorbene Wolodymyr Shcherbina.

Viele Beteiligte

Der Kontakt zu ihm – kurz vor seinem Tod und mitten im Ukraine-Krieg – stellte den Startpunkt für die allen Interessierten offenstehende Initiative zur Auseinandersetzung mit der NS-Zwangsarbeit in Schwenningen dar, an der bislang ehrenamtlich engagierte Einzelpersonen, der Schwenninger Heimatverein, Pro Stolpersteine VS, das Gymnasium am Deutenberg in Schwenningen, das Gymnasium am Romäusring in Villingen, das Stadtarchiv Villingen-Schwenningen sowie die Städtischen Museen beteiligt sind, wobei das Schwenninger Uhrenindustriemuseum – selbst Ort von NS-Zwangsarbeit durch Kriegsgefangene – eine besonders wichtige Rolle spielt.

Die Neuigkeiten

Die Veranstaltung am 11. Mai findet im Rahmen der Geschichtswoche des Schwenninger Heimatvereins statt. Bei der durch Annemarie Conradt-Mach, Vorsitzende des Heimatvereins, moderierten Veranstaltung wird Initiativ-Koordinatorin Lisa Schank einen Überblick zu Stand, Programm und Perspektiven der Schwenninger Initiative geben, die seit März 2024 Mitglied der baden-württembergischen Landesarbeitsgemeinschaft der Gedenkstätten und Gedenkstätteniniativen (LAGG) ist.

Florian Kemmelmeier wird einen Einblick in die für Schwenningen ungewöhnlich gute Quellenlage hinsichtlich der Dokumente zur NS-Zwangsarbeit geben, sowie den letzten Stand der historischen Recherche referieren. Valerij Cherniavskij – bis vor kurzem stellvertretender Museumsdirektor in Mykolajiv – wird am Beispiel von Angehörigen der eingangs erwähnten Zwangsarbeitergruppe die Wege der „Ostarbeiter“ aufzeigen und erläutern, welche Rückschlüsse die sogenannten Filtrationsakten des sowjetischen NKWD zulassen.

Die Veranstaltung ist öffentlich und kostenlos. Eine Anmeldung ist nicht notwendig. Nach den Vorträgen gibt es einen kleinen Imbiss und die Möglichkeit zum informellen Austausch.