FDP-Chef Christian Lindner kämpft um ein eigenständiges Profil seiner Partei in der Ampelkoalition. Foto: dpa/Bernd Weißbrod

Die FDP fand sich nach der Bundestagswahl auf einmal in einer Ampelkoalition wieder. In diesem Bündnis verhindert sie vieles, das SPD und Grüne gern tun würden. Kann sie mit dieser Strategie punkten? Die Liberalen in unserer heutigen Folge des Parteienchecks.

Die FDP regiert in einem Bündnis, das sie vor der Wahl selbst für unmöglich hielt. Um sichtbar zu sein, verhält sie sich nun oft unmöglich – das finden jedenfalls viele aus den Reihen der Koalitionspartner. Wie geht es der FDP? Wir analysieren den Stand der Dinge zur Halbzeit der Legislaturperiode.

Die Lage

„Es ist besser, nicht zu regieren, als falsch zu regieren.“ Mit diesen Worten hat FDP-Chef Christian Lindner im Jahr 2017 das Jamaikabündnis platzen lassen. Nach der Wahl im Herbst 2021 konnte er sich vor der Regierungsverantwortung nicht mehr drücken. Seitdem muss die FDP in einer Ampelkoalition mit SPD und Grünen regieren. Die FDP ist in dieser Dreierkoalition die Partei, deren Programm am schlechtesten zu den beiden jeweils anderen passt. Eine komplizierte Lage. Zumal die FDP nichts so sehr fürchtet, wie noch einmal an der Fünfprozenthürde zu scheitern. Der Vorsitzende Christian Lindner ist derweil unangefochten. Ihm traut die Partei mit Abstand am meisten ein gutes Ergebnis bei der Bundestagswahl im Jahr 2025 zu.

Das Problem

Die FDP hat seit ihrer Beteiligung an der Ampelkoalition im Bund reihenweise Landtagswahlen verloren. Im Saarland schaffte sie es nicht ins Parlament, in Schleswig-Holstein flog sie aus der Regierung, in Nordrhein-Westfalen stürzte sie ab, und auch in Niedersachsen und Berlin erlebte sie ein Desaster. Dass die Partei es in Bremen knapp ins Parlament schaffte, wurde als Riesenerfolg gefeiert. Die vielen Wahlniederlagen haben zum Teil auch Gründe in den Ländern. Doch die meisten in der Partei gehen davon aus, dass die FDP von bisherigen Stammwählern für ihre Beteiligung an der Ampel im Bund abgestraft wird. Nach dem Motto: „Wir werden als Anhängsel rot-grüner Politik gesehen – deshalb bleiben unsere Wähler weg.“

Die Strategie

Die FDP ist mit zwei finanzpolitischen Grundforderungen in die Koalition gegangen, an denen sie auch in Krisenzeiten kategorisch festhält. Erstens: Die Schuldenbremse muss wieder gelten. Zweitens: Es darf keine Steuererhöhungen geben. Die Rückkehr zur Schuldenbremse hat geklappt – auch wenn dazu, etwa beim „Doppel-Wumms“ für die Energiepreisbremsen, mit Schattenhaushalten operiert werden musste. In der Steuerfrage bleibt die FDP, trotz Nöten im Haushalt, hart. Auch sonst zeigt sie sich vor allem als Kraft, die vieles von dem, was Grüne oder SPD wollen, verhindert. Die FDP regiert und opponiert zugleich. Beim Gebäudeenergiegesetz setzte sie eine komplette Überarbeitung durch. Dadurch ist nach Einschätzung vieler das Gesetz erheblich besser geworden. Gleichzeitig führte die FDP den Streit so aggressiv, dass die komplette Ampel – Liberale inklusive – massiven Schaden im öffentlichen Ansehen nahm. Und es ist nicht auszuschließen, dass es jetzt so weitergeht. Schon wieder kündigt sich Clinch zwischen FDP und Grünen an. Dieses Mal scheint der Streit zwar von der anderen Seite auszugehen. Doch viele in der FDP neigen dazu, den Konflikt als Überlebenselixier zu sehen. Sie dürften ihn nicht so schnell aufgeben.

Auf- und Absteiger

Kennen Sie Frank Schäffler? Der Abgeordnete aus Nordrhein-Westfalen hat den Aufstand gegen das Heizungsgesetz angeführt. Schäffler besitzt null Komma null Vertrauen des Parteichefs Christian Lindner. Der Vorsitzende nahm es trotzdem locker, dass der 54 Jahre alte Hinterbänkler der Parteispitze einen noch härteren Kurs aufzwang als ursprünglich geplant – vermutlich auch, weil Lindner glaubte, am Ende davon profitieren zu können. Der Aufsteiger Schäffler könnte nun allerdings jederzeit erneut ins Rampenlicht treten – auch dann, wenn es Lindner nicht passt. Schwierigkeiten hat Bildungsministerin Bettina Stark-Watzinger. Die FDP hat „Weltbeste Bildung“ plakatiert – jetzt kürzt Finanzminister Lindner ihr die Mittel. Damit bringt er Stark-Watzinger in Erklärungsnöte.

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