Auf der rund 3900 Quadratmeter großen Fläche lässt sich einiges realisieren. Foto: Archiv/Cools

Es war im Januar 2020 der große Schock für die Oberndorfer: der Rückzug des Investors für das Brauerei-Areal-Projekt. Was wird nun aus der riesigen Brache im Tal? Drei neue Bewerber stehen in den Startlöchern.

Oberndorf - "Wie gesichert ist das Projekt?" So lautete die Frage, die Bürgermeister Hermann Acker in der Gemeinderatssitzung allen Bewerbern stellte. Denn eines sei klar: Die Erfahrung, dass man auf einem guten Weg sei und sich letztlich dann doch alles zerschlage, die müsse man nicht noch einmal mache.

2014 hatte die Stadt das Brauerei-Areal aus der Insolvenzmasse erworben. Ein Jahr später hatte der Gemeinderat zur Neuentwicklung des Areals einen Architekten- und Investorenwettbewerb beschlossen. Auf Empfehlung des Preisgerichtes wurde im April 2016 entschieden, den Entwurf der Schaudt Architekten/Activ Immobilien weiterzuverfolgen. Geplant waren ein Pflegeheim und eine Eventgastronomie.

Die Stadt hatte das Brauerei-Areal daraufhin für viele Millionen Euro baureif gemacht, bis der Investor mitteilte, dass das Projekt aufgrund zu hoher Baukosten gescheitert sei.

Nachdem der erste Schock verdaut war, hatte der Gemeinderat im März 2020 beschlossen, das rund 3900 Quadratmeter große Grundstück neu auszuschreiben. Vorgaben waren unter anderem eine barrierefreie Verbindung zwischen Talstadt und Oberstadt und mindestens 30 öffentliche Stellplätze. Der Kaufpreis wird durch ein Gutachten festgelegt.

Betreiber mitgebracht

Bis November 2020 hatten Investoren ihre Ideen unterbreiten können. 14 Interessensbekundungen seien eingegangen – von Start-ups bis zur Gastronomie. Aber nur drei Bewerber, alle aus dem Gesundheitswesen, hatten ein schlüssiges Konzept vorgelegt. Sie waren nun angereist, um sich, jeweils in Abwesenheit der Konkurrenz, dem Gemeinderat vorzustellen.

Der Vorteil sei diesmal, so führte der Erste Beigeordnete Lothar Kopf aus, dass die Bewerber einen Betreiber mitbrächten. Zudem habe man bei ihnen eine Bonitätsprüfung durchgeführt.

Als Erstes präsentierte sich die Immac Wohnbau GmbH mit Sitz in Hamburg. Geschäftsführer Olaf Schau erzählte, die Unternehmensgruppe habe sich 1997 gegründet und bereits rund 1,7 Milliarden Euro in mehr als 160 Immobilien investiert. Neben fünf̈Kliniken handle es sich um Pflegeheime und betreute Wohnanlagen.

85 Stellplätze geplant

In der geplanten Pflegeeinrichtung in Oberndorf sind so genannte Service-Wohnungen, die ausschließlich für Menschen über 60 Jahren zur Verfügung stehen werden, vorgesehen. Insgesamt 57 in einer Größe zwischen 40 und 73 Quadratmetern sollen im sechsten und siebten Geschoss entlang der Rosenbergstraße und oberhalb des Pflegeheims geschaffen und zum Erwerb angeboten werden. Angeschlossen sind Gemeinschaftsräume.

In den darunter liegenden Stockwerken befindet sich das geplante Pflegeheim, das Platz für 90 Personen bieten soll. Hinzu kommen noch zwei 15er-Wohngruppen. Über einen Erschließungsturm sollen alle Gebäudeteile schnell erreichbar sein. Die Verbindung zwischen Ober- und Unterstadt erfolgt über eine Brücke.

In der Tiefgarage seien 85 Stellplätze vorgesehen, erklärte Projektentwicklerin Mareike Kappenberg. Für das Seniorenheim rechne man mit einem Schlüssel von 0,5 pro Wohnung, also 29 Parkplätzen, 15 zusätzliche benötige man für das Personal. Der Rest könne nach Absprache mit der Stadt der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen, so Olaf Schau.

Im Erdgeschoss sind unter anderem ein Café und ein Ladengeschäft zur Rosenbergstraße hin geplant, wie Projektleiterin Jasmin Albrecht ausführte. Als Betreiber werde man mit der Convivo Holding GmbH aus Bremen zusammenarbeiten. Diese präsentierte sich unabhängig davon als zweiter Bewerber.

"Wir haben ein starkes Interesse daran, die Sache durchzuziehen", stellte Schau klar. Man rechne mit einem Investitionsvolumen von 31 Millionen Euro. Von der Hausbank habe man eine Zusage zur Finanzierung erhalten. Baubeginn könnte im Juli 2022 sein, Fertigstellungstermin 2024.

Café und Ladengeschäft

Wolfgang Hauser (CDU) wollte wissen, ob alle Zimmer Tageslicht hätten. Dies bestätigte der Immac-Vertreter. Zudem sei das Ladengeschäft recht klein, gab Hauser zu bedenken. Schau meinte, dass das Café den zentralen Punkt darstellen soll. Mit dem Laden wolle man nicht in Konkurrenz zum Einzelhandel treten. Vorstellbar sei etwa eine kleine Apotheke oder ein Laden für Sanitätsbedarf.

Günter Danner (SPD) stellte fest, dass der Gebäudekomplex das Stadtbild deutlich verändern werde. Er wollte wissen, ob in einem Zug gebaut werde. "Auch wenn die Vermarktung schwierig werden sollte, bauen wir komplett fertig", versprach Schau. Auf Danners Frage, wie man Pflegepersonal auftreiben wolle, sagte der Geschäftsführer, dass der Betreiber Convivo eigene Kräfte ausbilde und die Akquise von Personal in der Regel kein Problem darstelle.

Ambulantes Konzept

Als Zweites präsentierte sich die Convivo Holding GmbH aus Bremen. 1992 hatte diese sich als ambulanter Dienst gegründet. Mittlerweile sei man an 105 Standorten mit rund 11 000 Pflegeplätzen vertreten. Als Investor, Bauherr und Betreiber in einem setze man sich mit dem Konzept des Convivo Parks für zeitgemäße Pflege ein, sagte Projektmanager Ralph König.

Wenn jemand vollstationär gepflegt werde, reiße das häufig Familien auseinander. Stattdessen setze man auf ein ambulantes Konzept, mit dem die Bewohner weiter ein selbstbestimmtes Leben führen und Serviceleistungen je nach Pflegebedarf dazu buchen könnten, etwa eine Putzhilfe oder ein Mittagessen.

In Oberndorf geplant sind sowohl Ein- bis Drei-Zimmer-Wohnungen als auch Wohngemeinschaften. So gebe es das Sorglos-Wohnen mit 70 etwa 40 bis 75 Quadratmeter großen Wohnungen zur Miete. Verkauft würden die Wohnungen nicht, hieß es auf Nachfrage von Sabine Jaud (CDU).

Zudem würden Sorglos-Wohngemeinschaften mit jeweils zwölf Plätzen und rund 25 Quadratmeter großen Zimmern mit eigenem Bad angeboten sowie eine Tagespflege mit 16 Plätzen, zu der die Bürger mit einem Shuttle zu Hause abgeholt werden. Convivo biete einen rund um die Uhr verfügbaren ambulanten Dienst und einen besonders hoher Personalschlüssel. Die 40 bis 50 Arbeitsplätze, die in Oberndorf entstehen sollen, will man vor allem mit Personal aus der Region besetzen.

Bedarf wird steigen

Die Bedarfsanalyse habe ergeben, dass schon jetzt, nach Abzug der vorhandenen Einrichtungen, 160 Plätze in Oberndorf fehlten, um den Pflegebedarf zu decken, sagte König. Bis 2030 werde sich diese Unterdeckung noch erhöhen, so seine Prognose.

Im Erdgeschoss des Gebäudes plane man ein Café beziehungsweise Bistro und einen Laden mit Lebensmittelartikeln des täglichen Bedarfs biete. Über das Schweizermühlengässle soll die geplante Parkgarage mit 30 öffentlichen Plätzen erreichbar sein. Man habe bewusst nicht mehr eingeplant, um das Gebäude nicht künstlich aufzublähen, hieß es auf eine Nachfrage von Dieter Rinker (FWV). Auf der ersten Ebene sind 30 weitere Stellplätze für die Verwaltungseinheit geplant. Für die Bewohner rechne man mit einem Schlüssel von 0,2 Parkplätzen pro Wohnung.

Die Verbindung der Ober- und Talstadt ist über eine verglaste Brücke vorgesehen. Insgesamt geht die Convivo Holding von einer Bauzeit von 18 bis 20 Monaten aus, so König auf Ruth Hunds’ (SPD) Frage. 2024 könne man dann fertig sein. Auszugehen sei von einem Investitionsvolumen von 27 Millionen Euro.

Der dritte Bewerber ist die Orpea-Gruppe, ein französisches Unternehmen mit Dependance in Frankfurt. Orpea ist an mehr als 180 Standorten in Deutschland vertreten. Als Betreiber bringt sie die Haus-Edelberg-Holding mit.

Deren Geschäftsführer Alexander Grunewald berichtete, man habe sich 1980 gegründet und sei von Tuttlingen bis ins Saarland mit Pflegeeinrichtungen vertreten. In Oberndorf plant sie ein Pflegezentrum mit 90 Betten in Einzelzimmern für die vollstationäre Pflege und 33 barrierefreie Wohneinheiten für Betreutes Wohnen.

Viele Projekte im Süden

Im Erdgeschoss sind die Funktionsräume vorgesehen, im Westen das Parkhaus mit insgesamt 75 Stellplätzen, über drei Etagen verteilt (bis ins zweite Obergeschoss). Man sehe einen langfristigen Bedarf, sonst hätte man sich nicht beworben, sagte Projektleiter Martin Schäffer von Orpea. Das Investitionsvolumen werde rund 27 Millionen Euro betragen, die Bauzeit etwa 24 Monate. Spätestens sechs Monate, nachdem man die Baugenehmigung habe, werde man beginnen, falls die Wahl auf Orpea falle, meinte Schäffer.

Ruth Hunds vermisste im Entwurf die Verbindung zwischen Ober- und Talstadt. Für eine solche sei man offen und werde gern alles dafür vorbereiten, sich aber finanziell nicht daran beteiligen, hieß es von Grunewald. Siegmar Wehner (FWV) hätte sich eine Ansicht des geplanten Gebäudes gewünscht, der Bewerber verwies auf seine bisher gebauten Anlagen, in Tuttlingen beispielsweise. Orpea stehe für eine moderne Bauweise.

Bezüglich der Preise gab es von den Bewerbern keine konkreten Aussagen. Es hieß, man werde sich am Marktpreis orientieren. Eine Entscheidung wurde in der Sitzung am Dienstag noch nicht getroffen. Diese soll am 27. April fallen.