Heckler & Koch in Oberndorf. Foto: Seeger

Tausende Waffen tauchen in Krisengebieten auf. Ehemaligen Mitarbeitern droht Gefängnis.

Stuttgart/Oberndorf - Tausende Gewehre aus deutscher Produktion tauchen in mexikanischen Bundesstaaten auf, in denen sie nichts verloren haben. So geschehen im Zeitraum von 2006 und 2009. Seit Mai vergangenen Jahres führt das Landgericht Stuttgart Prozess gegen fünf ehemalige Mitarbeiter der schwäbischen Waffenschmiede Heckler & Koch (HK) mit Sitz in Oberndorf (Kreis Rottweil). Es sind vor allem belastende E-Mails, die einige von ihnen vielleicht sogar hinter Gitter bringen.

Nach 25 Prozesstagen und 19 Zeugen, die befragt wurden, ist vor allem die Rolle der sogenannten Endverbleibserklärungen (EVE) in den Fokus gerückt. Diese sollen regeln, dass die Waffen tatsächlich auch da bleiben, wo sie hingeliefert werden – deshalb bekommt kein Rüstungsunternehmen eine Ausfuhrgenehmigung ohne EVEs. Die Staatsanwaltschaft, die am Donnerstag ihr Plädoyer gehalten hat, sieht keinen Zweifel, dass die Ex-Mitarbeiter von HK – manche fahrlässig, andere vorsätzlich – die EVEs solange abänderten, bis das Bundeswirtschaftsministerium seinen Segen gab.

Auszüge aus E-Mails belegen, dass manche der Mitarbeiter genau wussten, dass die mexikanischen Behörden unabhängig von den Erklärungen die Waffen dennoch in unerlaubte Unruhegebiete weiterschicken würden. Konkret handelt es sich um die Bundesstaaten Chihuahua, Guerrero, Jalisco und Chiapas. Letztlich sind knapp die Hälfte  der rund 9800 Waffen vom Typ G36 und zwei Maschinenpistolen (MP5) in Gebieten aufgetaucht, wo sie nicht hätten sein sollen.

Den Stein erst ins Rollen gebracht haben damals zwei ehemalige HK-Vertreter, die den attraktiven Auftrag an Land zogen. Aber: Axel H. ist bereits verstorben; und Markus B. lebt aktuell in Mexiko, weshalb er nicht von der deutschen Justiz zur Rechenschaft gezogen werden kann. Die Anklage ist davon überzeugt, dass ihm eine empfindliche Haftstrafe drohen würde.

Fünf andere ehemalige Mitarbeiter können dagegen Ende Februar verurteilt werden.

Marianne B. und Ingo S. sollen wegen Mittäterschaft, beziehungsweise Beihilfe in einer Bande und Verstoßes gegen das Kriegswaffenkontrollgesetzes wegen unerlaubter Ausfuhr von Waffen für knapp drei Jahre ins Gefängnis. Reger E-Mail-Verkehr mit den beiden Drahtziehern belegten das vorsätzliche Handeln. So schrieb etwa Axel H. einmal: Es werde schon alles wie gewünscht laufen. »Noch ist Polen nicht verloren.«

Dem ehemaligen Geschäftsführer Peter B. sowie vorherigen Präsidenten des Landgerichts Rottweil blüht möglicherweise eine Bewährungsstrafe – zwei weitere Mitarbeiter haben laut Staatsanwaltschaft nicht vorsätzlich gehandelt und könnten ungestraft davonkommen. Anders kann es dem Unternehmen selbst ergehen. HK kann zwar nicht als Person belangt werden, aber die Anklage fordert den vollen Kaufpreis (rund 4,1 Millionen Euro) der Waffen ein, die in unerlaubte Gebiete verschickt wurden.

Kommende Woche und Mitte Februar werden dann die Verteidiger zu Wort kommen und höchstwahrscheinlich darauf plädieren, dass die Änderung der EVEs keinen Straftatbestand darstellen. Letztlich muss Richter Frank Maurer entscheiden, welches Strafmaß verhängt wird. Am 21. Februar soll das Urteil gefällt werden.