Landesfraktionschef Hauk taucht unter den Anhängern eines OB-Kandidaten Andreas Renner auf.
Beim Ringen um einen OB-Kandidaten für Stuttgart formieren sich in der CDU die Lager. Peter Hauk, Chef der Landtagsfraktion, votiert für Andreas Renner. Manche in der CDU fragen sich schon, ob der parteilose Sebastian Turner, der sich auf Kreisparteichef Stefan Kaufmann stützt, noch lange durchhält.
Für den Kandidaten, der noch keiner ist, gehen offenbar die wichtigsten Landespolitiker in die Bütt, die der CDU noch verblieben sind. Andreas Renner, der frühere OB von Singen am Hohentwiel und Kurzzeitsozialminister im Kabinett von Günther Oettinger, ist am Mittwoch von Peter Hauk zur Bewerbung ermuntert worden.
Der Fraktionsvorsitzende im Landtag erklärte: "Ich persönlich halte Renner für einen geeigneten Kandidaten." Alle Sachargumente sprächen für ihn, sagte Hauk der Nachrichtenagentur dpa, "er ist kommunikativ, hat Verwaltungserfahrung und kennt das Management einer Stadt."
Rätsel um Eisenmanns Verzicht
Dagegen blieb Thomas Strobl auf der Tauchstation. Er sagte auf Anfrage unserer Zeitung nur: "Für mich als Landesvorsitzenden ist zweierlei sehr erfreulich: Erstens, dass ein sehr erfolgreicher Unternehmer für die CDU bei der Stuttgarter OB-Wahl antreten will. Und zweitens, dass es offenbar auch andere höchst qualifizierte Interessenten in der CDU für diese Kandidatur gibt." Wer für die CDU antritt, werde am 17.März von den "Stuttgarter Parteifreundinnen und Parteifreunden" entschieden.
Strobls beredtes Schweigen könnte auch daher rühren, dass er nach dem Verzicht von OB Wolfgang Schuster auf eine Kandidatur über die Möglichkeit eines parteilosen Kandidaten der CDU geredet hatte. Zu dem Zeitpunkt hatte der Kreisvorsitzende Stefan Kaufmann längst den parteilosen Werbefachmann Sebastian Turner verpflichtet. Wenige Tage später wurde es bekannt. Jetzt könnte der mutmaßliche Mitwisser Strobl eine Schamfrist brauchen, bis er sich von Turner abwendet und zu Renner bekennt. Die Vorzeichen gibt es. "Renner hat Hauk, Oettinger und Strobl hinter sich", sagte ein CDU-Mann im Landtag unserer Zeitung.
Für manchen scheint damit auch das Rätsel gelöst, warum die Bürgermeisterin Susanne Eisenmann am Freitag verzichtete und für Renner warb, obwohl sie die eigene Bewerbung am Tag zuvor ganz offiziell noch als "Option" bezeichnet hatte: Am späten Donnerstag sei da wohl ein Signal von der schwarzen Troika eingegangen, vermutet ein Landespolitiker. In Eisenmanns Umgebung wird das dementiert. Sie habe nicht an einem völlig ungeordneten Verfahren mitwirken wollen, das alle beschädige.
Renner wartet weiter ab
Eisenmann und Hauk reichen Renner nicht. Er wartet offenbar auf weiteren Zuspruch. Manche kämen noch in Frage. Selbst der Ex-Kreisvorsitzende Christoph Palmer, garantiert kein Mitglied des Oettinger-Flügels, könnte sich vielleicht für Renner entscheiden, heißt es in Parteikreisen. Jedenfalls wehre er sich gegen die Lesart, er habe mit dem Vorschlag Turner etwas zu tun, nur weil er in seiner Zeit als Minister mit Turners Agentur zusammenarbeitete.
Renner wartete am Mittwoch weiter ab. Aber schon die bisherige Unterstützung für den Kandidaten in spe reicht aus, damit manche in der CDU einen schnellen Rückzug von Turner nicht ausschließen. Gerade ein Typ wie Turner, heißt es, könne sich in der Schlangengrube CDU nicht durchbeißen. Ohne Insiderkenntnisse der Partei könne man einen gut sechswöchigen Vorwahlkampf bis zum Kreisparteitag schwerlich durchstehen. Damit könnte aufgehen, was manche als Renners Konzept sehen: Aufbruchstimmung für einen anderen Kandidaten als Turner herbeizuführen.
So bald Renner geredet hat, dürften sich die Ereignisse überschlagen. Die Frage ist, ob dann Interessenten wie der Backnanger OB Frank Nopper oder die Bundestagsabgeordnete Karin Maag die Hand heben.
Kritik an Kaufmann
Wer wäre überhaupt wünschenswert? Das, meinen erfahrene Mitglieder des Landesverbands, hänge von strategischen Überlegungen ab. Mit Maag könnte man die Frauenkarte spielen und vielleicht einige SPD-Wähler umgarnen. Mit Renner ließe sich wahrscheinlich gut im Wählerlager der Grünen fischen, aber vielleicht die Stammwählerschaft nicht ausschöpfen. Nopper könnte für die Stammwähler attraktiver sein, aber nicht für Wechselwähler mit Hang zu den Grünen. Und Turner? Da, heißt es, dürfte Kaufmann von dem Gedanken geleitet worden sein, im ersten Wahlgang am 7.Oktober das bürgerliche Lager samt FDP und Freien Wählern zu schließen, zugleich Menschen in Kreativberufen zu umwerben. Doch zieht die FDP wirklich mit?
In der eigenen Partei hat Kaufmann schon genug Widerstand. "Unprofessioneller geht's kaum", klagt ein Mandatsträger. Ein anderes Mitglied meint, Kaufmann hätte sich nie auf den Unsinn einer Basisentscheidung über den OB-Kandidaten einlassen dürfen. Jetzt, da es geschehen sei, könne man kaum mehr aus dieser Nummer herauskommen.
Kritisiert wird auch, dass Kaufmann in einem Brief alle Mitglieder aufforderte, Vorschläge zu machen, wenig später selbst schon einen Vorschlag machte und signalisierte, sich für ihn auf jeden Fall zu verkämpfen. Pikanterweise hatte Kaufmann den Auftrag zum Briefschreiben in der Kreisvorstandssitzung am 10. Januar erhalten, an der er urlaubshalber nicht teilnahm. Die Absicht war aber eher, eine Spielwiese für die Mitglieder zu eröffnen, die Vorschläge dann abzuarbeiten und so den Wunsch der Basis nach einer Entscheidung am 17.März zu dämpfen. Was wirklich geschieht, bleibt offen, bis der Kreisvorstand am 27. Februar das Verfahren festlegt.