So jubelten die Christdemokraten bei der Wahlparty in Spielberg über den Einzug von Klaus Mack (vorne rechts neben dem bisherigen CDU-Abgeordneten Hans-Joachim Fuchtel) in den Bundestag. Foto: Kunert

Der Niedergang der beiden großen Volksparteien trifft im Wahlkreis Calw/Freudenstadt vor allem die CDU. Während die SPD seit 2005 – also dem Jahr, als Angela Merkel an die Macht kam – 7,7 Prozent der Zweitstimmen verlor, fielen die Verluste der Christdemokraten mit 14,9 Prozent fast doppelt so hoch aus. Fürs Direktmandat reichte es trotzdem.

Nagold - Die Zeiten, als der CDU-Kandidat im Kreis Calw sich bei Wahlen scheinbar mühelos der 50-Prozent-Marke näherte und die Frage, wer das Direktmandat holen würde, schon mit der parteiinternen Aufstellung des CDU-Kandidaten erledigt schien – diese Zeiten sind längst vorbei. Bei der Wahlparty im Sonntagabend fieberten die Kreis-CDU-ler mit ihrem Kandidaten Klaus Mack förmlich mit, ob er den Direkteinzug ins Parlament schaffen würde. Ein zweites Netz – wie etwa seine politische Konkurrentin Saskia Esken, die bei der SPD auf Landeslistenplatz 1 abgesichert war – hätte Mack nicht gehabt, wenn er in der Wählergunst durchgefallen wäre. Entsprechend frenetisch fiel der Jubel in Spielberg aus, als der Sieg feststand. Der amtierende Wildbader Bürgermeister holte indes nicht an seinem Wirkungsort die meisten Zweitstimmen.

Von wegen Amtsbonus als Schultes: In Wildbad bekam er sogar unterdurchschnittliche 27,8 Prozent (kreisweit waren’s 28,3), dafür gaben ihm die Kurstädter bei der Erststimme ansehnliche 43,8 Prozent. Getoppt wurde dieses Ergebnis für Mack lediglich in Enzklösterle, Macks erste Schultes-Station, wo er 55,2 Prozent der Erststimmen erhielt.

Von wegen Amtsbonus als Schultes

Auch in den einstigen CDU-Hochburgen wie zum Beispiel Simmersfeld musste Mack kräftig Federn lassen: minus 11,5 Prozent, aber mit 35,7 Prozent noch eines der besten Ergebnisse für die Union. Am schwächsten schnitt die CDU in Dobel (22,6) und in Unterreichenbach (23,7 Prozent) ab.

"Wir sind der Wahlsieger. Punkt!", hatte Daniel Steinrode, SPD-Fraktionschef im Nagolder Gemeinderat, bei der SPD-Wahlparty im Nagolder "Forum" proklamiert. Auf Bundesebene mag dies gelten, im Kreis Calw ist man nur die zweistärkste politische Kraft mit 18,9 Prozent (plus 4,5). Immerhin: Man hat seit der letzten Wahl einen Platz gut gemacht und die AfD, damals Zweitplatzierter, deutlich überholt.

Wie ihr Konkurrent Klaus Mack in Wildbad landete auch SPD-Kandidatin und Bundesvorsitzende Saskia Esken in ihrer Heimat Bad Liebenzell unter Kreis-Durchschnitt: magere 17,3 Prozent der Zweitstimmen und nur 16,2 Prozent der Erststimmen. Viel besser schnitt sie in der Kurstadt Bad Herrenalb (22,8 Prozent) und in Höfen (22,6) ab. Insgesamt legte die SPD kreisweit um 4,5 Prozent seit 2017 zu. Ein Trend, der sich quer durch die Landkreiskommunen zieht.

Eine mögliche Erklärung für den Erfolg der Genossen hat Manfred Stehle parat: Scholz habe "mit seinem pragmatischen Kurs der Mitte und seiner faktischen Absage an ein Linksbündnis" viele Wähler "zur SPD zurückgeholt", meint Stehle. Der Althengstetter ist seit mehr als 50 Jahren SPD-Mitglied, war unter anderem Amtschef im Ministerium für Integration und im Kultusministerium der grün-roten Landesregierung. Klare Botschaft des Wahlergebnisses sei, "dass es in der Bundesrepublik keine Mehrheit für linke und rechte Experimente gibt", ist er überzeugt. Die Mehrheit wolle eine Koalition der Mitte, die den Wirtschaftsstandort Deutschland stärke, Arbeitsplätze sichere und den ökologischen Wandel voranbringe.

Grüne warten weiter auf Höhenflug

Weiter auf einen Höhenflug warten die Grünen im Kreis, die zwar um 1,5 Prozent zulegten, aber mit 11,4 Prozent der Zweitstimmen dem Bundestrend mehr als drei Prozent hinterherhinken. Grüne Hochburgen sind Simmozheim (16,0), Ostelsheim und Gechingen mit jeweils 15,1 Prozent. Wenig zu holen gibt es für die Umweltpartei traditionell in Haiterbach (7,6) und Egenhausen (6,6 Prozent). Grünen-Kandidatin Sara Haug zog gleichwohl eine positive Wahlbilanz: "Das grüne Ergebnis zeigt, dass eine immer größer werdende Gruppe an Menschen erkennt, wie wichtig eine klimaschutzorientierte, grüne Politik ist."

Die Liberalen, traditionell stark im Landkreis, haben sich derweil als drittstärkste Kraft etabliert: 17,7 Prozent bedeuten ein Plus von 3,4 Prozent. Am besten schnitten die Freidemokraten in Ostelsheim (21,2) und Simmersfeld (18,8 Prozent) ab, am schlechtesten in Neuweiler mit 9,4 Prozent.

Völlig abgeschmiert sind im Kreis die Linken, die in kaum einer Kommune die Drei-Prozent-Hürde schaffen. Nur in Unterreichenbach (3,4) gelingt ihnen dies noch. Der Stimmenanteil der Linken hat sich kreisweit seit 2017 mehr als halbiert.

Und auch für die AfD, bei der letzten Wahl im kreisweiten Parteienranking noch auf Platz 2, wachsen die Bäume nicht in den Himmel: Nur ihr Abschneiden in Haiterbach (16) und Altensteig (15,9 Prozent) erinnern an den Höhenflug vor vier Jahren. Im traditionell sozialdemokratischen und grünen Simmozheim schnitt die AfD am schlechtesten ab: 7,8 Prozent.

Immerhin: Mit 12,9 Prozent hat man heuer die Bundespartei deutlich überflügelt. Für Kandidat Marcus Lotzin reichte es dennoch nicht zu einem Abgeordnetenmandat: Auf der zwölfköpfigen Landesliste der AfD war er nicht abgesichert.

Klaus Mack will Wahlkreisbüro eröffnen

Bereits am Montag, dem Tag nach seiner Wahl in den Bundestag, war Klaus Mack auf dem Weg nach Berlin. Beim Telefongespräch mit unserer Redaktion stand er gerade im Stau kurz vor dem Flughafen. Alle neuen Abgeordneten seien nach Berlin gerufen worden, erzählte er. Dort findet dann am Dienstag die erste Sitzung statt, am Mittwoch folgt noch ein Einführungsseminar für die neuen Abgeordneten, bevor Mack dann am Donnerstag wieder zurückfliegt, um seine Amtsübergabe an die Bürgermeisterstellvertreter in Bad Wildbad vorzubereiten.

Dann gilt es für ihn natürlich, die Weichen zu stellen. Zunächst will er ein Wahlkreisbüro eröffnen. Da müsse er aber erst sondieren, im Wahlkampf habe er sich auf andere Dinge konzentriert. Auch eine Wohnung in Berlin will er suchen, auch wenn er weiter viel Zeit in Bad Wildbad und seinem Wahlkreis verbringen möchte: "Mein Ziel ist es, für die Region was zu erreichen." Das sei auch in seinem Wahlkampf honoriert worden.

Und natürlich ist er gespannt auf die "neue Welt" in Berlin, auch wenn er in der Übergangszeit auf die Erfahrungswerte seines Vorgängers Hans-Joachim Fuchtel zurückgreifen könne. Bei früheren Besuchen in Berlin habe er zudem schon Kontakte zur Landesgruppe geknüpft und "geschaut, Netzwerke frühzeitig zu knüpfen

Das Ergebnis im Bund "kann uns nicht zufriedenstellen", so Mack weiter. Dennoch sollte die CDU eine "Regierungspartei nie ausschließen". Man sollte vielmehr Verantwortung übernehmen, wenn es geht und die Partei in möglichen Koalitionsgesprächen ihre Inhalte umsetzen könne. "Herr Scholz ist noch lange nicht Kanzler", sagte Mack abschließend, bevor er sich dann in den Flieger in Richtung Hauptstadt setzte.