Kathrin Sauer (hier auf der Terrasse des Pfarrhauses in der Ringstraße auf dem Lindenhof) hat ihre Habseligkeiten gepackt und zieht weiter. Schwerer als die Kisten wiegt die Trauer, die weiterhin bewältigt werden muss. Zum Abschiedsgottesdienst am 2. Oktober kehrt sie noch einmal zurück. Foto: Fahrland

Seit dem überraschenden Tod ihres Mannes befand sich die Pfarrerin der evangelischen Kirchengemeinde Kathrin Sauer im Krankenstand. Nun beendet sie ihre Dienstzeit in Oberndorf am 31. August. Wie es für sie weitergeht, erzählt sie im Gespräch.

Oberndorf - "Mein Abschied von Oberndorf hat ausschließlich mit meiner privaten Situation und nicht das geringste mit der Gemeinde zu tun", betonte Kathrin Sauer kurz vor ihrem Umzug am 23. August nach Rottenburg in einem sehr offenen, persönlichen Gespräch mit dem Schwarzwälder Boten.

Zum 1. September tritt sie auf eigenen Wunsch eine Halbtagsstelle als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Evangelischen Institut für Berufsorientierte Religionspädagogik (EIBOR) bei der Evangelisch-Theologischen Fakultät an der Eberhard-Karls-Universität in Tübingen an.

Im Ausnahmezustand

Seit dem überraschenden Tod ihres Ehemanns an seinem 46. Geburtstag Anfang Dezember letzten Jahres befand sich Kathrin Sauer aufgrund dieses Schicksalsschlags im Krankenstand. Aus der Gemeinde habe sie viel Anteilnahme und berührende Karten erhalten.

Zunächst wohnte sie für einen Monat komplett bei den Schwiegereltern, um sich gegenseitig Halt zu geben. Familie, Freunde und eine einfühlsame, professionelle Trauerbegleiterin, die sie jedem in einem solchen Ausnahmezustand ans Herz legen würde, halfen ihr dabei, die letzten Monate zu überstehen.

"Ich bin noch nicht soweit"

Kathrin Sauer gewöhnte sich regelmäßige sportliche Aktivitäten wie Yoga, Laufen und Schwimmen an, um die Schockstarre zu lösen und wieder zu sich selbst zu finden. "Ich mochte die Lebendigkeit als Pfarrerin, doch die Trauer hat mich verändert. Ich bin noch nicht so weit, die Gemeindeglieder bei Taufen, Hochzeiten und Beerdigungen durch die Höhen und Tiefen des Lebens zu begleiten und möchte es nun beruflich etwas ruhiger angehen lassen", erklärt die Seelsorgerin Kathrin Sauer, die die Tiefen des Lebens schmerzlich am eigenen Leib erfahren hat und selbst der Seelsorge bedarf.

Trauerbewältigung noch nicht abgeschlossen

Im Mai 2019 war sie mit ihrem Mann ins Pfarrhaus eingezogen und versah die Pfarrstelle, die sie zuvor im unständigen Dienst zu 50 Prozent betreut hatte, fortan im Rahmen einer 100-Prozent-Stelle.

Im April 2021, mitten in der Corona-Zeit, fanden ihre Investitur und ihre Verbeamtung auf Lebenszeit statt. "Wir hatten Pläne, die mit meinem Mann gestorben sind", gesteht Sauer ganz offen. Die Trauerbewältigung sei noch nicht abgeschlossen, doch sie freue sich nun auf die neue Aufgabe, die ihr der Oberkirchenrat im Juli angeboten hat.

Dankbar für das Erlebte

Dankbar blickt die 37-Jährige auf die hervorragende Zusammenarbeit mit den kirchlichen Mitarbeitern, dem Kirchengemeinderat und dem Vorsitzenden Thorsten Sosinski zurück.

Die Bewältigung zahlreicher Sondersituationen seit September 2018, als Kathrin Sauer mit einem Dienstauftrag über 50 Prozent erste Vertretungsdienste in Oberndorf übernahm, schweißte zusammen.

Der Kirchengemeinderat formierte sich 2019 neu nach intensiver Kandidatensuche. Auch an der Umsetzung des Pfarrplans 2024 war Sauer beteiligt. Es bereitete ihr Freude, mit den Gemeindegliedern auf Glaubenswegen unterwegs zu sein und das Leben im Kirchenjahr zu gestalten. Und nirgendwo habe sie eine unkompliziertere Ökumene erlebt, lobt Sauer die Zusammenarbeit mit der katholischen Kirchengemeinde.

Auch Geburtstagsbesuche und Trauerbegleitung habe sie stets gerne gemacht. "Die konkreten Erfahrungen in der Gemeinde haben mich zur richtigen Pfarrerin werden lassen", sagt Sauer rückblickend.

Neue Perspektive

"Wir haben auch in schwierigen Zeiten gemeinsam viel hinbekommen", bestätigt Thorsten Sosinski, der den Abschied zwar bedauert, sich aber dennoch für Kathrin Sauer über die neue Perspektive freut. Den Kontakt habe man auch während der Trauermonate nie abreißen lassen und sich in wichtigen Angelegenheiten abgestimmt.

Sauer ist froh, dass die Gemeindearbeit während ihrer Abwesenheit vom Kirchengemeinderat und Kollegen fortgesetzt wurde. Sie ist dankbar, dass viele Kollegen auf der Kanzel, bei den Kasualien, beim Religionsunterricht in der Schule und in der Seelsorge eingesprungen seien. "Alle hielten mir den Rücken frei, damit ich mit der Situation umgehen konnte."

Pfarrstelle wird neu ausgeschrieben

Das Wissen, dass eine Pfarrerin zur Dienstaushilfe kommt, um die pfarramtlichen Aufgaben und die seelsorgerliche Begleitung zu übernehmen, macht ihr den Abschied leichter. Voraussichtlich im November wird die Pfarrstelle neu ausgeschrieben.

Aufgrund der Ferienzeit wird die offizielle Verabschiedung beim Erntedankgottesdienst am 2. Oktober stattfinden. Gleichzeitig wird Christine Siegl vorgestellt, die ab Oktober als Pfarrerin in Dienstaushilfe eine 50-Prozent-Stelle in der Gemeinde übernehmen wird.