Wegen Beleidigungen hat sich ein 55-Jähriger zu einem Messerstich hinreißen lassen. (Symbolfoto) Foto: rootstocks – stock.adobe.com

Zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten auf Bewährung wurde ein 55-Jähriger Albstädter infolge einen gefährlichen Körperverletzung verurteilt. Die Bewährungsauflage sieht zudem 40 Stunden gemeinnützige Arbeit vor.

Albstadt-Ebingen - Verurteilt wurde der Angeklagte, weil er am 11. Dezember 2019 gegen 9 Uhr einen heute 62-Jährigen in der Ebinger Raidenstraße nahe der Sparkasse beleidigt, bespuckt und mit einem Messer in den Rücken gestochen haben soll, so die Anklage der Staatsanwaltschaft.

Wie kam es zu dem Gewaltausbruch? Bei der Hauptverhandlung im Ebinger Amtsgericht wurde schnell klar, dass der Konflikt zwischen den Streithähnen und einem Bekannten des Opfers schon länger schwelt. Der Messerstich sei lediglich die Spitze des Eisbergs gewesen. Der Angeklagte gab an, zum Tatzeitpunkt vom Opfer und dessen Bekannten mit ausländerfeindlichen Beleidigungen angegangen worden zu sein. Weil die Beleidigungen wegen seiner balkanischen Staatsangehörigkeit seit Jahren kein Ende gefunden hatten, seien bei ihm die Sicherungen durchgebrannt. Der Angeklagte gestand die Tat. Er habe zunächst seine Kontrahenten bespuckt und ebenfalls mit Kraftausdrücken beleidigt. Das sei dann aber dem Opfer zu viel geworden. Nach den Schilderungen des Täters zog ihn der 62-Jährige am Schlafittchen auf die gegenüberliegende Straßenseite, verpasste dem Täter ein paar Ohrfeigen und einen Faustschlag ins Gesicht. Anschließend drückte das Opfer den Täter in die naheliegende Hecke.

Wutentbrannt und aus Angst zog der 55-Jährige Täter ein Klappmesser, stach seinem Gegenüber mit der Klinge in den Rücken und rannte davon. Zunächst fiel dem Opfer seine Verletzung überhaupt nicht auf. Erst als ihn sein Kumpan, der das Geschehen von der anderen Straßenseite verfolgte, auf seinen blutgetränkten Pullover hinwies, war ihm das Ausmaß der Tat klar.

Das Resultat: Ein drei Zentimeter tiefer und zwei Zentimeter breiter Stich in den Rücken, der eine stationäre Behandlung im Krankenhaus zur Folge hatte. Wie das Opfer bei der Verhandlung angab, habe er ein halbes Jahr mit der Verletzung zu kämpfen gehabt und konnte nicht auf dem Rücken liegen. Der Täter bereut seine Tat und gab an, dass die ständigen Beschimpfungen das Fass zum Überlaufen gebracht hätten.

Das war auch der Grund, weshalb der Verteidiger des Angeklagten auf Freispruch seines Mandanten plädierte. Das Opfer sei ebenfalls kein Kind von Traurigkeit gewesen, wenn es um Gewalt ginge. Schließlich sei der Täter von den Ohrfeigen und Fausthieben ebenso gezeichnet gewesen. Der Messerstich sei lediglich Notwehr infolge der Anfeidungen durch das Opfer gewesen.

Als Notwehr lässt die Richerin die Tat nicht durchgehen

So wollte es die Richterin nicht durchgehen lassen. Eine gefährliche Körperverletzung in einem minder schweren Fall könne man aber durchaus annehmen. Das Gesetzbuch sieht für diese Tat eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren vor. Weil der Täter die Tat eingestand und sich für sein Vergehen entschuldigte – sein Strafregister ist zudem bisher lupenrein – sei das geringe Strafmaß tat- und schuldangemessen. Da der Täter keiner Arbeit nachgeht, muss er dazu 40 Stunden gemeinnützige Arbeit leisten. Die Richterin bescheinigte dem Angeklagten aber ein geregeltes Leben, wodurch nicht davon auszugehen sei, dass er seine Bewährungsauflagen missachte. In den kommenden zwei Jahren darf der 55-Jährge nicht strafrechtlich relevant auffallen – sonst geht es ins Gefängnis.

Opfer und Täter können sich aber bis zum heutigen Tag in keiner Weise ausstehen. Die Nachbarn treffen sich gelegentlich auf der Straße, und konfliktfrei geht keine Begegnung über die Bühne. Das Opfer warf dem Angeklagten sogar vor, seit Wochen auf ihn und seinen Bekannten eingeredet zu haben, damit sie keine Aussage vor Gericht tätigen. Der Angeklagte wies den Vorwurf von der Hand und betonte, dass das Verhältnis sich seit vergangenem Jahr gebessert habe.