Durch die Kirche St. Elisabeth hat Pfarrer Hans-Joachim Fogl seine Gäste, darunter vor allem Muslime, geführt. Foto: Eyrich

Großes Interesse bringen die Muslime des Caritas-Treffs der Kirche entgegen, wie die Führung des Pfarrers von St. Elisabeth gezeigt hat. Dabei haben sie etliches erfahren, was wohl auch viele Einheimische noch nicht wussten.

Albstadt-Tailfingen - Dürfen katholische und evangelische Christen einander heiraten? Was kostet eine kirchliche Trauung? Und wo findet sich Tailfingens textile Stadtgeschichte in der Kirche St. Elisabeth wieder? Diese und viele weitere Fragen hat Pfarrer Hans-Joachim den Teilnehmern seiner Kirchenführung in der Patronatskirche der katholischen Kirchengemeinde Tailfingen beantwortet. Das Besondere: Die meisten von ihnen sind Muslime und unternehmen mit Anne Tulke und Elisa Alber von der Caritas Schwarzwald-Alb-Donau öfter mal einen Ausflug, um ihre Wahlheimat und ihre Kultur besser kennenzulernen. Mit Pfarrer Fogl waren sie schon mal in einem Kloster – nun wollten sie seine Kirche kennenlernen.

Die Königstochter hat Wunder gewirkt

Und die hat es in sich, auch wenn sie als Kind der Bauhaus-Ära eher schlicht wirkt. Dafür hat sie eine berühmte Namenspatronin, die Königstochter Elisabeth aus Ungarn, die mit dem Markgrafen von Thüringen verheiratet worden war und sich so gut um die Armen kümmerte, dass sie heilig gesprochen wurde. Warum wird sie mit Brot und Rosen dargestellt, etwa am Kirchenportal? Als sie Brot zu den Bedürftigen bringen wollte und ihr Mann sie fragte, was sie im Korb habe, sagte sie "Rosen", und so war’s dann auch. Ein Wunder.

Beim Betreten öffnet sich der Himmel

1933 habe der Kirchenbau begonnen, 1934 war St. Elisabeth eingeweiht worden, erzählt Fogl, für den sich "der Himmel öffnet", wenn er sie betritt. Das liegt weniger an den zwölf Säulen links und rechts – so viele, wie es Apostel gibt –, sondern vielmehr an den riesigen bunten Fenstern hinter dem Altar, der vor dem Zweiten Vatikanischen Konzil näher an ihnen stand, der Pfarrer damals mit dem Rücken zur Gemeinde. Nach dem Konzil hatten sich die Kirche und ihre Diener mehr den Gläubigen zugewandt, war der Altar nach vorne gerückt. Für Fogl ist der Opfertisch, den auch andere Religionen kennen, ein "Symbol für Christus: Jesus als Fels, als Eckstein, als lebendiger Stein – Jesus in unserer Mitte."

Die Heiligen im Geheimfach

Dann schlägt er die Altardecke zurück, unter der sich ein Geheimfach versteckt. Reliquien – Gebeine von Heiligen – seien in jedem Altar, so Fogl. Das sei der Grund, aus dem der Priester den Altar küsse, wenn er an ihn tritt. Gott selbst jedoch – der wohne im Tabernakel, dem Schrein hinter dem Altar. "Vom Messwein bleibt nach dem Gottesdienst nichts übrig", verrät der Pfarrer, "aber von den Hostien", und die würden darin aufbewahrt für Krankenkommunionen.

Das Geheimnis war nur für Getaufte

Dann gibt es da noch den Ambo, den "Altar des Wortes", an dem das Evangelium verkündet, die Fürbitten gesprochen und die Predigt gehalten werde. Der Taufstein steht in St. Elisabeth vorne, anders als in alten Kirchen, denn früher seien – wie in Singapur, wo Fogl 16 Jahre lang gewirkt hatte – oft Erwachsene getauft worden. "Das Geheimnis des Glaubens war nur für Getaufte, daher waren vor dem Glaubensbekenntnis die Türen geschlossen und nicht Getaufte ausgeschlossen worden.

Engel kennt auch der Islam

Heute hingegen werden Christen meist schon als Babies getauft – im weißen Kleid, als Zeichen dafür, dass sie von der Erbsünde befreit werden. Als Fogl von Erstkommunion und Firmung – der Glaubensmündigkeit – spricht, entspinnt sich ein munterer Dialog mit den Muslimen über ihre Feste, ehe die Gäste, vorbei an den Kreuzweg-Stationen, nach vorne kommen dürfen, um die herrlichen bunten Fenster mit den Engeln darauf zu bestaunen – Wesen, die auch der Islam kennt.

Einer hat sie noch alle gekannt

Im linken der elf Fenster, ganz unten, entdecken sie die Kirche St. Elisabeth, die Häuser von Tailfingen und davor Menschen mit Tuch und Spindel in den Händen: Zeichen der textilen Geschichte der Stadt, die bis 1974 selbstständig war. Im rechten Fenster ganz unten wird an die Toten des Ersten Weltkriegs erinnert – an die des Zweiten Weltkriegs hinten, an der Wand der Marienkapelle, in der Nische mit der Pieta, der trauernden Mutter Gottes, die den toten Christus hält. "Ein betagter Tailfinger hat mir erzählt, dass er sie alle kannte", sagt Fogl: "Er war damals als Ministrant bei allen Beerdigungen dabei."

Heiraten geht auch ohne Staat

Zum Kaffeekränzchen ziehen die Besucher dann in den Saal unter der Kirche, vorbei am Kastanienbaum, mit dem es eine besondere Bewandtnis hat: Kastanien seien damals vor den Häusern der Nazi-Gegner gesetzt worden, weiß eine Teilnehmerin von Axel Pflanz, dem langjährigen Ersten Bürgermeister Albstadts, der als Chef der Wohnungsbaugenossenschaft das neue Mehrfamilienhaus Am Markt so hat planen lassen, dass die Kastanie davor stehen bleiben kann. Bei Erdbeerkuchen und Mohnzopf wollen die Muslime dann noch vieles von Pfarrer Fogl wissen, etwa übers Heiraten. Und sie erfahren, dass Katholiken auch Protestanten heiraten dürfen, nichts für die Trauung bezahlen müssen – und manche sogar ohne standesamtliche Trauung vor den Altar treten. Weil es ihnen reicht, vor Gott verheiratet zu sein. Fogl zwinkert und ergänzt, was der andere Grund ist: "Meist betrifft es Senioren, die ihre Witwenrente nicht verlieren wollen."