Die Anklageschrift im Fall der Lea-Tumule liegt auf einem Tisch im Gerichtssaal in Hechingen. Vier Männer, Syrer und Iraker, wird schwerer Landfriedensbruch, Körperverletzung und Sachbeschädigung vorgeworfen. Foto: Maier

Auftakt der Verhandlung am Landgericht Hechingen wegen schwerer Auseinandersetzungen im vergangenen November.

Meßstten/Hechingen - Das gerichtliche Nachspiel der schweren Tumulte in der Landeserstaufnahmestelle für Flüchtlinge in Meßstetten (Lea) im vergangenen November könnte schneller beendet sein als gedacht. Zum Auftakt am Landgericht Hechingen bot der Vorsitzende Richter Breucker eine Verständigung an.

Vier Angeklagte, vier Dolmetscher, vier Verteidiger, drei Richter, zwei Schöffen, ein Staatsanwalt, neun Fortsetzungstermine, an denen laut derzeitigem Plan 64 Zeugen gehört werden sollen – die juristische Aufarbeitung des Geschehens stellt sich zumindest auf dem Papier als umfangreich dar. Doch wie es aussieht, könnte es nun ganz schnell vorbeigehen: Nach der Verlesung der Anklage durch Oberstaatsanwalt Beiter, Beratungen der vier angeklagten Männer mit ihren Verteidigern und dem Angebot von Richter Breucker auf eine Verständigung könnte es möglicherweise zu einem solchen "Deal" kommen, der eine Besonderheit im Strafrecht ist und, soweit man sich einig wird, für alle Seiten Vorteile bietet: Das Gericht müsste nicht in die aufwendige Beweisaufnahme eintreten, die Geständnisse der Angeklagten würden sich deutlich strafmildernd auswirken, mit möglicherweise positiven Folgen in der Frage, ob die Beteiligten weiterhin in Deutschland bleiben können. Ob es zu einer Verständigung kommen könnte, soll vor dem Fortsetzungstermin am Freitag, 6. Mai, sondiert werden.

Die Staatsanwaltschaft wirft den vier Männern, zwei Syrer und zwei Iraker im Alter von 15 bis 39 Jahren, schweren Landfriedensbruch, gefährliche Körperverletzung und Sachbeschädigung vor; einer der Männer, ein Iraker, sitzt in Untersuchungshaft, weil er der Rädelsführer bei den schweren Unruhen am Abend des 13. November 2015 in der Meßstetter Lea gewesen sein soll.

Wegen einer Nichtigkeit – eines Brötchens – war die Situation an der Essensausgabe in der Mensa der damals mit rund 3000 Menschen völlig überbelegten Lea eskaliert. Bis heute ist unklar, wie viele Flüchtlinge genau an den Randalen beteiligt waren – die Staatsanwaltschaft geht von 50 bis 80 aus, am Tag des Geschehens hatte die Polizei von 200 bis 300 Beteiligten gesprochen. Die Wut der Flüchtlinge richtete sich insbesondere gegen einen Securitymitarbieter. 100 Polizisten waren samt Hubschrauber im Einsatz.

Die konkrete Tatbeteiligung glaubt die Staatsanwaltschaft nach den umfangreichen und schwierigen Ermittlungen der Polizei – unter anderem auch durch Handy-Videoaufnahmen – nun den vier angeklagten Männer nachweisen zu können. Der Hauptangeklagte sowie ein weiterer Iraker sollen die Menge aufgestachelt und durch den Wurf eines Wackersteins eine Scheibe eingeworfen haben; zugleich aber soll der Hauptangeklagte später versucht haben, die aufgebrachten Menschen wieder zu beruhigen. Den beiden angeklagten Syrern wird vorgeworfen, sich an den Tumulten maßgeblich beteiligt zu haben sowie jeweils Steine gegen eine Verwaltungsmitarbeiterin und einen Securitymitarbeiter geworfen zu haben, wodurch diese verletzt wurden. Zudem gingen bei den Tumulten zahlreiche Fensterscheiben zu Bruch, den Sachschaden beziffern die Ermittler auf rund 4500 Euro.  Die Verhandlung wird am Freitag, 6. Mai, 9 Uhr, am Landgericht Hechingen fortgesetzt.