Ausgangspunkt der Flucht: Kurz vor dem Rottweiler Bahnhof wurden die zwei Opfer überfallen und verletzt. Foto: Roth

Das Urteil ist gesprochen: Vor dem Landgericht Rottweil wurde die fünfköpfige Gruppe, die im Februar diesen Jahres zwei Männer auf einer Zugfahrt von Horb nach Rottweil ausgeraubt hat, zu Haftstrafen mit unterschiedlichen Dauern – teilweise auf Bewährung – verurteilt. Weil Drogen mit im Spiel waren, sind die Strafen mit Suchttherapien verknüpft.

Kreis Rottweil - Letztlich hat der Prozess gegen die fünf Angeklagten vor der Ersten Großen Jugendkammer des Rottweiler Landgerichts länger gedauert als geplant. Das Urteil ist nun am Dienstagnachmittag gefallen:

Ein 19-Jähriger, der am Raub maßgeblich beteiligt war, wurde zu drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Seinen Kumpanen, der für Faustschläge und Tritte verantwortlich war, erwarten drei Jahre hinter Gittern. Ebenfalls am Raub beteiligt war ein weiterer 20-Jähriger, der drei Jahre und acht Monate Haft aufgebrummt bekam. Bewährungschancen bekommen die übrigen zwei Täter: Weil sie dem Tatgeschehen nur passiv beiwohnten, wurden sie zu zwei Jahren, respektive ein Jahr und sechs Monate auf Bewährung verurteilt. Alle Strafen wurden nach dem Jugendstrafrecht verhängt und je nach Einzelfall wurden Entzugstherapien und Suchtberatungen verordnet.

Der Staatsanwalt hatte in seinem Plädoyer jeweils geringfügig höhere Strafen gefordert und auf die Bewährungschance für die letztgenannten Angeklagten verzichtet.

Was haben die fünf Täter verbrochen? Am 28. Februar diesen Jahres raubten die Angeklagten auf einer nächtlichen Zugfahrt von Horb nach Rottweil zwei Männer aus. Auch Fäuste flogen in der Regionalbahn kurz vor der Endstation am Rottweiler Bahnhof. Neben erheblichen Verletzungen entstand auch ein wirtschaftlicher Schaden: Die fünf jungen Täter ließen die Geldbörsen, Smartphones und sogar den E-Scooter eines der Geschädigten mitgehen, die blutverschmiert im Zugabteil zurückblieben. Die Männerclique floh anschließend in Richtung Rottweiler Stadtmitte. Wenige Wochen später wurden die Täter allerdings dingfest gemacht.

Täter sind Corona-Opfer

Der Richter begründete das beträchtliche Strafmaß wie folgt: Zwar müsse man den Tätern zu Gute halten, dass sie sich vor Gericht geständig zeigten und der exzessive Drogenkonsum vor dem Raub die Hemmschwelle für eine Straftat senkte, dennoch sei das brutale Vorgehen der teilweise Vorbestraften nicht zu tolerieren. Die Verurteilten seien aber auch der Coronavirus-Pandemie zum Opfer gefallen: Der Kontakt zu den Bewährungshelfern brach ab und der Teufelskreis nahm seinen Lauf. Das Jugendstrafrecht sei anzuwenden, da alle Angeklagten um die Jahrhundertwende geboren seien und in ihrer Entwicklung noch nicht mit Erwachsenen gleichzustellen seien.

Schul- und Ausbildungsabbrüche, Trennung der Eltern und frühere Verurteilungen kennzeichnen die Lebensläufe der Verurteilten. Ein Leben auf eigenen Beinen sei daher ohne Entzugstherapie nicht vorstellbar, erklärt der Richter. Schulden aus früheren Verurteilungen kämen hinzu.

Apropos Drogen: Diese waren Auslöser des Streits im Zug und spielten eine erhebliche Rolle. Die Verteidiger der Angeklagten plädierten in ihren Schlussvorträgen, dass die vermeintlichen Opfer ebenfalls aus dem Drogenmilieu stammten. Das Verlangen nach Drogen – diese hätten die Fahrgäste mitgeführt – habe die Situation erst eskalieren lassen.

Für den Richter war klar, dass sich Opfer und Täter kannten.

Es stellte sich heraus, dass die Angeklagten auf der Heimfahrt von einer Party am Schlossplatz in Stuttgart waren. Dort seien die fünf jungen Männer – wie im Prozessverlauf ermittelt wurde – bereits negativ durch Alkohol- und Rauschgiftkonsum aufgefallen.

Drogeneinfluss erheblich

Der erhebliche Einfluss von Drogen war auch die Hoffnung der Angeklagten und deren Verteidiger auf ein milderndes Strafmaß. Ihr Schlusswort vor der Verurteilung war deshalb diesem Thema gewidmet. Sie seien nicht mehr Herr über sich selbst gewesen. Mit klarem Verstand wäre die Tat niemals vorgefallen. Sie hofften mit Therapien und Beratungen bei der Agentur für Arbeit, um ein geordnetes Leben auf die Reihe zu bekommen. In der Untersuchungshaft hätten sie die Zeit zum Nachdenken genutzt. Die Verteidiger der Angeklagten waren sich einig: Nur aus der Gruppe heraus sei es zu der Tat gekommen. Sich vor ihren Feunden profilieren zu müssen, sei eine Schwäche der Täter.

Die Reue kommt zu spät: Der Richter verwies bei der Urteilssprechung auf die kriminelle Vorgeschichte der fünf Männer, die reich an Drogendelikten und Ruhestörungen, aber auch Körperverletzungen ist. Zwei der Angeklagten begingen den Raub gar in ihrer Bewährungszeit. Da sich gezeigt habe, dass all diese Vorwarnungen vergeblich waren, seien Haftstrafen nun die logische Folge, so der Richter.