Drangvolle Enge in den Bussen zu Corona-Zeiten. Für die Organisation von Verstärkerfahrten hätte es eine längere Vorlaufzeit gebraucht, sagt der VVR. Foto: Arnold

Zeit für Planung offenbar zu knapp. Bedarf auf den Linien steht noch nicht fest. Eventuell "nachsteuern".

Kreis Rottweil - Kann in Bezug auf die zu vollen Schulbusse im Kreis noch nachgesteuert werden? Der Verkehrsverbund Rottweil (VVR) sagt, dass die bisherige Vorlaufzeit seit Bekanntwerden des Landesförderprogramms zu kurz gewesen sei. Die erste Schulwoche sei außerdem "nicht repräsentativ".

Dass der Ärger der Bürger zum Thema Schulbusverkehr hohe Wellen schlägt und dass auf unserer Facebookseite Schwarzwälder Bote Rottweil geäußerte Stimmen erboster Bürger dazu "unreflektiert" von uns wiedergegeben werden, kommt beim Verkehrsverbund Rottweil (VVR) nicht gut an. Dies seien "einzelne Kundenmeinungen", die außerdem zum Teil "polemischer Natur" seien, so Stefan Heinzmann, Leiter der VVR-Geschäftsstelle Villingen. Er stellt auf unsere Anfrage hin nun seine Sicht der Dinge dar.

"Leider ein alljährliches Problem"

Grundsätzlich seien gelegentliche Kapazitätsprobleme an den ersten Schultagen "leider ein alljährliches Problem". Eine Hauptursache seien da wohl auch unterschiedliche und abweichende Unterrichtszeiten in den ersten Schultagen. "Der öffentliche Linienverkehr ist ja kein Schulbusbetrieb, der mal so einfach umdisponiert werden kann. Es gelten Jahresfahrpläne, die die Verkehrsbedürfnisse aller Nutzergruppen möglichst gut abbilden und dabei auch noch finanzierbar sein sollen", so Heinzmann.

Die Verkehrsunternehmen müssen dann sehen, ob die regelmäßige Beförderung mit den eingesetzten Fahrzeugen möglich ist oder ob es dauerhafte Verschiebungen in der Nachfrage gibt, die eine Reaktion erfordern. "Verkehrsunternehmen nehmen die Rückmeldungen der Kunden ernst und prüfen diese", betont der Geschäftsstellenleiter . Man reagiere wenn möglich durch eine größere Fahrzeugkapazität oder gelegentlich auch eine Verstärkerfahrt. Das sei aber nicht immer und nicht überall möglich. "Zeitlich versetzte, gestaffelte Unterrichtszeiten wären da sehr hilfreich", sagt Heinzmann. Zudem gebe es – gerade in den ersten Schultagen – auch noch ein "nicht eingespieltes Schülerverhalten". Die Angebote, die es gibt, würden gelegentlich nicht so genutzt, wie es gedacht war.

Fahrer sind rares Gut

Zum Thema "Zusatzbusse" erläutert Heinzmann, dass man über den Landkreis eine Woche vor Schulbeginn über das Förderprogramm für den Einsatz zusätzlicher Verstärkerfahrten informiert worden sei und dies mit der Bitte um Prüfung, in wie weit dies möglich ist, an die Verkehrsunternehmen weitergegeben habe. Die Fahrten müssten dann vom Aufgabenträger bestellt werden. Wie schon die Verkehrsbehörde betont auch Heinzmann, dass die Organisation jedes Zusatzverkehrs eine gewisse Vorlaufzeit brauche. Die Rückmeldungen hätten gezeigt, dass nur "in sehr begrenztem Umfang" geeignete Fahrzeuge zur Verfügung stehen. Und: "In den Linienbusbetrieben sind die Fahrer weiterhin ein sehr knappes Gut." Fahrer aus anderen Produktionsbereichen müssten erst rekrutiert und mit der zu fahrenden Linie vertraut gemacht werden. Aushilfsfahrer stünden zudem erfahrungsgemäß häufig nur an Wochenenden zur Verfügung.

"Es erfordert also einiges an Planung und Organisation, bis ein Zusatzverkehr auf die Beine gestellt ist", betont Heinzmann. Und: Es sei momentan immer noch nicht bekannt, auf welchen Kursen eine Verstärkung sinnvoll wäre, was aber wiederum Voraussetzung für die Förderfähigkeit der Zusatzverkehre ist, da diese an bestimmte Besetzungsquoten gebunden ist.

Und wie geht es nun weiter? Laut Heinzmann beobachten die Verkehrsunternehmen die aktuelle Entwicklung auf ihren Linien und stehen im Kontakt mit dem Aufgabenträger, also dem Kreis, an welchen Stellen Verstärkerkurse eingesetzt werden sollen und ob diese organisiert werden können. Die erste Schulwoche sei dabei nicht unbedingt repräsentativ. "Die nächsten Wochen werden zeigen, wie es sich entwickelt und wie gegebenenfalls nachgesteuert werden kann."

Keine höheren Risiken

Da Mindestabstände im ÖPNV in Hauptverkehrszeiten nicht einzuhalten seien, gebe es die Pflicht zur Bedeckung von Mund und Nase. "Wir sind nach wie vor davon überzeugt, dass es bei der Nutzung von Bus und Bahn keine erhöhten Infektionsrisiken gibt", sagt Heinzmann mit Verweis auf eine aktuelle Studie des Robert-Koch-Instituts.

Ob sich die Lage nach den ersten Wochen entspannen wird? In den Vorjahren war dies durchaus zu beobachten. Das groß vom Land angekündigte Projekt Verstärkerbusse, in das zehn Millionen Euro investiert werden, dürfte daran im Kreis Rottweil jedoch eher geringen Anteil haben.

Wie viele Schüler werden im Bereich des VVR befördert?

Aktuelle Verkaufszahlen für September 2020 seien noch nicht bekannt, so Heinzmann. Im Juli 2020 seien es im VVR-Tarif verkaufte 7820 Schüler-MonatsCards gewesen.

Wie viele Fahrgäste dürfen im Mittelgang stehen?

Heinzmann sagt, das komme auf den Fahrzeugtyp an. Die Zahl der Sitz- und Stehplätze sei von der Zulassungsbehörde vorgeschrieben und Teil der Fahrzeugzulassung. Diese werde auch auf einem Schild im Fahrzeug angegeben. Bei Kontrollen der Polizei seien Beanstandungen in der Vergangenheit "die absolute Ausnahme" gewesen.