Miguel Klauß (AfD) hat den Einzug in den baden-württembergischen Landtag geschafft. Foto: Archiv

Bei der CDU hängt der Haussegen nach der Wahl schief. Das zeigt auch die Analyse des CDU-Bundestagskandidaten Klaus Mack. "Das landesweite Ergebnis kann uns in keinem Fall zufrieden stellen. Da muss die Partei im Land auch Konsequenzen ziehen. Wir brauchen dort jetzt einen Neuanfang, der auch von jungen, frischen Führungspersönlichkeiten geprägt wird", fordert Mack.

Kreis Calw - Für die Bundestagswahl sei entscheidend, dass man bis dahin aus Berlin Rückenwind und keinen Gegenwind bekomme, so der Bürgermeister von Bad Wildbad. Seine Erwartungen sind klar: "Ich erwarte jetzt, dass die Finanzhilfen für die Betriebe schneller ankommen und dass bis zum Herbst jeder, wie angekündigt, ein Impfangebot bekommt. Wenn es uns dann gelingt, die Wirtschaft wieder in Schwung zu bringen, haben wir für die Bundestagswahl eine gute Ausgangslage."

1179 Stimmen fehlen

Allen Grund zur Freude haben dagegen die Grünen im Kreis Calw. Mit 27,1 Prozent der Stimmen fuhren sie das beste Ergebnis aller Zeiten ein und legten um 2,6 Prozent im Vergleich zu den Landtagswahlen 2016 zu – stärker als die Partei im Land. Für das Direktmandat hat es zwar um 1,7 Prozent nicht gereicht, dennoch sagte der Kreisverbandssprecher Philipp Jourdan schon bei der virtuellen Wahlparty der Grünen beeindruckt: "So nah waren wir noch nie dran." Er sprach von einem "phänomenalen Tag für den Kreisverband".

Immer im Auge behielten die Grünen am Wahlabend auch das Abschneiden der Klimaliste. Sie strich lediglich 557 Stimmen ein und erzielte mit 0,8 Prozent das schlechteste Wahlergebnis unter allen Parteien im Landkreis. Beruhigend für die Grünen: Zum christdemokratischen Königsmacher wurde die Klimaliste nicht, denn der Rückstand des grünen Kandidaten Johannes Schwarz auf CDU-Mann Blenke betrug 1179 Stimmen. Es hätte also auch mit den Stimmen der Klimaliste nicht gereicht. Schon am Wahlabend sagte Jourdan über die neue Partei, die vor allem aus der "Fridays for future"-Bewegung heraus entstanden ist: "Wir ziehen am gleichen Strang. Es wäre schön, wenn wir die Klimaliste in unsere Arbeit integrieren könnten."

Zum Ausgleich beitragen

Trotz Verlusten ist die Stimmung beim AfD-Kreisverband Calw/Freudenstadt gut. Immerhin sitzt mit Miguel Klauß ein AfD-Mann aus dem Kreis Calw im neuen Landtag. "Der Kreisverband freut sich über den Erfolg seines Bewerbers Miguel Klauß und beglückwünscht ihn zu dem Erfolg", sagt der Pressesprecher der AfD-Kreisverbands Calw/Freudenstadt, Rodolfo Panetta. "Wir sind überzeugt, dass er in den kommenden Jahren in Stuttgart seinen Landkreis gut vertreten wird. Insbesondere wünschen wir uns, dass Miguel seine Stimme gegen die Zerstörung von Arbeitsplätzen durch technologiefeindliche Politik und gegen die Belastung der Bürger durch immer mehr Bürokratie erheben wird", so Panetta weiter. "Außerdem erhoffen wir uns, dass er vermehrt zu Ausgleich und stärkerer Geschlossenheit der neuen Fraktion beitragen wird.

Themen setzen

"Bei der Kreis-SPD müssen jetzt die Alarmglocken schrillen", meint Manfred Stehle zum Abschneiden der Genossen. Der Althengstetter ist seit mehr als 50 Jahren Mitglied der Partei, war unter anderem Ministerialdirektor (Amtschef) im Ministerium für Integration und im Kultusministerium der grün-roten Landesregierung. Was ihn besonders umtreibt: "Ausgerechnet in der Heimat der ehemaligen Kreisvorsitzenden, Bundestagsabgeordneten und sogar Bundesvorsitzenden hat die Partei mit 7,78 Prozent ein desaströses Wahlergebnis erzielt. Wer von den Wählerinnen und Wählern so abgestraft wird, kann nicht viel richtig gemacht haben", urteilt er scharf. Der zur Schau gestellte Optimismus und die Realität klafften weit auseinander. Der SPD gelinge es offenbar kaum noch, die Wähler zu erreichen. Sein Rat: "Wenn die Partei in die Erfolgsspur zurückkehren und wieder Volkspartei werden will, muss sie sich von linksideologischen Positionen verabschieden und Themen setzen, die in der bürgerlichen Mitte mehrheitsfähig sind und die vom Spitzenpersonal glaubwürdig vertreten werden können."

Vor Ort ins Zeug gelegt

"Ich war sehr gespannt auf den Ausgang der diesjährigen Landtagswahl. Wahlen sind immer für Überraschungen gut", sagt eine, die es wissen muss. Beate Fauser aus Neuhengstett zog 1996 als erste Liberale aus dem Kreis Calw in den Stuttgarter Landtag ein. Damals lag die FDP hinter CDU und SPD auf Rang drei, heute findet man sie nach Grünen, CDU und SPD mit etwas über zehn Prozent der Stimmen auf Rang vier. FDP-Kandidat Herbert Müller aus Nagold habe mit rund zehn Prozent der Stimmen – rund zwei Prozentpunkte mehr als 2016 – "ein tolles Ergebnis" erreicht. Vor allem, wenn man beachte, dass er innerhalb des Regierungsbezirks mit Kandidaten wie dem Pforzheimer Abgeordneten Hans-Ulrich Rülke konkurriert habe, die fast doppelt so viele Stimmen hätten auf sich vereinigen können. Müller habe sich vor Ort ins Zeug gelegt, "als Einzelkämpfer ist das gar nicht immer so einfach", erinnert sich Fauser. Es gelte, die Themen vor Ort zu vertreten, für die man stehe: "Man muss Versprochenes auch halten können", sagt die Neuhengstetterin, die stets als sehr volksnahe Abgeordnete mit großem Tatendrang gegolten hatte.