Kanzlerin Angela Merkel – hier bei ihrer Ankunft auf dem EU-Gipfel in Riga. Foto: dpa

Mutmaßlich auf dem Höhepunkt ihrer Macht zieht sich Merkel auf die Moderatorenrolle zurück. Das wird auf Dauer nicht reichen, sagt StN-Chefredakteur Christoph Reisinger.

Berlin - Egal wie die Kabinettsliste aussieht – ein Posten steht: Sagen die SPD-Mitglieder ja zum Koalitionsvertrag, dann wird Angela Merkel ein drittes Mal Bundeskanzlerin.

Unumstritten in den eigenen Reihen. Willig akzeptiert von den Koalitionspartnern im Wartestand, CSU und SPD. Und alle erklären den für die CDU so erfolgreichen Ausgang der Bundestagswahl mit einem Namen: Merkel. Sie spielt inzwischen in der deutschen Politik in einer eigenen Liga. Ganz oben.

Umso schärfer der Kontrast: Was im Koalitionsvertrag steht, trägt die Handschrift von vielen; eine Merkelsche ist darunter an keiner Stelle klar auszumachen. Das setzt fort, was schon während der Verhandlungen über das Regierungsbündnis auffiel: Mutmaßlich auf dem Höhepunkt ihrer Karriere hat sich die äußerst machtbewusste Merkel auf die Rolle einer Moderatorin zurückgezogen.

Das legt zwei Schlüsse nahe: Die Kanzlerin ist bloß eine sehr ordentliche Verwalterin, Gestalten nicht ihr Ding. Oder sie schätzt das eigene politische Gewicht so stark ein, dass ihr wurscht ist, was im Koalitionsvertrag steht. Frei nach dem Motto: Sollen die anderen über den Vertrag bestimmen, ich bin’s, die regiert.

Viel spricht für die zweite Lesart. Zumal Merkel mit exakt dieser Marschroute schon in ihren ersten beiden Regierungszeiten bestens über die Runden gekommen ist. Begünstigt durch ihren unaufgeregten Stil und ihren zuweilen entwaffnend uneitlen Auftritt. Und der Laden Deutschland läuft ja. Irgendwie. Die Frage ist nur: Reicht das als politische Perspektive des Landes in einer Welt, die sich rasant verändert? Dafür spricht so gut wie nichts.