An der Giebelseite soll der Neubau erstellt werden. Foto: Ziechaus

Explodierende Kosten haben für einen Stopp der Kindergarten-Erweiterungspläne in Hardt gesorgt. In einer Sondersitzung hat sich der Gemeinderat nun erneut mit dem Thema befasst –­ und die Architekten aufgefordert, Einsparvorschläge zu machen.

Hardt - Die Kostenentwicklung für die Kindertagesstätte St. Elisabeth war der einzige Tagesordnungspunkt der öffentlichen Sondersitzung des Gemeinderats am Dienstagabend. Obwohl im Foyer in der Arthur-Bantle-Halle die Teilnehmer den 3G-Nachweis erbringen mussten, füllte sich die Tribüne der Halle mit interessierten Zuschauern.

Von 4,4 auf 6,5 Millionen Euro

Die Kostenentwicklung allein für den Neubau von 4,4 auf 6,5 Millionen Euro in der Zeit von März bis November 2021 übersteige die finanzielle Leistungsfähigkeit der Gemeinde, erklärte Bürgermeister Michael Moosmann. Mit dieser geplanten Erweiterung und der gewünschten Sanierung des Bestands werden die gesamten Kosten für den Kindergarten ein Volumen von rund zehn Millionen Euro erreichen. Angesichts dieser Kostenentwicklung wurde das Projekt jetzt bei der Leistungsphase II gestoppt und das beauftragte Architektenbüro K9 aus Freiburg zur Vorstellung seiner Pläne und von Einsparvorschlägen aufgefordert.

Neue Anforderungen, höhere Kosten

Architekt Marc Lösch stellte den Neubau mit 1507 Quadratmetern Baufläche bei einem Rauminhalt von 6400 Kubikmetern vor. Die Kostenprognose vom 24. März belief sich mit 26 Prozent Baunebenkosten auf 4,46 Millionen Euro. In der Prognose von 18. Mai über 4,94 Millionen Euro kamen dann die Außenanlagen. Die aktuelle Kostenschätzung von 25. November für den Neubau mit neuen Anforderungen wie Mensaküche, Lüftung und Photovoltaik-Anlage stieg auf 6,39 Millionen Euro. Zu diesen kämen noch die Umbaukosten des bestehenden Kindergartens mit 2,56 Millionen Euro.

Senkung um 1,41 Millionen Euro

Unter Berücksichtigung der gesetzlichen Anforderungen hatten die Architekten durch Verschiebungen der Begrenzungen eine Reduzierung des umbauten Raumes von 695 Kubikmeter errechnet. Dazu könnten mit einigen Einsparungen bei der Ausstattung die Baukosten für den Neubau auf 5,73 Millionen Euro gesenkt werden. Die Kosten für den Umbau des Bestands wurden auf 1,41 Millionen reduziert. Mit diesen Einsparungen, mit Reserven und Sicherheiten wurden die Gesamtkosten auf 7,42 Millionen Euro errechnet. Diese Schätzung sei "sehr genau", hatte Lösch "keine Sorge, dass zu hohe Steigerungen über zehn Prozent liegen" könnten.

Falsche Kommunikation

In der von Michael Moosmann angesetzten Fragerunde wollte Helmut Haberstroh eine Erklärung für die immense Kostensteigerung von rund zwei Millionen Euro in nur wenigen Monaten. Joachim Hilser verwies auf das beim Wettbewerb angegebene Budget von fünf Millionen Euro für Um- und Neubau, das "ohne Vorwarnung auf das Doppelte" von zehn Millionen Euro angestiegen sei. Jürgen Bargenda sah eine Vergrößerung der Kubatur um 500 Kubikmeter gegenüber dem ersten Entwurf und eine Steigerung der Kosten von einer Prognose zur Schätzung und befürchtete bei der Endabrechnung gar ein Plus von 30 Prozent. Eine falsche Kommunikation sah Dietmar Broghammer hinter den Preissteigerungen.

"Blauäugig gerechnet"

Nachträglich eingebrachte Änderungen und Ergänzungen hätten zu immer neuen Steigerungen geführt, begründete der Architekt. So seien die Informationen über den Bauzustand von Dach und Fassade des Kindergartens zu ungenau gewesen. Werner Thimm wollte mit einem Wort wissen, ob man bei den Baukosten von fünf Millionen Euro zu "blauäugig gerechnet" habe. Das lieferte ihm Lösch: "Ja."

Lob für Alternativvorschlag

Hubert Flaig, Inhaber der gleichnamigen Schreinerei und Gemeinderatsmitglied, stellte seine eigenen Vorstellungen mit genauen Plänen für den Neubau des Kindergartens vor (siehe Info). Dieser privat und sehr kurzfristig erstellte Plan erfülle "alle Vorgaben des Gemeinderats für den Architektenwettbewerb" und sei mit den Mitarbeiterinnen, dem Kirchengemeinderat und dem Elternbeirat abgestimmt. Der Bürgermeister lobte Flaigs private Initiative und sah in dem Vorschlag eine "neue Orientierung für die Kubatur des Neubaus und die Entwicklung der Kosten". Helmut Haberstroh und Joachim Hilser empfahlen, passende Teile zur Optimierung in die Planung der Architekten zu übernehmen. Marc Lösch bremste die Euphorie, denn man könne "zwar Anregungen aufnehmen", müsse aber die Vorgaben einhalten. Außerdem seien die Planer mit den ausgearbeiteten Vorschlägen bei den Kosten "maßgeblich runter". Der eigene Wettbewerbsentwurf erfülle "optimal die Vorgaben". Wenn die vorgeschlagenen Einsparungen nicht ausreichten, müsse das Planungsteam mit einem anderen Entwurf von vorne anfangen.

Fristgerechte Einreichung

Dietmar Broghammer und Wilfried Bernhardt wollten auf Grundlage des reduzierten Entwurfs der Architekten aus der Leistungsphase II den Zuschussantrag stellen, zumal es noch kein neues Förderprogramm des Bundes für Kindergärten gebe. Zusätzlich sollten in die Pläne geeignete Vorschläge aus der Planung von Hubert Flaig zur Optimierung und für Einsparungen eingearbeitet werden. Der von Moosmann nach diesem Vorschlag formulierten Empfehlung folgte der Gemeinderat einstimmig. Es werden also optimierte Pläne für eine Förderung eingereicht – fristgerecht zum 31. Januar 2022.

Info: Rat legt eigene Pläne vor

Hubert Flaig präsentierte im Gemeinderat seine Alternativ-Pläne zur Kindergartenerweiterung mit einem umbauten Raum von 3660 Kubikmetern auf zwei Etagen. Im Untergeschoss sollen auf 472 Quadratmetern Grundfläche zwei große und zwei kleine Gruppenräume, zwei Schlafräume, ein Personalraum und Umkleiden, Sanitärräume, Lager, Treppenhaus mit Garderoben untergebracht sein. Das Erdgeschoss bietet nach seinen Angaben auf 604 Quadratmetern Fläche neben Kleingruppenräumen, weiteren drei Gruppenräumen, einem großen Bewegungsraum, einem zentralen Treppenhaus und Sanitärräumen genügend Platz. Daneben gibt es zwei Mensen für U3- und Ü3-Kinder mit einer Küche, Vorratsraum, Besprechungsräumen und Lager. Bei den von den Architekten angesetzten Pauschalbeträgen von 550 Euro pro Kubikmeter umbauten Raum käme ein solcher Anbau auf 2,01 Millionen Euro.