In einem familiären Umfeld aufwachsen – das will man, wenn es geht, jedem Kind ermöglichen. Foto: © Rido – stock.adobe.com Foto: Schwarzwälder Bote

Kinderbetreuung: Zuschüsse werden an Empfehlung angepasst / Wertschätzung soll ausgedrückt werden

Solange Kinder und Jugendliche noch "familienfähig" sind, versucht man im Kreis Rottweil, sie eher in Pflegefamilien unterzubringen als im Heim. Das erklärte Sozialdezernent Bernd Hamann im Jugendhilfeausschuss.

Kreis Rottweil. Im Zweifel versuche man immer, ein Aufwachsen in einem familiären Umfeld zu ermöglichen, auch wenn manches Pflegekind schon einen ordentlich schweren Rucksack an Problemen mitbringe.

Im Kreis Rottweil beträgt das monatliche Pflegegeld seit Anfang 2021 je nach Alter des Pflegekindes 853 Euro (null bis fünf Jahre alt), 939 Euro (sechs bis elf Jahre alt) oder 1004 Euro (Zwölf- bis 18-Jährige). Zu dieser Pflegegeldpauschale kommen Aufwendungen für Beiträge zu einer Unfallversicherung für beide Pflegeelternteile (bis zu 175 Euro pro Jahr) und bis zu 42 Euro monatlich für Aufwendungen zur Alterssicherung der Pflegeperson. Zum Vergleich: Die Kosten für Kinder und Jugendliche in Heimerziehung liegen pro Monat bei zwischen 5000 und 6000 Euro.

Zusätzlich gibt es für Pflegefamilien einmalige Beihilfen und Zuschüsse, etwa zur Erstausstattung einer Pflegestelle, zu besonderen Anlässen und Reisen. Über diese wurde in der Jugendhilfeausschusssitzung abgestimmt.

Die Orientierungshilfe des Kommunalverbandes für Jugend und Soziales hatte im Vergleich mit den Grundsätzen des Landkreises Rottweil in einigen Bereichen finanziell höhere Zuschüsse vorgesehen, weshalb ab 2022 eine Anpassung erfolgen soll.

Bei Anwendung der vorgeschlagenen Kostensätze wäre von einem finanziellen Mehrbedarf von 90 000 Euro pro Jahr für den Landkreis Rottweil auszugehen. "Das scheint zunächst viel, ist aber absolut gerechtfertigt", meinte Hamann. Damit lasse sich auch Wertschätzung gegenüber der Pflegefamilien ausdrücken.

Mund-zu-Mund-Propaganda

Es werde immer schwieriger, Pflegefamilien zu finden, erklärte Hamann auf Nachfrage der Freien Wähler. Oft seien beide Elternteile berufstätig. Zudem brächten viele Pflegekinder besondere Bedarfe mit. Öffentlichkeitsarbeit zeige nur mäßige Erfolge.

Die beste Werbung seien funktionierende Pflegefamilien im eigenen Ort. Oft spreche sich das herum, und man habe plötzlich zwei bis drei Bewerbungen, erzählte Hamann. Reich werde man damit nicht. "Die Kinder kommen mit einem Rucksack von Problemen und bleiben meist jahrelang in einer Familie", so Hamann.

Man komme mit den bisherigen Pflegefamilien zurecht, jedoch könnte man noch viel mehr brauchen, meinte der Sozialdezernent, denn dann könne man Kind und Familie noch besser aufeinander abstimmen.

Auf Nachfrage von Axel Rombach (FWV) erklärte Bernd Hamann, in Sachen Jugendhilfeeinrichtungen sei man landesweit unterwegs. Bei manchen Jugendlichen sei es notwendig, sie ein Stück weit weg vom Wohnort unterzubringen, um sie aus einem bestimmten Freundeskreis herauszunehmen.

Bei der Bekleidungsgrundausstattung wird der Zuschuss ab 2022 von 480 auf 600 Euro erhöht, bei den Einrichtungsgegenständen von 1025 auf 1800 Euro. Weitere geringfügige Erhöhungen gibt es bei Konfirmation, Kommunion und Einschulung.

Insgesamt soll das Budget für Pflegefamilien monatlich um 35 Euro (420 Euro im Jahr) erhöht werden. Somit könne man auch die Folgen der Pandemie durch Homeschooling und Lockdown abfedern. Zudem sollen Kosten für Musikunterricht, Sportvereine und andere Freizeitaktivitäten so abgegolten werden.

Elke Müller (Grüne) regte an, die Zuschüsse noch stärker zu erhöhen. Hamann entgegnete, das Thema müsse man auf Landesebene angehen. "Da sind wir bereits auf dem Weg." Der Erhöhung der Zuschüsse wurde einhellig zugestimmt.