Ins Traube-Zentrum sollen das Stadtarchiv und der städtische Serverraum einziehen. Foto: Fritsch

Wer derzeit baut, befindet sich in unruhigem Fahrwasser. Das gilt auch für die Stadt Nagold. Ständig steigende Baukosten lassen bei den Gemeinderäten die Alarmglocken schrillen. Sicher geglaubte künftige Projekte, geraten plötzlich wieder in die Diskussion.

Nagold - Es war eigentlich eine Routinesitzung des Technischen Ausschusses. Nur wenige Themen standen auf der Tagesordnung. In erster Linie galt es an dem Abend weitere Gewerke von Arbeiten zu vergeben – an bereits begonnenen Bauprojekten wohlgemerkt. Routine, wie gesagt. Eigentlich. Denn vor allem die weiteren Vergaben für Arbeiten zum Umbau der Traube (des ehemaligen Cap-Marktes) zum neuen Stadtarchiv mitsamt neuer städtischer Serverzentrale sorgten für gehörige Unruhe im Gremium.

"Schlecht informiert"

Wolfgang Schäfer (CDU) machte das Fass auf. Sein Grundtenor: Bei nahezu allen Gewerken seien die Ausschreibungsergebnisse höher gelegen als geplant. "Wir liegen jetzt schon 100 000 Euro drüber", so Schäfer, der ausdrücklich davor warnte: "Wenn das bei allen unseren Projekten passiert...." Dass letztlich die Verwaltung dem bereits entgegensteuerte – und die Posten für das neue Archiv und die neue Serverzentrale zusammennahm, sich dann aber dazu entschloss, den Serverpart noch nicht voll wie eigentlich geplant auszubauen, beruhigte Schäfer und auch einige andere Räte kaum. Mit 2,5 Millionen Euro wolle man so zurecht kommen, erklärte Hoch- und Tiefbauamtsleiter Rafael Beier. Schäfer monierte dagegen, sich schlecht informiert zu fühlen. Man habe nicht rechtzeitig reinen Wein eingeschenkt bekommen. Und auch AfD-Rat Günther Schöttle bemängelte, dass man in der Vergabephase sei – "da hätten Sie Zeit gehabt, eine aktuelle Kostenberechnung einzubringen."

Breitling: Man sollte gar nicht bauen

Drastische Worte wählte Nagolds Kämmerer Hagen Breitling, der anfangs auch die Sitzung leitete. Die höheren Ausgaben für Archiv und Serverraum seien in seinen Augen noch vertretbar, jedoch: "Meiner Meinung nach sollte die öffentliche Hand derzeit gar nicht bauen." Und später präzisierte Breitling noch: "Wäre ich ein Kämmerer alten Schlages müsste ich sagen, jetzt wird gar nichts mehr gebaut." Doch so ein Kämmerer sei er eben nicht. Und: "Alles rund ums Bauen wird teurer, doch ein Archiv auf der grünen Wiese neu zu bauen, das wären nochmals ganz andere Zahlen."

Im Gremium dagegen sorgten wohl auch diese klaren Worte für bange Blicke auf die wichtigsten Zukunftsprojekte der Stadt: Den Um- und Neubau der Zellerschule, und das Großprojekt OHG. CDU-Rat Oliver Mayer näherte sich vorsichtig dem Thema, ob es angesichts der Entwicklungen in der Baubranche nicht ratsam sei, die Schulprojekte neu zu bewerten. "Da schwimmen uns sonst womöglich die Felle davon", befürchtete Mayer. Ob es nicht sinnvoll sei, die Schul-Sanierung nochmals ganz neu zu berechnen. Dabei deutete Mayer auch an, dass es womöglich mehr Sinn mache, den OHG-Umbau vorzuziehen – hier gehe es um mehr Schüler und auch mehr Renommee. Auch Günther Schöttle vertrat die Meinung, dass man sich zumindest die Frage der Neubewertung "genau jetzt stellen" müsse.

Starke Konkurrenz

Finanzbürgermeister Breitling versuchte etwaige neue Priorisierungen bei den Schul-Ausbauten von Anfang an zu entkräften. Die Zellerschule stehe derzeit stark in Konkurrenz. "Die Gemeinschaftsschulen in Neubulach und Jettingen sind derzeit besser aufgestellt." Wenn man die Zellerschule nicht angehe, habe Nagold vielleicht bald gar keine Gemeinschaftsschule mehr. Der Finanzbürgermeister präzisierte: "Das OHG wird nicht geparkt." Stadtplaner Ralf Fuhrländer verdeutlichte zudem: "Uns muss allen klar sein, die Baukosten gehen nur in eine Richtung. Es wird nicht günstiger. Wir sollten nicht glauben, dass das irgendwann wieder besser wird."

Es wird nicht günstiger

Den Ausflug zu den künftigen Schulprojekten beendete das Gremium dann auch wieder. FWV-Rat Ralf Benz erörterte zum Archiv: "Die Baupreise sind allgemein um 20 bis 30 Prozent nach oben geschossen. Wenn es vertretbar ist, müssen wir es durchziehen. Und es ist vertretbar." Und auch Nagolds OB – zwischenzeitlich zum Gremium dazugestoßen – vertrat die Meinung: "Laufende Baustellen sollte man zu Ende führen." Es werde nicht mehr günstiger. Und für den Haushalt 2023 kündigte er schonmal an, dass nur Begonnenes sich darin niederschlagen werde. "Mehr wird’s nicht sein." Speziell zum neuen Stadtarchiv erörterte der OB, dass man dieses Thema seit Jahrzehnten vor sich her schiebe. Großmann weiter: "Das Projekt wird in diesem Leben aber nicht mehr billiger."

Letztlich wurde den verschiedenen Vergaben bei einer Gegenstimme der AfD zugestimmt.