Mülleimer in VS quellen immer wieder über und sorgen für Schandflecken in der Stadt – ganz besonders prägnant zeigt sich das Problem häufig an den Containerplätzen. Foto: © Hans – Pixabay/Druve - Schwarzwälder Bote

Villingen-Schwenningen hat ein Problem, genauer: ein Müllproblem. Damit steht man zwar nicht alleine da, mit der potenziellen Lösung aber irgendwie doch: Die Doppelstadt möchte Müllsünder künftig dank Kameraüberwachung dingfest machen.

Villingen-Schwenningen - Für Jürgen Epting, den TDVS-Leiter in Villingen-Schwenningen, hat es an manchen Stellen in der Doppelstadt überhand genommen. Man könne, sagte er am Dienstagabend im Technischen Ausschuss des Gemeinderates in Villingen-Schwenningen, teilweise sogar schon von einer "Vermüllung" sprechen.

Weil sein Team der Technischen Dienste Villingen-Schwenningen (TDVS) aber nicht immer überall sein kann, während die Müllsünder weder ein Wochenende noch Ferienzeiten kennen, will man künftig zumindest wochenends auf externe Unternehmen als Unterstützung zurückgreifen. Gelöst aber ist damit das Problem freilich noch nicht.

Guter Rat und gar nicht teuer?

Im Gegenteil: überfüllte Mülleimer in den Fußgängerzonen, Containerplätze, auf welchen bergeweise Sperrmüll einfach abgeladen wird, Straßengräben mit Abfall gefüllt und Parkanlagen, in welchen der Müll vor sich hin gammelt – fast jeder der Stadträte konnte Geschichten seiner persönlichen Schandflecken in Villingen-Schwenningen erzählen. Olaf Barth von der AfD monierte sogar, er könne schon beinahe nicht mehr aufrecht durch die Stadt gehen, weil er sich ständig nach irgendwelchem Unrat bücken müsse. Nun scheint guter Rat teuer zu sein – oder eben nicht, denn der Plan, den Oberbürgermeister Jürgen Roth, Bürgermeister Detlev Bührer und ihre Teams in den Rathäusern gerade aushecken, sei mit sehr überschaubarem Invest zu verwirklichen, betonte Roth am Dienstagabend: Es geht um Kameraüberwachung.

Die CDU-Fraktion wollte eine solche beantragen und rannte damit überraschend bereits sperrangelweit geöffnete Türen ein: "Wir sind dran", so die Info von Oberbürgermeister Jürgen Roth. "Da brauchen wir auch keine großen Beschlüsse", einziger Knackpunkt sei der Landesdatenschutzbeauftragte – Ordnungsamtsleiter Ralf Glück lote dahingehend aktuell die Möglichkeiten aus. Klar ist auch: So groß der Zuspruch auf der einen Seite sei, so laut sei der Aufschrei auf der anderen Seite – beim Thema Kameraüberwachung liegen gerne einmal die Nerven blank.

"Viele Menschen fühlen sich dann auch überwacht, vor allem die Ertappten", stellte Roth klar. Mit sämtlichen Planungen sei man bereits in der "finalen Phase", urlaubsbedingt stehe jedoch eine entscheidende Rückmeldung aus Stuttgart aktuell noch aus.

Biberach hat’s getan

Eine Kommune, die diese Diskussion schon hinter sich hat, ist Biberach an der Riss. Bereits 2020 installierte die Stadtverwaltung unter Oberbürgermeister Norbert Zeidler eine Videoüberwachung am Standort des Wertstoffcontainers "Weißes Bild". Damit will man der illegalen Müllablagerungen und des wilden Mülls Herr werden, Zeidler sprach von einer "Extremsituation". Zuvor hatte man diverse andere Schritte getan – den Platz besser ausgeleuchtet, denn bekanntlich treiben sich dunkle Gestalten auch gerne im Dunkeln herum, und auch verstärkte Kontrollen und zuletzt sogar eine tägliche Bestreifung setzte man ein. Aber: All das war vergeblich.

Überwacht wird rund um die Uhr, die Aufnahmen bleiben eine Woche gespeichert, Zugriff darauf hat nur eine definierte und schriftlich fixierte Personengruppe städtischer Mitarbeitet, die im Verdachtsfall die Daten zu sichten und ein Bußgeldverfahren einleiten können. Kostenpunkt: 22 000 Euro.

Das sind die Erfahrungen andernorts

Auch in Ehingen setzte man auf die Kameraüberwachung und zwar schon 2018. Mit Erfolg: 2018 schnappte man sechs Müllsünder, 2019 22 und bis Mitte 2020 waren es bereits 16, Tendenz also steigend. zwischen 100 und 600 Euro mussten die Müllsünder als Bußgeld berappen, je nachdem, was und wieviel davon sie abgeladen haben.

Ähnliche Erfolge vermeldete Bad Waldsee – 2020 installierte man hier die Überwachungskameras an Wertstoffcontainer-Standorten – wilde Müllablagerungen seien um 60 bis 70 Prozent zurückgegangen, so die Bilanz der Verwaltung.

Ganz frisch ist das Thema in Ludwigshafen in Rheinland-Pfalz, an vier Müll-Hotspots soll ab dem Herbst eine mobile Videoüberwachung zum Einsatz kommen.

Ob Villingen-Schwenningen und Ludwigshafen 2023 ähnliche Erfolgsmeldungen veröffentlichen können wie Bad Waldsee bleibt abzuwarten – klar ist: Der Königsweg gegen die Vermüllung in den Städten ist auch damit nicht gefunden und auch in VS zog sich quer durch alle Fraktionen unabhängig vom Ruf nach der Videoüberwachung ein Gedanke: "Wir brauchen ein Gesamtkonzept."

Info: Das ist zu beachten

Behörden dürfen Videoüberwachung einsetzen, um öffentliche Sachgüter zu schützen. Ansprechpartner ist der Landesdatenschutzbeauftragte, seit 2017 ist das Stefan Brink, sein Stellvertreter ist Volker Broo. "Voraussetzung für die Zulässigkeit dieser Form der Datenverarbeitung ist zunächst immer, dass tatsächlich eine Gefahr für die zu schützenden Güter besteht. Im Zweifel ist diese nachzuweisen", erläuterte Broo in der Vergangenheit und stellte klar: "Es bedarf immer der Beschränkung auf das absolut Notwendige." Zudem sei bei Containerstandorten ein Zaun zu prüfen, der zu bestimmten Uhrzeiten geschlossen und mit automatischen Bewegungsmeldern sowie entsprechenden Beleuchtungen versehen wird. Videobilder seien spätestens nach vier Wochen zu löschen, soweit sie nicht mehr für die Verfolgung einer Ordnungswidrigkeit oder einer Straftat gebraucht werden, denn klar ist auch: Eine Videoüberwachung stellt einen Eingriff in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung dar.