Günter Stricker, Vorsitzender des Arbeitskreises Asyl Calw, hält einen Alphabetisierungskurs für Geflüchtete aus Syrien und Afghanistan Foto: Verstl

Die deutsche Sprache lernen, Formulare ausfüllen, bei der Arbeitsplatzsuche helfen – dem Arbeitskreis Asyl geht die Arbeit nicht aus. Auch, weil aktuell mit vielen Geflüchteten aus der Ukraine zu rechnen ist. Neue Helfer sind deshalb gerne gesehen.

Calw - Deutsch zu lernen kann mühsam sein. Nicht umsonst heißt es: deutsche Sprache, schwere Sprache. Das spüren vor allem Migranten. Sie stellen schnell fest: Wenn sie nicht zumindest die Grundlagen der deutschen Sprache beherrschen, wird es schwer, einen Arbeitsplatz zu finden.

Günter Stricker geht mit seinen Schützlinge den Weg ganz von Anfang an. Rund zehn Syrer und Afghanen sitzen in seinem Alphabetisierungskurs im Unterrichtsraum des Kaffeehauses in der Postgasse 2. Der Vorsitzende des Arbeitskreises (AK) Asyl und frühere Leiter der Volkshochschule (VHS) Calw fängt mit ganz einfachen Sätzen und Wendungen an. Wie heißen Sie? Oder: Wie geht es Ihnen?

Ortskräfte aus Afghanistan

Stricker zeigt auf ein Bild. Ein Wohnzimmer ist zu sehen. Seine Schüler müssen Einrichtungsgegenstände wie Sofa, Bett oder Bild benennen und die entsprechenden Worte an die Tafel schreiben. Der Alphabetisierungskurs soll die Voraussetzung schaffen, um im Mai an einem Integrationskurs der VHS teilnehmen zu können.

"Uns geht die Arbeit nicht aus", sagt Stricker. Es kommen wieder vermehrt Migranten nach Calw. Dabei handelt es sich vor allem um Ortskräfte, die in Afghanistan für die Bundeswehr tätig waren. Aber auch aus Syrien kommen nach wie vor Flüchtlinge. So hat das Landratsamt die Gemeinschaftsunterkünfte im Speßhardter Weg und in der Eduard-Conz-Straße wieder in Betrieb genommen.

Viele der Migranten, die mit der Flüchtlingswelle 2015 nach Calw gekommen waren, sind noch immer da. Sie sind nicht, wie das oft der Fall ist, in größere Städte gezogen, weil sie dort eher unter Landsleuten leben können. In Calw sind rund 200 dieser Menschen geblieben. "Wir haben vielen Syrern und Afghanen Privatwohnungen vermittelt. Die meisten haben Arbeit und sind integriert. Einige Syrer haben inzwischen die deutsche Staatsbürgerschaft", erzählt Stricker.

Ausfüllen von Formularen

Er führt das auf die Betreuung durch den AK Asyl zurück. Stricker: "Viele brauchen uns nicht mehr, andere kommen ab und zu, manche öfter." Etwa wenn als Folge der Corona-Pandemie der Job verloren ging und ein neuer Arbeitsplatz gefunden werden muss. Bei Behördengängen, dem Ausfüllen von Formularen oder Arztbesuchen, um nur wenige Beispiele zu nennen, unterstützen die Helfer des AK.

Stricker könnte durchaus mehr Mitstreiter gebrauchen. Denn auch um die Flüchtlinge aus der Ukraine möchte der AK da sein. Stricker hofft, dass durch die große Hilfsbereitschaft, die als Folge des Ukraine-Kriegs spürbar ist, sich zusätzliche Helferinnen und Helfer finden lassen. Dabei macht er deutlich, dass dies nicht zu Lasten der anderen Migranten gehen kann. Geflüchtete dürften nicht gegeneinander ausgespielt werden. "Uns sind in unserer Arbeit die ersten Artikel der Charta der Menschenrechte wichtig. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass sich der respektvolle Umgang miteinander für den sozialen Frieden auszahlt", so der AK-Vorsitzende.

Berufliches Gymnasium

Der Arbeitskreis erhält sein Angebot aufrecht, das weitestgehend aus Spenden finanziert wird. Dazu zählen neben dem Alphabetisierungskurs ein Beratungsnachmittag am Freitag. AK-Mitglieder unterhalten Patenschaften. Else Furthmüller-Meyer betreut eine Frauengruppe. Sie beklagt, dass es derzeit keine Kindergartenplätze in Calw gibt, zumal es sich bei den Neuzugängen vor allem um junge Familien handelt.

Unterstützung erfährt der Arbeitskreis mittlerweile auch durch Geflüchtete, die vor allem Dolmetscher-Dienste leisten. So wie Malek Abo Quassim und Jandar Kasim. Die beiden Syrer absolvierten im Calwer Rathaus erfolgreich eine Ausbildung als Verwaltungsfachangestellte und haben heute bei der Stadt eine feste Stelle. Oder die Afghanin Fatima Akthan: Die Schülerin besucht die 11. Klasse des beruflichen Gymnasiums auf dem Wimberg.