Was an der Grenze zu Österreich schon Praxis ist, will die Unionsfraktion im Bundestag nun auf andere Grenzen ausweiten: stationäre Kontrollen. Foto: dpa/Sven Hoppe

Die Unionsfraktion im Bundestag hat einen Antrag eingebracht, der auf die erheblich steigende Zahl illegaler Einreisen an den südlichen und östlichen Grenzen reagiert.

Das Problem wieder steigender Asylbewerber-Zahlen beschäftigt die Politik auf vielen Ebenen. In der EU läuft eine Debatte über eine Verlagerung der Asylverfahren an die Außengrenzen. Beim Treffen des Bundeskanzlers mit den Ministerpräsidenten am Mittwoch hatte das Thema ebenfalls die zentrale Rolle gespielt. Nun bringt die Unionsfraktion im Deutschen Bundestag einen neuen Aspekt ins Spiel: Sie hat am Donnerstag einen Antrag ins Parlament eingebracht, der nach dem Vorbild der Kontrollen an der deutsch-österreichischen Grenze die zeitweilige Einführung stationärer Kontrollen an den Grenzen zu Polen, Tschechien und der Schweiz verlangt. Die Bundesregierung soll „jetzt europäisch notifiziert, lageangepasst und im Zusammenspiel mit moderner Binnengrenzfahndung die an der deutsch-österreichischen Grenze stattfindenden Kontrollen vorübergehend auf die Binnengrenzen zu Polen, Tschechien und zur Schweiz ausweiten, solange die zu hohe Zahl illegaler Einreisen anhält“, heißt es in dem Antrag.

100 000 Asylanträge in den ersten vier Monaten des Jahres

Hintergrund sind die aktuellen Zahlen beim Zuzug von Flüchtlingen und Asylbewerbern: Die Unionsfraktion verweist in ihrer Antragsbegründung darauf, dass in den ersten vier Monaten dieses Jahres vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge über 100 000 Erstanträge von Asylbewerbern entgegen genommen worden seien, was einen Zuwachs von fast 80 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum bedeute. Im ersten Quartal 2023 waren vor allem die südlichen und östlichen Grenzen von unerlaubten Einreisen betroffen. Der Antrag verweist darauf, dass die Bundespolizei von Januar bis März an der Grenze zu Polen 4013 unerlaubte Einreisen festgestellt habe, zu Österreich 3674, zur Schweiz 3063 und zu Tschechien 1516.

Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) sieht den Vorschlag allerdings skeptisch. Andreas Roßkopf, der Vorsitzende des Bezirks Bundespolizei bei der GdP, sagte unserer Zeitung, die Bundespolizei sei „weder personell noch technisch so ausgestattet, um ad hoc stationäre Grenzkontrollen zu weiteren Ländern durchführen zu können“. Die Anforderungen seien „nicht leistbar“. Eine lückenlose Kontrolle der Grenzüberschreitungen sei „nur unter höchsten Anstrengungen möglich und auch nur über einen sehr geringen Zeitraum“.

„Weit entfernt von einer Situation wie 2015“

Alexander Throm, der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, nannte den Antrag seiner Partei dagegen „ein wichtiges und notwendiges Signal sowohl an Ankommende als auch an die europäischen Nachbarstaaten“. Die deutlich steigenden Zahlen illegaler Grenzübertritte erforderten eine Reaktion. So sei zu beobachten, dass viele illegale Grenzübertritte an den Grenzen zu Polen und Tschechien durch Menschen geschehen, die zuvor die Route über Russland und Belarus genommen hätten. Beide Länder instrumentalisierten die Flüchtlinge gezielt.

Polizei-Gewerkschafter Roßkopf sagte, Deutschland sei zwar „nach wie vor weit entfernt von einer Situation wie 2015“, doch die steigenden Zahlen belegten einen „fortwährenden Migrationsdruck“. Der lasse sich aber „durch Polizei weder aufhalten noch lösen, sondern lediglich kontrollieren“. Die Bewältigung von Fluchtbewegungen und die Bekämpfung ihrer Ursachen seien Aufgabe politischer Entscheidungsträger, „die diese aber seit Jahren nicht gelöst bekommen“.

Bundesinnenministerium verweist auf das Treffen beim Kanzler

Ein Sprecher von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) wollte auf Anfrage unserer Zeitung nicht zu dem Vorstoß der Union Stellung nehmen und verwies auf die Beschlüsse des Treffens der Ministerpräsidenten mit Bundeskanzler Scholz. Dort wurde als Ziel festgehalten, dass die irreguläre Migration reduziert werden soll. Dafür will sich die Bundesregierung verstärkt für Rücknahmeabkommen einsetzen, um es einfacher zu machen, ausgewiesene Migranten in ihre Herkunftsländer zurückzubringen. Auf EU-Ebene will sich die Bundesregierung für die Verlagerung bestimmter Asylverfahren an die EU-Außengrenzen und deren Beschleunigung einsetzen. Auch die verstärkte Kontrolle der Grenzen wird betont.