Der Angeklagte Omran A. beim ersten Prozess vor dem Landgericht Rottweil. Was verrät sein Smartphone? Foto: Lück

Das Handy als "Ortungswanze"? Zumindest im Mordfall Riecher bringen die Ortsdaten aus dem iPhone 7 des Angeklagten Omran A. bisher bisher keine neuen Erkenntnisse.

Rottweil/Horb-Nordstetten - Das ist die spannende Frage für die Revisionskammer des Landgerichts Rottweil: Kann bewiesen werden, dass der Anklagte Omran A. zur Tatzeit des Mordes am Immobilienunternehmer Michael Riecher (57) im Haus war oder nicht?

Während sein Komplize Iyad im Polizeiverhör und in einer Erklärung in der ersten Verhandlung zugeben hat, das Opfer damals überfallen zu haben, schweigt der syrische Flüchtling.

Kein Beweis, das Angeklagter im Haus war

Die Hoffnung in der Revision: Vielleicht können die direkt im Smartphone von Omran gespeicherten Ortsdaten genaueres sagen. Bislang gab es nur die von Apple gespeicherten "Wichtigen Orte" und die Zeiten, in denen das iPhone von Omran in den Fritz-Box-Router des Opfers eingeloggt waren. Doch Tests durch die Ermittler haben ergeben: Ein Beweis, dass der Angeklagte im Haus war, ist das nicht. Es würde reichen, wenn der Angeklagte langsam am Haus vorbeigefahren wäre oder sogar auf dem Grundstück gegenüber gestanden hätte.

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Bringen jetzt die gespeicherten Ortsdaten auf dem Smartphone neue Erkenntnisse? Die Ermittler hatten am 13. Juni den Auftrag bekommen, dieses Positionsdaten vom Tattag – dem 2. November 2018 – auslesen zu lassen. Ergebnis: Eine Tabelle mit 694 Zeichen. Mit den GPS-Daten und einer Genauigkeitsangabe, die von Apple stammt, so der Spezialist vom Landeskriminalamt (LKA).

Innerhalb einer Minute vier Ortsangaben

Verblüffend: Teilweise gibt es innerhalb einer Minute vier Ortsangaben. Die Genauigkeit schwankt zwischen 12 Meter und über 200 Meter. Wie kann das sein? Der LKA-Experte: "Man kann durch diese Angaben nur eine Aufenthaltsfläche bestimmen, die durch den möglichen Mittelpunkt bestimmt wird. Wenn man um diese Radius-Angaben Kreise macht, zeigen die sich überschneidenden Kreise, wo sich das Smartphone befunden hat."

Staatsanwalt Krausbeck fragt nach: "Wie präzise können die Punkte aus dem Smartphone rund um das Haus des Opfers sein?"

Der LKA-Spezialist: "Das Gerät kann auf einem dieser Punkte gewesen sein, muss es aber nicht. Wenn der Punkt auf der Schleitheimerstraße liegt, kann es sein, dass das iPhone 7 im Gebäude war." Auf Nachfrage von Omrans Verteidiger Alexander Kubick bestätigt er noch: "Die genauste Messung, die wir am Haus des Opfers haben, liegt bei einem Radius von 20 Metern."

Keine verlässliche Auskunft

Omrans Verteidiger Alexander Hamburg: "Kann man verlässlich sagen, dass sich das Smartphone im Haus befunden hat?"

Der LKA-Experte: "Nein. Das kann aber auch nicht ausgeschlossen werden."

Klartext: Auch die Ortsdaten können nicht sagen, ob Omran zur Tatzeit im Haus des Opfers war.

Die Frage, warum die Ortsdaten innerhalb einer Minute so eine unterschiedliche Genauigkeit haben, kann der Experte nicht beantworten.

Dafür ein Horber IT-Experte. Er sagt: "Das Smartphone ist schon eine Ortungswanze, wie es vom Chaos-Computer-Club bezeichnet wird. Die Ortungsdaten werden aus mehreren Messungen zusammengesetzt: Aus der Triangulation des Funksignals, aus den GPS-Daten, aus dem Standort von den Anbietern bekannten WLAN-Netzen und aus Daten aus dem Bluetooth- und NFC-Chip von anderen Smartphones, die in der Nähe sind. Das erklärt auch die unterschiedlichen Genauigkeitsangaben!"

Weitere Ortungsmöglichkeiten

Kann es noch andere Daten geben, die klären könnten, ob das Smartphone von Omran im Haus des Opfers waren?

Der Horber IT-Experte: "Ich würde einfach mal bei Apple anfragen, ob es auf deren Servern noch anderen Daten vom Tattag gibt. Möglicherweise hat der Angeklagte ja ein Foto innen gemacht, was dort noch aufzufinden ist."