Die Situation auf dem Haugenstein spitzt sich zu. Foto: Lück

Heizkosten: Die wichtigsten Antworten zum Dilemma in der Bildechinger Wohnsiedlung. Insider gibt Einblicke.

Horb-Bildechingen - Chaotische Eigentümerverhältnisse, Mieter und Vermieter in der Klemme: Kaum jemand blickt noch durch, was da in der Wohnsiedlung Haugenstein vor sich geht.

Was steckt genau hinter diesem Haugenstein-Dilemma? Wir versuchen, die wichtigsten Fragen zu klären.

Wem gehört was im Haugenstein?

Zunächst kaufte die Decobau GmbH von der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) die Wohnsiedlung ab. Danach wurden die Häuser kleinteilig an den Mann gebracht. Einzelne Wohnungen wurden verkauft. "Damit wurde sich eine goldene Nase verdient", sagt ein Insider im Gespräch mit unserer Zeitung. Der Haugenstein wurde förmlich "zerschlagen". Auch das Straßennetz ist in privater Hand und mittlerweile im Besitz von Alexander Gette. Andreas Osbelt besitzt noch das Heizkraftwerk und auch die Solaranlagen sollen ihm gehören, sagt Dietmar Demczenko, früherer Haugenstein-Miteigentümer.

Wer sind die Eigentümer der Haugenstein-Wohnungen?

Auch hier ergibt sich ein diffuses Bild. Und die Spuren führen bis nach Russland und der Ukraine. Denn dort haben sich einige eine Wohnung im Haugenstein als Wertanlage gekauft. Unser Insider spricht auch von russischstämmigen Eigentümern, die in Baden-Baden und in Stuttgart leben. Allerdings gibt es auch Wohnungseigentümer, die aus Horb stammen und eine Haugenstein-Wohnung als Kapitalanlage angeschafft haben, oder Eigentümer, die selbst im Haugenstein in ihren eigenen vier Wänden leben.

Wie funktionieren die Wohnungseigentümergemeinschaften (WEG)?

Es gibt mindestens 30 WEGs, pro Haus eine. Das ist problematisch. Denn aufgrund der unterschiedlichen Vermieter, die oftmals nicht vor Ort sind, ist es auch schwierig, auf einen Nenner zu kommen. Auch bei der Pflege der Außenanlage bringt das Schwierigkeiten. Wichtige Fragen der Sanierung oder Heizkosten-Problematik bleiben deshalb ungelöst.

Warum gibt es das Heizkosten-Problem überhaupt?

Die Wohnungseigentümer sind laut Vertrag zur Abnahme vom dortigen Heizkraftwerk verpflichtet. Auch die BImA lieferte von dort die Wärme. Allerdings sei die Abrechnung zu BImA-Zeiten insgesamt ausgeglichener und fairer gewesen, so der Insider. Zwar habe es schon damals einen großen Wärmeverlust in den veralteten Leitungen gegeben, doch das wurde einigermaßen mit einberechnet. Gleichzeitig habe es einen Ausgleich zwischen Wohnungen, die von warmen Leitungen in den unteren Geschossen und Wärmeverdunstungen profitierten, und von Wohnungen im Obergeschoss, die mehr heizen mussten, gegeben.

Dietmar Demczenko hatte damals die Siedlung damals gemeinsam mit Andreas Osbelt gekauft. Er sagt: "Ich habe alle Wohnungen verkauft, mache aber noch die Hausverwaltung für neun WEGs. Osbelt hat einen neuen Wärmeliefervertrag aufgesetzt. Die Hausverwaltung Engelmayer hat mit ihren WEGs diesen Vertrag akzeptiert. Wir nicht." Gründe, so der ehemalige Investor: Die Grundgebühr sei so hoch wie vorher der Verbrauch. Dazu kämen noch die Verbrauchskosten. Er zahle deshalb an Osbelts Firma lediglich einen Abschlag, der aber insgesamt 30 Prozent höher sei als die Energiekosten vorher. Demczenko: "Wir klagen gegen den Wärmeliefervertrag."

Warum gibt es so unterschiedlich hohe Heizkostenrechnungen? Kann man das Heizproblem nicht lösen?

Das ist unter anderem ein Leitungs- und Messproblem. Es soll Wohnungen geben, die fast gar nicht heizen müssen, und auf eigene Initiative Dämmungen eingebaut haben – mit großer Schimmelgefahr. Andererseits gibt es Wohnungen, die aus dem Heizen nicht mehr rauskommen. "Normalerweise müssten die Hausverwaltungen und die WEGs die Häuser aufrüsten und faire Messtechniken einführen, doch dafür müsste es gemeinsame Absprachen geben", so der Insider. Ein weiteres Problem: Auch das Heizkraftwerk und die Leitungen sollen vollkommen veraltet sein.

Gibt es die Guten und die Bösen in diesem Konstrukt?

"Alle Seiten stecken irgendwie in der Klemme", sagt der Insider. Die Mieter können die immensen Nachzahlungen mit bis zu fünfstelligen Summen nicht stemmen. Die WEGs müssen einen Gesamtbetrag überweisen, haben aber nicht alle Einnahmen. Sie raufen sich aber auch nicht zusammen, um etwas zu ändern. Einzelnen Vermietern ist aber auch einfach das Geld ausgegangen, sie könnten sich gar keine Sanierungen leisten.

Andreas Osbelt dreht den WEGs, die zu starke Rückstände haben, dann wohl komplett die Heizung ab, obwohl einzelne Parteien gar keine Rückstände haben (weil sie teilweise durch das ungerechte System geringere Kosten als andere haben). Allerdings ist Osbelt auch auf die Einnahmen angewiesen. "Irgendwann könnte es sonst so sein, dass es ihm dann nicht möglich ist, die Energie zu liefern."

Und was ist mit dem Straßennetz?

Auch das ist in privater Hand. Und das führt früher oder später auch noch zu zusätzlichen Kosten für die Eigentümer und Mieter.

Straßennetz-Eigentümer Gette darf wohl keine Einnahmen akquirieren, aber Auslagenentschädigungen einfordern (ähnlich wie Erschließungskosten). Zu hören ist, dass er monatliche Kosten von den Mietern in zweistelliger Höhe haben möchte. Auf Dauer eine ziemlich teure Angelegenheit für die andere Seite. Und wenn mal eine Straße geteert werden muss, dann könnte es ganz dicke für Mieter und Eigentümer kommen. Denn diese Kosten könnte er dann auf die Parteien umlegen.

Wo führt das nur hin im Haugenstein?

Unser Insider vermutet, dass es früher oder später zum großen Knall kommen muss. Mieter verschulden sich immer mehr, es gibt Mietminderungen, Vermieter verschulden sich ebenfalls und können nicht reagieren. Das Gericht muss immer öfter über diese Fälle entscheiden. Der Mieterbund kündigt bereits an, dass Mitglieder ein Sachverständigengutachten angestrebt wird.

In der Heizsaison ab Oktober könnte es ganz prekär werden, wenn Osbelt einzelne Leitungen abgedreht lässt. Am Ende könnten sich einzelne Mieter und Eigentümer die Wohnungen im Haugenstein nicht mehr leisten und mit einem Haufen Schulden die Flucht ergreifen, so der Insider. "Gleichzeitig ist die Frage, wie lange Osbelt noch seine Energie-Firma behalten möchte. Wird sie unlukrativ, könnte er vielleicht das Interesse verlieren." Und dann könnte sich die Abnahmeverpflichtung erübrigen und die WEGs über eigene Heizlösungen nachdenken, wenn sie sich denn einig würden. Oder wäre die Stadt dann bereit, den Haugenstein ans eigene Fernwärmenetz anzuschließen? Wäre das technisch möglich?

All das ist allerdings sehr spekulativ und weit weg von der aktuellen Realität. Und die sieht mehr als düster auf dem Haugenstein aus. Aussicht auf Besserung? Kaum vorhanden.