40 Interessierte verschiedener Parteien folgen der SPD-Einladung zum öffentlichen "Kanzlerduell-Schauen".
Horb - Die Außentemperatur ist während der Abendstunden auf nicht mehr als 10 Grad gesunken, vor dem Einheitlich Demokratischen Verein in Horb (EDV) stehen einige Menschen. Manche von ihnen in roten T-Shirts, manche von ihnen rauchen. Die Gespräche sind lebhaft, man sieht sehr viele Lächeln. Man hört Sätze wie: "Er hat’s ihr gegeben". Oder auch: "Raab war der Hammer."
Dann wird es ganz still. Auf der großen Leinwand im Innenraum, werden die endgültigen Ergebnisse des Kanzlerduells bekanntgegeben. 49 zu 44 Prozent fanden Steinbrück überzeugender (Infratest dimap) – Jubel bricht aus. Fast wie das Tor in der 90. Minute. Team SPD hat gewonnen – zumindest in den Augen der meisten Besucher des SPD Public Viewing Events in den Räumen EDV in Horb.
Riesenleinwand, ein Raum in den Farben des Teams und ein paar Fans der gegnerischen Mannschaft, die sich das Spiel in Gesellschaft anschauen wollen. Wenn 2013 schon keinen Fußballgroßevent hat, muss das Kanzlerduell herhalten. 40 Leute waren gekommen, um den direkten Schlagabtausch zwischen Merkel und Steinbrück in den Räumlichkeiten des EDV zu verfolgen. Im Publikum: Zwei Bundestagskandidaten – Saskia Esken (SPD) und Franz Groll (Linke) sowie ein CDU-Stadtverbands-Schriftführer Johannes Kettenhofen inklusive kleiner Entourage. "Gelebte Demokratie" war das Motto. "Ich finde das eine gute Sache, das nehmen wir gerne mit", so Kettenhofens Vorab-Kommentar zur Public-Viewing-Veranstaltung. Dass die SPD dazu eingeladen hatte, spielte für ihn nur eine untergeordnete Rolle.
Auch Bundestagskandidat Groll folgte der "netten Einladung" von SPD Ortsvereinsvorsitzenden Viviana Weschenmoser gerne: "Das passt wirklich gut, ich bin heute dafür gerne aus Gechingen gekommen."
20.25 Uhr: Kurze Ansprache von Weschenmoser und Esken, dann geht es los. 80 Augen kleben auf der Leinwand. Die Lacher hat an diesem Abend ganz klar Stefan Raab auf seiner Seite: "frech", so ein Kommentar zu Raabs Frage, ob Merkels Wahl-o-Mat denn auch wirklich CDU ausspucken würde.
Ein wenig Schadenfreude der Genossen gab es, als Merkel von Anne Will praktisch gezwungen wurde, der FDP ihr "allervollstes Vertrauen" auszusprechen – quasi die Höchststrafe, laut Will Merkels "schärfste Waffe". Für den Spitzenkandidaten der SPD gab es regelmäßig leichtes Tischklopfen und ab und zu verhaltener Applaus. Doch mit der Zeit wurde die Stimmung gelöster. Merkel spricht von Europa: "Die Krise hatte ... " – "Hat", korrigiert Franz Groll kühl.
Im Raum weiß man nicht so recht, ob man jetzt klatschen soll oder nicht
Als klar ist, dass der Genosse in Berlin einen ganz passablen Job macht, werden auch gleich die Smartphones gezückt: Allein Esken setzt fünf Statusupdates auf ihrer Facebook-Seite ab – selbstverständlich mit offiziellem Hashtag #tvduell.
Es wird wieder still: Zeit für die Schlussplädoyers. Merkel setzt den Schlusspunkt. Vorbei. Im Raum weiß man nicht so recht, ob man jetzt klatschen soll oder nicht. Der Verhaltenskodex für öffentliche TV Duelle wurde ja noch nicht erfunden. Es dauert allerdings nicht lange, bis der gesamte Raum in das Raunen der Diskussion getaucht wird.
Ist Franz Groll sauer auf Steinbrück wegen dem Prädikat "nicht Koalitionsfähig"? "Nicht wirklich, das musste er aus wahlkampftaktischen Gründen sagen", so Groll.
Esken war "einfach nur begeistert, Peer hat das Ruder herumgerissen. Wir konnten vor allem Nichtwähler und Unentschlossene für uns gewinnen", freut sich die Bundestagskandidatin.
Cem Minerva vertrat an diesem Abend den Einheitlich Demokratischen Verein. Der 20-jährige Schauspieler hatte nach der Anfrage von Viviana Weschenmoser nicht gezögert und die Räume für die Veranstaltung zur Verfügung gestellt. "Als Deutscher ist Politik für mich wichtig. Ich genoss eine freie Erziehung und ich durfte mit hohen sozialen Werten aufwachsen." Das Kanzlerduell habe ihm nun geholfen "einen tieferen Einblick" in die Politik zu erlangen.
Mini-Rock-Festival-Chef Julius Steiglechner war etwas enttäuscht: "Ich habe mir irgendwie erhofft, das die Spannung mehr von den beiden Duellanten kommt und nicht von den Moderatoren." Den besseren Redner sah er klar in Peer Steinbrück.
Der Eutinger Patrus Lazar hätte sich auch mehr erhofft: "Langweilig", lautete sein Fazit. "Strauß gegen Helmut Schmidt, das waren noch Duelle."
Der jüngste Duell-Zuschauer war der elfährige Severin Schorpp: Auch wenn er zugibt, dass er bei einigen Themen Probleme mit dem Verständnis hatte, so blieb ihm doch ein Satz hängen: "Dass man Griechenland helfen muss, und wir nicht vergessen sollten, dass man uns damals nach dem zweiten Weltkrieg auch geholfen hat", an diesen Satz von Steinbrück konnte er sich erinnern.
Der Zeiger geht auf die 23 zu. Leichte Aufbruchstimmung im EDV. Noch drei Wochen bis zum Tag X. Das Debüt des Public-Kanzlerduell-Viewing hat zumindest schon hingehauen.