Horbs Oberbürgermeister Peter Rosenberger: "Da stinkt was gewaltig." Foto: Schwarzwälder Bote

OB Peter Rosenberger: "Am alten Standort springt Militär seit zwei Jahren nicht mehr." Kompensationen für Horb?

Waldachtal/Horb/Landkreis Freudenstadt/Calw - Beim geplanten Absetzgelände in Haiterbach ist jede Menge Druck auf dem Kessel. Es geht um Gegenwehr, Geld vom Land. Und es gibt zahlreiche Ungereimtheiten. Jetzt zweifelt Horbs Oberbürgermeister Peter Rosenberger, ob das Gelände überhaupt noch gebraucht wird.

Die Bürgerinitiative Haiterbach ist sich sicher: Das Absetzgelände vor ihrer Haustür braucht keiner. Auch Horbs Oberbürgermeister Peter Rosenberger hat da seine Zweifel.

Er sagt: "Die Frage ist - je länger dieser Prozess dauert - brauchen wir das Absetzgelände überhaupt noch? In Malmsheim landet das Militär ja nicht mehr und springt nicht mehr ab. Seit zwei Jahren geht das gut - ich habe das Gefühl, dass wir das Absetzgelände in Haiterbach gar nicht brauchen."

Fakt ist: Die Bundeswehr bestätigt, dass das bisherige Militärgelände in Renningen-Malsheim nicht zum Absetzen von Soldaten benutzt wird. Ein Sprecher des Bundesamtes für Infrastruktur, Umweltschutz und Dienstleistungen der Bundeswehr: "Das Absetzgelände in Renningen-Malmsheim wird weiterhin von der Bundeswehr sowie von verbündeten Streitkräften genutzt. Die Bundeswehr nutzt das Gelände zum Absetzen von Lasten. Derzeit werden Übungen zum Absetzen von Lasten in Renningen-Malmsheim durchgeführt. Das Absetzen von Fallschirmspringern wird in Mengen und Altshausen durchgeführt."

Keine Informationsveranstaltung im Kreis Freudenstadt

Da stellt sich natürlich die Frage, wenn der Übungsbetrieb an Alternativstandorten geht, ob man das umstrittene Absetzgelände in Haiterbach noch braucht. Der Bundeswehr-Sprecher bekräftigt: "Das Absetzgelände Haiterbach ist notwendig, um durch Ausbildungen und Übungen die Einsatzbereitschaft der dort übenden Truppenteile sicherzustellen."

Doch wenn dem so ist - warum gab es bisher immer noch keine Informationsveranstaltung im Landkreis Freudenstadt? Waldachtal, Altheim, Talheim und Grünmettstetten sind durch die Einflugschneisen, so zeigt die Karte der Bundeswehr, stark betroffen.

Doch das Land Baden-Württemberg handelt offenbar widersprüchlich, sagt Horbs OB Peter Rosenberger. Fakt ist: Das Land Baden-Württemberg hat inzwischen dem Landkreis Calw und der Stadt Nagold Kompensationen in Höhe von 30 Mio. Euro zugesagt. Gegenüber dem Schwarzwälder Boten hatte das Land auch gesagt, dass betroffene Kommunen im Landkreis Freudenstadt Kompensation bekommen könnten, wenn sie vom Absetzgelände Haiterbach betroffen sind.

Horbs OB Rosenberger: "Auf einmal wird uns gesagt: Wenn ihr betroffen seid, bekommt ihr auch Kompensation. Das ist ja interessant. Diese Luftlinien mit den Einflugschneisen haben ja nicht wir entwickelt, sondern die Bundeswehr. Wer entscheidet eigentlich, wer betroffen ist? Die eigenen Datengrundlagen ja offensichtlich nicht mehr. Ist das Land überhaupt zuständig? Ich glaube inzwischen, dass das Land inzwischen mit Kompensationen nur noch so um sich wirft, um davon abzulenken, dass sie außerhalb ihrer Zuständigkeit Dinge gemacht haben."

Land reagiert mit möglichen Kompensationen

Rosenberger hatte im Schwarzwälder Boten angekündigt, die Vorgänge rund um das Absetzgelände Haiterbach rechtlich zu überprüfen. Das hat wohl einiges bewegt - auch dem Landkreis Freudenstadt wurden Kompensationen zugesagt, falls Kommunen hier betroffen sind.

Rosenberger: "Vielleicht ist dadurch beim Land eine gewisse Erkenntnishaltung entstanden. Das habe ich nicht gesagt, um Druck aufzubauen. Sondern weil ich tatsächlich glaube, dieses Prozedere, wie es im Augenblick gefahren wird - da bewegen wir uns in einem seltsamen rechtlichen Raum. Wenn Bund und die Bundeswehr da zuständig ist, was macht das Land da jetzt gerade? Sind die tatsächlich nur Katalysator? Nagold bekommt Kompensation, obwohl das Absetzgelände nicht auf deren Gemarkung liegt. Da stinkt was gewaltig."

Doch bei der seit langem immer wieder bei Land und Bund massiv eingeforderten Info-Veranstaltung für die betroffenen Kommunen im Landkreis Freudenstadt hat sich - Stand heute - immer noch nichts bewegt.

Horbs OB Rosenberger, dessen Kommunen Grünmettstetten, Altheim und Talheim von den Einflugschneisen laut Bundeswehrkarte zum Teil massiv betroffen sind, sagt: "Landrat Klaus Michael Rückert, Waldachtals Bürgermeisterin Annick Grassi und ich haben uns getroffen. Inzwischen gab es nach entsprechenden Telefonaten unseres Landrats eine Einladung der betroffenen Landräte aus Böblingen, Calw und Freudenstadt seitens des Landes. Das warten wir mal ab. Ich stelle nur fest, unsere Info-Veranstaltung hat es immer noch nicht gegeben. Bei anderen Info-Veranstaltungen sind Bürgermeister mit am Tisch gesessen, die aus meiner Sicht nichts mit dem Thema zu tun haben."

Das Land hat Horb möglicherweise eine Kompensation zugesagt, falls das Absetzgelände Haiterbach kommt und die Kommunen belastet. Wofür könnte Horb die Kompensation gebrauchen?

Rosenberger: "Eine Kompensation für Horb - für etwas, für das das Land ohnehin zuständig ist wie der Neubau des Polizeireviers - ist für uns keine Kompensation. Da wäre das Thema Campus der Dualen Hochschule. Wenn das Land sagt: Wir machen da in Horb ein großes Ding, wär das etwas. Oder: Dass das neue Verladeterminal im Heiligenfeld gleich einen Anschluss an die Landesstraße kommt. Natürlich lassen wir auch gerne unsere Schulen mit Landesgeld sanieren. Mir geht es bei einer möglichen Kompensation um Zukunftsthemen."

Klar ist: Wenn es nicht bald eine offizielle Info-Veranstaltung von der Bundeswehr für die betroffenen Kommunen im Landkreis Freudenstadt gibt, könnte das Projekt "Absetzgelände Haiterbach" bei Gericht juristisch scheitern.

Lärm kennt keine Grenzen

Rechtsanwalt Remo Klinger, der unter anderem für die Deutsche Umwelthilfe die Fahrverbote durchgesetzt hatte, ist auch Anwalt von Haiterbach. Sein Ziel: Das Absetzgelände zu verhindern.

Klinger hatte bereits dem Schwarzwälder Boten gesagt: "Lärm macht nicht an Landkreisgrenzen halt. Vor einigen Jahren hat unsere Kanzlei die Kommunen im nördlichen Brandenburg und südlichen Mecklenburg gegen den geplanten Bombenabwurfplatz in der Wittstocker Heide erfolgreich vertreten. Auch dort hatte die Bundeswehr die wenige Kilometer nördlich gelegenen Gemeinden im südlichen Mecklenburg nicht in das Beteiligungsverfahren aufgenommen. Als Grund dafür wurde angegeben, dass dort die Grenze der Bundesländer ist. Für die Gerichte war schon dies ein relevanter Punkt, der zur Aufhebung der Genehmigungsentscheidung führte. Lärm kennt keine Grenzen."

Nicht nur Horbs OB Peter Rosenberger sieht rund um das Absetzgelände Haiterbach jede Menge Ungereimtheiten. Beispielsweise bei der Frage: Welche Rolle spielt das Land? Warum will Baden-Württemberg Nagold und dem Landkreis Calw Kompensationen in Höhe von 30 Millionen aus dem Landeshaushalt zukommen lassen, obwohl es die Bundeswehr ist, die das Gelände bauen lassen will?

Die Gegner des geplanten Absetzgeländes in Haiterbach machen mit der Info-Veranstaltung jedenfalls ernst. Die Bürgerinitiative Haiterbach und die Aktionsgruppe "Nagold gegen den Militärflugplatz" werden am Mittwoch, 11. März, um 19.30 Uhr in der Steinachtalhalle Talheim aufklären.