Die Geschäfte und Restaurants wie hier in der Neckarstraße haben geschlossen – für die Besitzer eine schwere Zeit. Foto: Straub

Händler und Gastronomen zittern. "Viele werden den Bach runtergehen." Erste Maßnahmen von Horb Aktiv.

Horb - Die Angst vor der Krise – die hatten bisher nur Kunden und Gäste. Doch seit dem Shutdown am Mittwoch herrscht die pure Existenzangst – auch bei Wirten und Händlern. Selbst City-Manager Thomas Kreidler sagt: "Da kriegst du Angst, das ist einfach so."

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Es könnte der Super-Gau für Horb werden. Vor allem für den kleinen, inhabergeführten Handel, für die vielfältige Gastronomie in der Neckarstadt. City-Manager Thomas Kreidler: "Viele haben Existenzängste. Das hätte ich auch, wenn ich noch mein Fotogeschäft hätte. Es sind die kleinen Geschäfte, die am meisten gefährdet sind."

Fakt ist: Horb Aktiv – der Handel- und Gewerbeverein in der Stadt – hatte am Mittwoch Krisensitzung. An dem Tag, an dem die neuesten Beschränkungen wegen des Coronavirus in Kraft getreten sind: Alles, was nicht lebenswichtig ist wie Zeitungen, Tabak, Lebensmittel, Friseure oder Medizin, muss schließen. Die Gastronomie darf nur noch bis 18 Uhr offen haben.

32 Geschäfte und Gastronomen in akuter Gefahr

City-Manager Kreidler: "Wir haben im Vorstand einstimmig beschlossen, dass alle von den Einschränkungen betroffene Geschäfte ein halbes Jahr keinen Mitgliedsbeitrag zahlen müssen. Das sind 32." Das heißt: Allein Horb Aktiv sieht 32 Modegeschäfte, Sport-Geschäfte oder Gastronomen in akuter Gefahr. Kreidler: "Wir haben das so entschieden. Wir wollen uns mit diesem kleinen Schritt solidarisch zeigen und hoffen, dass die anderen Mitglieder das solidarisch mittragen."

32 Betriebe – warum sind die nach Meinung von Horb Aktiv besonders von der Krise betroffen? Kreidler: "Wenn man ein Geschäft hat und die Schließung von der Landesregierung schon jetzt für acht Wochen angeordnet wurde, ist das ein Hammer. Denn: Die Kosten laufen ja weiter. Für die Gastronomie ist es hart, denn der normale Bürger geht ja nicht vor 18 Uhr essen."

Beschränkungen gelten bis Mitte Juni

Und in der Gastronomie ist die Stimmung extrem schlecht. Martin Straub von Straubs Krone in Bildechingen: "Schon jetzt ist ein enormer wirtschaftlicher Einbruch da. Da kommt die Existenzangst hoch, denn die Beschränkungen gelten bis Mitte Juni. Das Mittagsgeschäft ist um zwei Drittel eingebrochen. Nur noch ein paar Eiserne – meist ältere Leute – kommen zum Essen oder holen etwas ab. Am Dienstagabend hatten wir das letzte Mal abends offen – auch da war schon nichts los. Jetzt stellen wir auch noch auf einen Lieferservice um, aber die Unsicherheit ist riesig."

Sein Gastro-Kollege Bernd Rausch vom Kö 23 ist auch in Krisenstimmung: "Mir geht es bescheiden. Die Einbrüche sind drastisch. Wir hatten die letzten zwei Tage abends offen – und weil wir viel Platz hatten und genügend Abstand schaffen konnten, haben wir gehofft, das was geht. Aber es war nichts los. Weil ich 20 Mitarbeiter habe, muss ich mich jetzt durch die Odyssee der Kurzarbeit durchkämpfen. Unbürokratisch wird dir nicht geholfen. Dazu brauchst du von jedem Mitarbeiter eine Genehmigung, dazu musst du noch eine Versammlung machen."

Auch im Kö 23 ist das Mittagsgeschäft eingebrochen. Rausch: "Beim Abholservice haben heute fünf Leute ihr Essen abgeholt. Obwohl viele Vereine und Personen zur Solidarität aufgerufen haben, ist das Ergebnis leider sehr mager. Wir fahren das noch bis zum Wochenende. Und wenn das nicht funktioniert, müssen wir den Abholservice einstellen."

Entlassungen sollen vermieden werden

Schwere Zeiten für Rausch. Er sagt: "Jetzt muss man mit den Banken, den Lieferanten reden. Ich hoffe, uns wird Luft gelassen. Ich stehe hinter dem Team, das Team steht hinter mir. Ich werden alles setzen, was ich habe. Und hoffe, das reicht, um Entlassungen oder noch schlimmeres zu verhindern."

Die K rise bringt schon jetzt dramatische Umsatzeinbrüche. Koray Yildiz, Gastronom vom Eiscafé Dolce Vita: "Das ist ein Totalschaden. Für das Eiscafé könnten uns längere Einschränkungen das Genick brechen. Beim Pizza-Lieferservice dachte ich, der müsste jetzt platzen. Aber von wegen: Es läuft leider weiter ruhig. Weil die Angst der Menschen größer ist. Wir Gastronomen sind alle untereinander in Kontakt. Wir schauen ständig auf die Nachrichten. Vom Jahresumsatz her gesehen sind wir schon jetzt im A….. Die Kosten erdrücken uns. Steuervorauszahlungen beim Finanzamt, die Banken. Ich denke, es werden sehr viele jetzt den Bach runtergehen."

Brigitte Ohagen vom Blickfang versucht, das Beste aus der Krise zu machen: "Mich hat entsetzt, dass die Schließung so lange dauern wird. Ich bin gerade dabei, meinen Online-Shop weiter zu befüllen."

"Wir sitzen gemeinsam in einem Boot"

Immerhin: Es scheinen sich schon die ersten Vermieter Geda nken zu machen, um sich solidarisch mit dem Horber Handel zu zeigen. Ein Vermieter zum Schwarzwälder Boten: "Ich habe mir überlegt, meinen gewerblichen Pächtern entgegen zu kommen. Weil ich aus meinen Kreisen weiß, wie das mit den versprochenen Nothilfen seitens des Staates in der Praxis funktioniert: Nach einem Hochwasser wurde einem Geschäftspartner von mir eine Entschädigung von 90.000 Euro versprochen. Dann wurde auch noch die Ausbildungsversicherung seiner Kinder mit angerechnet. Das Ergebnis: Er hat dann 1500 Euro bekommen. Das ist die Realität, und deshalb werde ich meinen Pächter entgegenkommen. Wir sitzen gemeinsam in einem Boot."

Düstere Stimmung in Handel und Gastronomie. Die Bäckerei Saur hat bisher noch Glück gehabt. Die von einigen befürchtete Anordnung von Filialschließungen sind bisher ausgeblieben. Und die Chefs sind schon dabei, ein neues "Hamsterbrot" zu backen. Welches sich länger frisch halten soll.

Matthias Saur: "Der Umsatz bei den Snacks und Coffee to go ist zurückgegangen. Sicherlich auch, weil viele im Home-Office sind. Wir haben unser Sortiment entsprechend umgestellt. Dieser Umsatzrückgang wird vom Brotverkauf aber aufgefangen. Viele Leute kaufen das Brot ohne Zusatzstoffe bei uns – teilweise auch Hamsterkäufe."

Auch gelassen trotz der Krise – Friseur Jörg Doormann. Anders als Stuttgarter Kollegen bereitet er sich noch nicht auf den Home-Service vor. Doormann: "Die Nachfrage ist durchaus da. Das Online-Buchungssystem hilft mir auch jetzt: So kann ich die Termine so koordinieren, dass ich jederzeit drei Kunden auf meinen 200 Quadratmeter unterbringen kann. Und wer Sonntag merkt, er hat Corona-Symptome, kann sofort den Termin verschieben. Wir haben alle Dienstleistungen wie Wimpern-Zupfen oder Bartschneiden gestrichen, um die Kontakt Gesicht zu Gesicht zwischen Friseur und Kunde zu vermeiden. Weil wir als Friseure schon immer auf Hygiene achten, haben wir auch genügend Desinfektionsmittel, Schutzhandschuhe und Atemschutzmasken auf Lager."