Blick auf die Kaiserpassage - die in Horb von vielen auch "Bermuda-Dreieck" genannt wird. Halten sich Kneipen-Gäste hier oftmals nicht an die Corona-Regeln? Foto: Lück

Anwohner berichten: "Dort wird getrunken, gefeiert, gegrölt - alles dicht gedrängt!"

Horb a. N. - Die Kaiser-Passage. In Horb bekannt als das "Bermuda-Dreieck". Gibt es dort so chaotische Saufpartys wie nach der Corona-Öffnung auf dem Ballermann auf Mallorca?

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Es sind krasse Zustände, von denen FD/FW-Stadträtin Silke Wüstholz im Ausschuss für Verwaltung und Technik (VTA) berichtet.

Die Talheimerin: "Mich haben Anwohner vom Burgstall informiert. Wochenende für Wochenende geht es hoch her in der Kaiser-Passage. Gäste grölen, prügeln sich. Und feiern dicht an dicht gedrängt. Kontrollen wegen des Infektions-Abstandes finden dort nicht statt. Die Anwohner haben berichtet, dass die Polizei ihnen gesagt hätte, dass es eine große Hilfe wäre, wenn Ordnungsamt oder private Sicherheitsdienste am Wochenende dort patrouillieren würden!"

"Situation nicht mehr tragbar"

Wüstholz weiter: "Es wäre mir wichtig, dass die Stadt schnellstmöglich darauf reagiert. Die Situation an Wochenenden ist dort nicht mehr tragbar."

Krass. Geht es im "Bermuda-Dreieck" zu wie in der Schinkenstraße auf Mallorca oder am Goldstrand von Bulgarien? Horbs Ordnungsamtsleiter Thomas Staubitzer: "Das ist uns bekannt. Die Polizei zeigt dort eine stärkere Präsenz. Wir sind dort in einer engen Kooperation. Das Rathaus mit dem städtischen Ordnungsdienst hat dort auch tagsüber oder bis in die späteren Abendstunden Corona-Kontrollen gemacht. Dabei ist den Ordnungshütern wenig aufgefallen. Wir gehen aber jedem Hinweis nach!"

Wie schätzt die Verwaltung die Situation ein? Rathaussprecherin Inge Weber: "Zunächst müssen wir einfach objektiv feststellen, dass weder im genannten Bereich noch anderswo in Horb ein Vergleich mit dem ›Ballermann‹ auch nur im Entferntesten angestellt werden kann. Das kam auch beim Bericht zur Kriminalstatistik, wie er letzte Woche erst im Kultur- und Sozialausschuss vorgestellt wurde, deutlich heraus. Kneipen und Bars gehören zum Bild einer großen Kreisstadt dazu. Das Ordnungsamt führt von sich aus unregelmäßige Kontrollen durch. Bisher konnten dabei keine gravierenden Verstöße festgestellt werden, sodass es hier bei einer präventiven Belehrung und Ermahnung bleiben konnte. Selbstverständlich gehen wir ordnungsrechtlich jedem Hinweis nach, wenn etwas beanstandet wird."

Gedanken über Sperrzeitveränderungen oder -verkürzungen

Kann man dieser Einschätzung folgen? Fakt ist: Im VTA sagte Ordnungsamtsleiter Staubitzer zu dem Vorwurf der "Ballermann-Zustände" noch, dass man sich schon Gedanken über Sperrzeitveränderungen oder -verkürzungen in der Kaiser-Passage macht. Heißt: Das Rathaus überlegt, ob die Gastronomien dort früher schließen müssen.

Und was sagen die betroffenen Gastronomen im "Bermuda-Dreieck" zum Ballermann-Vorwurf?

"Kulisse"-Chef Senol Ercin sagt: "Wir halten uns an die Vorschriften. Was die anderen machen, dazu kann ich und will ich nichts sagen. Ich schau nur nach mir. Und ich versuche, das Beste zu machen." Ercin zeigte auch während des Lockdowns stets Verständnis für die Maßnahmen zum Gesundheitsschutz. "Ich mache meine Arbeit soweit es geht vernünftig. Und ich kann ja nicht in die anderen Läden rein und denen sagen, was sie zu tun haben."

Allerdings mahnt er: "Wenn es um den Abstand geht, dann muss man überall mal schauen, ob es passt und nicht nur auf hier oben reduzieren." Ercin selbst erklärt das Thema zur Chefsache: "Langsam drehen die Leute überall durch, wie man ja auch in den Medien sieht. Darum bin ich bis Feierabend immer vor Ort und versuche, alle Vorschriften einzuhalten." Und wie verhalten sich die Gäste, wenn man sie auf Fehlverhalten anspricht? Bleiben sie ruhig? "Ja, im Normalfall schon. Es gibt ganz selten einen, der es nicht versteht. Aber das habe ich im Griff."

Auch der Bahnhof ist weiter ein Problempunkt

Schaut man hinter die Kulissen, scheint es offenbar Horber zu geben, die ganz genau darauf achten, dass die Corona-Vorschriften in der Gastronomie eingehalten werden. Nach Informationen des Schwarzwälder Boten sollen sich schon Bürger darüber beim Rathaus beschwert haben, dass Bedienungen auf der Terrasse keinen Mundschutz tragen. Laut Rathaus-Verantwortlichen ist diese Praxis – so heißt es – allerdings konform mit der Horber Auslegung der geltenden Corona-Vorschriften.

Ballermann "Bermuda-Dreieck"? Auch der Bahnhof ist weiter ein Problempunkt. SPD-Fraktionschef Thomas Mattes: "Es geht vor allem um das Park & Ride-Parkhaus an der Isenburger Straße. Am Eingang heißt es: Zutritt nur mit gültigem Parkausweis. Die Realität sieht anders aus. In Ebene drei und vier werden oft Partys gefeiert. Kofferraum auf, Pappbecher raus – und hoch die Tassen. Wenn man Montagmorgen kommt, sieht man in der Kurve vom vierten in den dritten Stock Scherben liegen wie auf der Königstraße in Stuttgart. Das ist eine unzumutbare Sache. Dazu kommt noch, dass die Aufgänge öfter als Toilette missbraucht werden. Als ich heute Morgen runtergegangen bin, war alles völlig in Ordnung. Heute Abend lag dort ein großer Kothaufen mit Papier." OB Rosenberger: "Das ist unschön. Wo das Wetter besser wird, wird dieser Trend leider wieder verstärkt. Unser Vollzugsdienst geht da durch. Wir haben da schon jemanden erwischt. Aber das nützt ja nichts!"

Stadtwerke-Chef Eckardt Huber, verantwortlich für die Parkhäuser: "Wir haben den Sicherheitsdienst dort Kontrollen durchführen lassen. Doch die Nutzer sind denen ausgewichen und haben die Zeiten der Partys verlagert. Vielleicht sollte die Polizei dort öfter Streife fahren."

Kein öffentliches WC am Bahnhof?

Die Bahnhofsszene beschwert sich in Gesprächen mit dem Schwarzwälder Boten seit Langem, dass es keine Möglichkeit gibt, legal rund um den Bahnhof die Toilette zu benutzen. Das Gleis Süd untersage die Benutzung zum Teil oder verlange 50 Cent. Wer im Kaufland Hausverbot hat, kann auch das dortige Klo nicht benutzen. Ein Angehöriger der Bahnhofsszene: "Wenn du mal musst, wird es eng. Das trifft nicht nur uns. Wir haben auch schon Touristen beobachtet, die wildgepinkelt haben. Teilweise haben Kollegen schon das Treppenhaus im Einkaufszentrum benutzt. Doch das ist jetzt abgeschlossen. Wenn die Rollgitter im Bahnhof unten sind, sprechen uns auch Touristen mit schwacher Blase an, wo sie sich erleichtern könnten. Ein Dixie-Klo wäre sicherlich eine Idee, die man probieren sollte!"