Die Archäologie-Experten begutachten die Funde: Renate Rechmann, Markus Reichel und Rainer Auch inspizieren die Scherben. Foto: Lück

Fund stoppt den Bau in der Horber Wintergasse. Archäologie-Experten begutachten die Reste eines bislang unbekannten Hauses.  

Horb - Was da bei einer Baustelle so alles zu Tage kommt... Seit einer Woche stocken die Bauarbeiten für das Parkhaus Wintergasse. Der Grund: In gut zehn Meter Tiefe wurden alte Gemäuer entdeckt. Und alte Scherben.

Gestern waren Renate Rechmann und Rainer Auch vom Landesamt für Denkmalpflege des Regierungspräsidiums Karlsruhe vor Ort. Stadtarchitekt Thomas Hellener war schon etwas nervös – müssen die Bauarbeiten noch länger aussetzen?

Gegen 10.10 Uhr traf sich die Runde mit Franz Geßler, Schiff-Wirt und Heimatforscher, sowie Markus Reichel, Fachkraft in der Abwasserwirtschaft Horb an der Baugrube und Horbs "inoffizieller Archäologischer Sachverständiger".

Für Franz Geßler sind die entdeckten Gemäuer eine Bebauung, die bisher nicht bekannt war. Der Heimatforscher: "Mein Großvater hatte davor eine Scheune, wo ich als Bub immer war." Klar ist: Die Überreste des entdeckten Gebäudes sind bisher nicht verzeichnet. Markus Reichel: "Wir haben auf einem Quadratmeter massig Funde gemacht." Reichel vermutet, dass dort ein Haus aus dem 15. oder 16. Jahrhundert gestanden haben könnte.

Franz Geßler, der über den Löwenbrunnen geforscht hat, weiß, dass es an der Fundstelle einen schrägen Abgang aus Sandsteinrinnen gab, der den Hang hinunter führte. Vielleicht seien die bis zu 57 Kubikmeter Wasser, die Geßler für 24 Stunden errechnet hatte, an dem jetzt gefundenen Gebäude vorbeigeführt worden.

Reichel schlägt vor, dass die Fachleute des Denkmalschutzes sich die Scherbenfunde anschauen. Renate Rechmann: "Das ist sinnvoll, denn damit können wir den Fund datieren." 10.25 Uhr. Stadtarchitekt Hellener fragt: "Können wir morgen hier weiterarbeiten lassen oder nicht?"

"Wir hatten vermutet, dass die Horber sie gegessen haben"

Die Archäologen sagen: "Wenn das Gebäude nicht aus dem Mittelalter stammt, dann reicht es, wenn wir alles vermessen und fotografisch dokumentieren. Sonst sollten wir das Gelände detaillierter untersuchen."

Dann geht es an die Scherbenfunde. Mörser, Teile von Ofenkacheln und Gefäßen. Rainer Auch und Renate Rechmann nehmen die Teile in die Hand. Laut Rechmann sind die gelben und grünen Farben sowie die Glasur und Machart typisch fürs 17. und 18. Jahrhundert.

Doch was passiert jetzt mit den Funden? Denkmalpfleger Rainer Auch: "Wir haben nichts dagegen, wenn Horb die übernimmt. Sie bieten einen Einblick in das Alltagsleben eines Horbers im 18. Jahrhundert. Das ist ein für Horb einmaliges Fundensemble." Und Reichel ergänzt: "Das Gebäude fiel wohl definitiv dem Stadtbrand von 1725 zum Opfer."

Stadtarchitekt Thomas Hellener und Reichel wollen jetzt klären, ob Agnes Maier oder Karoline Adler vom Stadtarchiv die Scherben bekommen. Und um noch eine Erkenntnis ist Horb jetzt reicher: Schnecken waren wohl im alten Horb als Nahrungsmittel verpönt. Denn: Hinter dem jetzigen Fundort befindet sich hinter dem Kloster die "Schneckenhalde". In der Schicht rund um die Grundmauern des jetzt gefundenen Hauses hatte man "massig Schnecken gefunden". Stadtarchitekt Hellener: "Wir hatten vermutet, dass die Horber sie gegessen haben." Doch Landesdenkmalpfleger Auch hat eine andere Erklärung: "Die Schnecken graben sich im Winter ein."

10.40 Uhr. Reichel und die Landesdenkmalpfleger gehen in die Grube. Hellener muss ins Büro. Er muss jetzt versuchen, die erforderliche Vermessung voranzutreiben, damit die Bagger heute weitermachen können.

Hellener: "Wir haben schon geahnt, dass bei den Bauarbeiten für das Parkhaus Altstadt etwas gefunden werden könnte. Deshalb haben wir auch Stillstandskosten mit einkalkuliert."