Der gebürtige Hechinger Ahmed Mnissi will Deutschlands nächster Make-up-Star werden. Der Weg dorthin war alles andere als einfach. Foto: ZDF/Malorie Shmyr

Tatsächlich, er hat es geschafft! Ahmed Mnissi steht im Finale von "Glow Up". Uns erzählt der Hechinger von seinem Weg, Leistungsdruck und Toleranz.

Hechingen - Er war einer von acht Make-up-Artists, hat jetzt erreicht, wovon er anfangs nur träumte: Der gebürtige Hechinger kommt ins Finale der ZDFneo-Produktion. Im Frühsommer stand Ahmed mehrere Wochen vor der Kamera, die achte und letzte Folge wird nächste Woche ausgestrahlt.

Im Scheinwerferlicht rollen schon mal Tränen, wenn Ahmed von seiner persönlichen Geschichte berichtet. Ein Gespräch über Drogensucht und gesellschaftliche Verantwortung, über Akzeptanz und die Show, in der Ahmed schon jetzt zu den größten Talenten zählt.

Ahmed, in »Glow Up« willst du Deutschlands nächster Make-up-Star werden. Die Show wird in Deutschland erstmals ausgestrahlt, sehr viele unterschiedliche Charaktere sind zu sehen. Moderator Riccardo Simonetti setzt sich für die Gleichberechtigung, für die LGBTQ- Szene ein. Hat sich in den vergangenen Jahren in Sachen Toleranz etwas verändert?

Ja. In der Gesellschaft passiert ganz viel. Auch die Fernsehsender fangen an, andere Lebensrealitäten sichtbar zu machen. Es ist doch so: Viele homosexuelle Menschen wurden immer in Klischeerollen gedrückt, es gab kaum Hauptdarsteller.

Wir waren immer die Paradiesvögel, die diskriminiert wurden, um Spaß zu haben. Ich habe zum Beispiel nie jemanden, der schwul ist, in einer Polizeirolle gesehen. Schwule waren immer die Friseure. Es ist mir wichtig, dass wir als Menschen, die wir sind, dasselbe leisten.

Immer wieder ist deine eigene Geschichte Thema, auch bei der Auswahl deiner Looks fließen in »Glow Up« Erinnerungen ein. Es gab zum Beispiel ein düsteres, schwarz gehaltenes Make-up in einer der vergangenen Folgen. Wie begann deine Sucht?

Meine Suchtgeschichte begann 2018. Ich habe für das Musical Tanz der Vampire gearbeitet, war danach mit 32 Jahren arbeitslos, zum ersten Mal in meinem Leben, und bin wieder bei meiner Mutter eingezogen. Es fielen in meiner Umgebung Sätze wie: Du darfst nicht arbeitslos sein. Das hat Druck verursacht, Ängste, ich bin in die Drogen hineingerutscht.

Ende 2018 habe ich mich selbstständig gemacht, musste viel arbeiten, hatte alles im Griff. Doch dann kam Corona, das nächste Loch, ich war unproduktiv, hatte keine Zukunftsperspektive.

Aber du hast es geschafft, die Sucht hinter dir zu lassen.

Ja. Irgendwann habe ich gesehen, was die Sucht mit mir als Mensch gemacht hat, habe weniger konsumiert, größere Pausen gemacht. Ich habe Ende 2020 die Reißleine gezogen. Es wird mich aber mein Leben lang begleiten.

Du hast dich nicht überall akzeptiert gefühlt, sagst, die Gesellschaft hat es dir in deinem Leben nicht leicht gemacht.

Ja, die Gesellschaft trägt meiner Meinung nach eine Mitschuld. In der Generation meiner Eltern gibt es viele patriarchalische Züge. Ich war damals einfach anders, etwas magisch, hochsensibel. Ich bin in der Schulzeit angeeckt, ich wurde in Hechingen auch angegriffen. Bei mir hieß es dann: Sei mal nicht so feminin, sei mal nicht so crazy.

Ich finde: Eltern sollten ihrem Kind mitgeben, dass das Kind geliebt wird, ganz egal, was ist. Selbst als ich in die Community eingetaucht bin, hatte ich das Gefühl: Du bist nie richtig. Zu feminin, zu dick, zu dünn; in der letzten Konsequenz kann das sogar zu Selbstmordgedanken, zum Tod führen.

Was hättest du dir gewünscht?

Hätte man mir das Gefühl gegeben, das ist alles nichts, wofür ich mich schämen muss, dann hätte ich mir vielleicht Hilfe gesucht. Es gibt einen massiven Leistungsdruck, Menschen aus allen Gesellschaftsklassen sind mir während meiner Sucht in diesem Umfeld begegnet. Dabei hatte ich ein solides, liebes Elternhaus, war trotzdem nicht so akzeptiert, wie ich es mir gewünscht hätte.

Nun hast du mit der ZDFneo-Show eine große Plattform, und auch dort erzählst du von deinen Erfahrungen.

Ich habe meine Stimme entdeckt, und ich werde nicht leise sein. Mir geht es um Menschen, die in die Drogen abrutschen, um Menschen, die substitutionskrank sind, die kein zu Hause haben und noch mehr an den Rand der Gesellschaft gedrängt werden.

Es geht mir um hochsensible Menschen, um Rassismus, darum, wie die Betroffenen diskriminiert werden. Ich will aufklären.

Weitere Informationen

Das "Glow Up"-Finale läuft am Donnerstag, 10. November, um 20:15 Uhr bei ZDFneo. Die Folgen sind auch in der ZDF-Mediathek abrufbar.